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# taz.de -- Pressefreiheit in der Ukraine: Gefährliche Persönlichkeitsrechte
> In der Ukraine soll ein neues Gesetz Persönlichkeitsrechte stärken. Doch
> es könnte freie Berichterstattung einschränken, besonders über
> Korruption.
Bild: Kyiv, Ukraine, 16.Oktober 2024: der Parlamentssprecher Ruslan Stefantschu…
Ein umfassendes Gesetzespaket, eingebracht unter anderem vom
Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk, hat in der [1][Ukraine] eine
breite Debatte über die [2][Einschränkung der Pressefreiheit] ausgelöst.
Dabei soll mit dem Gesetz 14057 offenbar ein modernes System zum Schutz der
Persönlichkeitsrechte und der Privatsphäre im Einklang mit europäischen
Standards geschaffen werden. Das Gesetz soll die medienrechtlichen
Rahmenbedingungen ändern.
Konkret sieht der Entwurf vor, dass Personen, die in den Medien erwähnt
werden, künftig ein umfassendes Recht auf Gegendarstellung erhalten und auf
die Löschung von Informationen über sich aus öffentlich zugänglichen
Quellen. Auch Suchmaschinenbetreiber sollen verpflichtet werden können,
bestimmte Links aus den Suchergebnissen zu entfernen – etwa dann, wenn die
zugrunde liegenden Informationen unwahr, veraltet oder unvollständig sind
oder rechtswidrig bearbeitet wurden. Auch wenn kein öffentliches Interesse
mehr besteht oder eine weitere Verbreitung persönliche Rechte verletzen
würde, sollen die Links entfernt werden.
Bisher ist nicht klar, wann über das Gesetz abgestimmt werden soll. Doch es
wird bereits stark kritisiert. Besonders problematisch sei eine Bestimmung,
so der Abgeordnete Oleksij Honcharenko, wonach Informationen, die nicht
durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil bestätigt sind, nicht
veröffentlicht werden dürfen. „Das bedeutet konkret: Wenn ein der
Korruption Verdächtigter vor Gericht steht, dürfen Journalisten darüber
nicht berichten, solange kein Urteil vorliegt“, kritisiert Honcharenko.
„Dabei können sich Gerichtsverfahren über Monate oder sogar Jahre
hinziehen.“
Inzwischen hat der Abgeordnete Jaroslaw Jurtschyschyn, Vorsitzender des
Ausschusses für Pressefreiheit von der Fraktion Holos, seine Unterschrift
unter den Entwurf zurückgezogen. Seine Kollegin Maryana Besuhla sieht in
dem Gesetzentwurf gar den Versuch, Zensur einzuführen.
Besonders umstritten ist auch eine Erweiterung des Schadenersatzrechts bei
„moralischen Schäden“. Künftig können Klagen wegen bloßer
Meinungsäußerungen oder eines „unangenehmen Tons“ möglich sein.
„Der Gesetzentwurf zielt eher darauf ab, Freiräume in den Medien
einzuschränken und Angst vor Kritik an Beamten oder Personen in
Machtpositionen zu schüren“, kritisiert Sergi Tomilenko, Chef der
Journalistengewerkschaft. „Deshalb unterstützen wir ihn nicht.“ Auch das
Institut für Medieninformation sieht in dem Gesetzentwurf eine reale
Gefahr von Zensur. So kritisiert die Direktorin Oksana Romaniuk: „Dies
würde die redaktionelle Kontrolle und die professionellen Standards des
Journalismus zerstören und die Medien zu bloßen Mikrofonständern machen,
die verpflichtet wären, jedem, der auch nur beiläufig erwähnt wurde, aber
der Meinung ist, dass die Erwähnung in den Medien seine oder ihre
‚persönlichen Rechte‘ verletzt, Sendezeit zu gewähren.“
[3][Das in Wien ansässige International Press Institute, die älteste
internationale Organisation zur Stärkung der Pressefreiheit,] fürchtet,
dass die vorgesehenen Gesetzesänderungen den Anwendungsbereich der
Verleumdungsgesetze erheblich ausweiten und somit die Arbeit unabhängiger
Journalistinnen und Journalisten massiv behindern würden.
28 Sep 2025
## LINKS
[1] /Ukraine/!t5007782
[2] /Schwerpunkt-Pressefreiheit/!t5007487
[3] /Hacker-mit-Spuren-nach-Ungarn/!5960140
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
Schwerpunkt Korruption
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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wochentaz
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