# taz.de -- Wegen Schmierereien gegen Merz: Rechtswidrige Hausdurchsuchung bei … | |
> Ein Gericht hat nach Schmierereien gegen Merz die Wohnung einer | |
> SPD-Politikerin durchsuchen lassen. Die Direktorin des Gerichts ist Merz’ | |
> Ehefrau. | |
Bild: Rechtswidrige Hausdurchsuchung bei einer Juso-Politikerin wegen Anti-Merz… | |
Düsseldorf afp/ots/taz | Bei einer SPD-Nachwuchspolitikerin aus Menden im | |
Sauerland hat es nach WDR-Recherchen eine rechtswidrige Hausdurchsuchung | |
gegeben. Ermittelt wurde wegen Farbschmierereien, mit denen [1][CDU-Chef | |
Merz] im Januar im Wahlkampf beleidigt worden war. Pikant: Erlaubt hatte | |
die Hausdurchsuchung das Gericht, dessen Direktorin Charlotte Merz, die | |
Ehefrau des heutigen Bundeskanzlers, ist. | |
Wie das WDR-Magazin Westpol am Sonntag berichtete, beschlagnahmten Beamte | |
Anfang April in Menden bei der damals 17-jährigen Juso-Ortsvorsitzenden | |
Nela Kruschinski ihren Laptop, ihr Handy sowie mehrere Notizbücher. | |
Kruschinski habe damals kurz vor ihrem Abitur gestanden. | |
Die Staatsanwaltschaft Arnsberg hatte wegen des Verdachts ermittelt, sie | |
könne für mehrere Graffiti im Ort verantwortlich sein: Farbschmierereien, | |
mit denen ein paar Wochen vorher im Bundestagswahlkampf der damalige | |
[2][Kanzlerkandidat Friedrich Merz und die CDU] attackiert worden waren. | |
„Merz aufs Maul“ und „Antifa in die Offensive“ stand etwa an der | |
Schützenhalle in Menden-Huingsen, als am 26. Januar 2025 Merz dort in | |
Begleitung seiner Ehefrau Charlotte auftrat. In der Nacht davor waren die | |
Parolen an die Wand gesprüht worden. Nela Kruschinski bestreitet die Tat. | |
## Durchsuchung ohne stichhaltigen Verdacht | |
Tatsächlich ist der Durchsuchungsbeschluss gegen sie inzwischen [3][vom | |
Landgericht Arnsberg], der nächsthöheren Instanz, als rechtswidrig bewertet | |
worden. Die Entscheidung liegt dem WDR-Magazin Westpol vor. Die Recherchen | |
zeigen: Es hat gegen Nela Kruschinski keinen einzigen stichhaltigen | |
Verdacht gegeben. | |
[4][Der Durchsuchungsbeschluss stützte sich demnach] auf zwei Hinweise: die | |
vage Aussage einer Zeugin, sie hatte zwei jüngere Personen nachts in der | |
Nähe der Schützenhalle gesehen, eine Frau und einen Mann. Erkannt hatte sie | |
beide nicht. Eine Aussage, die das Landgericht Arnsberg als „ersichtlich | |
nicht geeignet“ bewertet hat. | |
Der zweite Hinweis ging anonym bei der Polizei in Hagen ein: Ein Zettel, | |
auf dem dazu aufgefordert wird, zwei Personen „ins Visier“ zu nehmen, | |
nämlich Nela Kruschinksi und ihren Bekannten. Weitere Informationen | |
lieferte der Zettel nicht. Von wem er kam, ist bis heute nicht bekannt. | |
Auch der Strafrechtsprofessor Till Zimmermann von der Universität | |
Düsseldorf beurteilt diese Hinweise als substanzlos: „Wenn ich das sehe als | |
ein Richter, muss ich zu dem Schluss kommen, wir haben es hier gar nicht | |
mit einer Verdächtigen zu tun.“ Ein anonymer Hinweis in solcher Form könne | |
[5][eine „reine Denunziation“ gewesen sein]. Das müssten Polizei und | |
Staatsanwaltschaft berücksichtigen. | |
Warum der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Arnsberg den | |
Durchsuchungsbeschluss trotzdem unterschrieb, bleibt offen. Es handelt sich | |
nach Westpol-Informationen um einen Richter auf Probe, der noch nicht fest | |
einem Gericht zugeordnet ist. | |
## „Totalversagen der Staatsanwaltschaft“ | |
Pikant: Die Direktorin des Amtsgerichts ist die [6][Ehefrau des | |
Bundeskanzlers und CDU-Chefs, Charlotte Merz]. Sie bestreitet auf | |
Westpol-Anfrage, in dem Fall Einfluss genommen oder etwas von dem | |
Durchsuchungsbeschluss gewusst zu haben. Bewerten dürfe sie den | |
rechtswidrigen Beschluss auch nicht: „Die Verfahrensführung und die | |
Entscheidungsfindung sind vom Kernbereich richterlicher Unabhängigkeit | |
umfasst.“ Inhaltlich überprüfen müsse das das nächsthöhere Gericht. | |
„Ich bin jetzt seit fast 30 Jahren anwaltlich tätig. So etwas habe ich noch | |
nicht erlebt“, sagt [7][Thomas Kutschaty dem WDR. Der | |
SPD-Landtagsabgeordnete] und frühere NRW-Justizminister vertritt Nela | |
Kruschinski als Verteidiger. Kutschaty hatte Beschwerde gegen den | |
Durchsuchungsbeschluss eingelegt, erst am Amtsgericht Arnsberg, das die | |
Durchsuchung genehmigt hatte. Danach mit Erfolg eine Instanz höher beim | |
Landgericht. | |
[8][Was Kutschaty auch empört], ist die Art, wie der Beschluss zustande | |
gekommen ist. Laut Gesetz muss die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf | |
Hausdurchsuchung stellen. Doch laut WDR-Informationen fehlt ein solcher | |
Antrag in den Akten. Die Polizei Hagen hatte die Durchsuchung bei Gericht | |
lediglich „angeregt“ und dazugeschrieben, die Staatsanwaltschaft schließe | |
sich dem an. | |
Der Ermittlungsrichter soll gegenüber dem höheren Gericht später eingeräumt | |
haben, dass er gar keinen Kontakt zur Staatsanwaltschaft hatte. Das alles | |
bewertet das Landgericht als „rechtsstaatlich bedenklich“. | |
Auf WDR-Anfrage [9][rechtfertigt die Staatsanwaltschaft das Vorgehen]. Dass | |
der Antrag durch die Polizei übermittelt wird, sei zulässig, etwa wenn es | |
eilig sei. So könne „ein möglicherweise zeitraubender Aktentransport | |
vermieden“ werden. Eile ist in diesem Fall allerdings offensichtlich nicht | |
geboten gewesen: Zwischen der Unterzeichnung des Durchsuchungsbeschlusses | |
und der Vollstreckung lag ein ganzer Monat. | |
Nela Kruschinskis Anwalt Kutschaty spricht von einem „Totalversagen der | |
Staatsanwaltschaft“. Hätte sie die Hinweise sorgfältig geprüft, hätte ein | |
rechtswidriger Eingriff verhindert werden können. | |
8 Sep 2025 | |
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