| # taz.de -- Neue Konzernstrategie für die Bahn: Die Bahn bleibt unpünktlich | |
| > Verkehrsminister Patrick Schnieder stellt am Montag eine neue Strategie | |
| > für die Deutsche Bahn vor. Diskutiert wird über die designierte | |
| > Konzern-Chefin Palla. | |
| Bild: Sie wollen Zug reinbringen: designierter Infrago-Chef Rompf, designierte … | |
| Als Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) am Montag seine neue | |
| Bahnstrategie vorstellte, tat er das mit der für ihn typischen | |
| Unaufgeregtheit. Trotzdem versuchte er zu vermitteln, dass sich bei der | |
| Deutsche Bahn AG ab jetzt richtig was ändert. „Heute drücken wir auf | |
| Neustart“, sagte Schnieder am Vormittag bei einer Pressekonferenz in | |
| Berlin. | |
| Er persönlich, das betonte er mehrmals, habe eine Strategie erarbeitet, mit | |
| der er die DB aus der Krise hieven will – vor allem für Reisende soll das | |
| Zugfahren besser werden. Sein Papier trägt den Namen „Agenda für zufriedene | |
| Kunden auf der Schiene“, und Schnieder verspricht darin so einiges. Unter | |
| anderem: mehr Zuverlässigkeit, mehr Wirtschaftlichkeit, eine schlankere | |
| Konzernverwaltung, saubere Bahnhöfe und komfortablere Fernzüge, faireren | |
| Wettbewerb für alle Bahnverkehrsunternehmen, bessere gesetzliche Regelungen | |
| und 5G-Netz am Gleis. | |
| Wie genau das klappen kann? Darauf liefert Schnieder in seiner Strategie | |
| noch keine klaren Antworten. Konkrete Maßnahmen sollen innerhalb der | |
| nächsten zwei Jahre ausgearbeitet werden. Immerhin aber steckte er einige | |
| Ziele genau ab: Bis 2030 sollen zum Beispiel 500 Bahnhöfe, bis 2035 weitere | |
| 500 saniert und barrierefrei werden. | |
| ## Nach und nach pünktlicher | |
| Schnieder will, dass die Bahn pünktlicher wird – nach und nach zumindest: | |
| 2029 sollen 70 Prozent der Züge im Fernverkehr pünktlich kommen, | |
| „mittelfristig“ sollen es 80 Prozent und „langfristig“ 90 Prozent sein.… | |
| genau der Verkehrsminister mit „mittelfristig“ und „langfristig“ meint, | |
| ließ er offen. So oder so sind die Zielwerte vergleichsweise vorsichtig, | |
| [1][Ex-Bahnchef Richard Lutz] wollte 2027 die 75 Prozent, 2029 die 80 | |
| Prozent Pünktlichkeit erreichen. Das aber sei „jenseits aller Realität“, | |
| sagte Schnieder, schon seine neuen Ziele seien ehrgeizig. | |
| Einen übersichtlicheren Konzern verspricht sich der CDUler von einem | |
| kleineren Vorstand. Bisher gab es dort acht Posten, die zuletzt auf sieben | |
| Köpfe verteilt waren. In Zukunft besteht der Vorstand aus sechs Ressorts. | |
| Der Posten des Infrastrukturvorstands fällt weg, um der Bahntochter DB | |
| Infrago zu mehr Unabhängigkeit zu verhelfen. | |
| Die DB Infrago kümmert sich unter dem Dach der DB AG um die | |
| Bahninfrastruktur. Glaubt man einer aktuellen Studie im Auftrag der | |
| Friedrich-Ebert-Stiftung, ist sie das Sorgenkind des Konzerns: Die | |
| Schieneninfrastruktur in Deutschland ist bekanntermaßen marode und | |
| fehleranfällig, der Bund will mit höheren Investitionen als je zuvor | |
| gegensteuern. | |
| ## Geld allein hilft nicht | |
| Die Arbeit in der DB Infrago läuft laut der Studie allerdings so schlecht, | |
| dass nur mehr Geld nicht hilft. Nun will Schnieder zum Beispiel, dass die | |
| Gewinne, die die DB Infrago mit dem Schienennetz macht, komplett in der | |
| Infrastruktursparte verbleiben. Außerdem hat der 57-jährige | |
| Verkehrsminister den bisherigen Infrago-Chef Philipp Nagl überraschend | |
| entlassen, am Montag präsentierte er Dirk Rompf als dessen Nachfolger. | |
| Rompf war jahrelang Vorstand der DB Netz AG, Vorgängerunternehmen der DB | |
| Infrago, und zuletzt Geschäftsführer bei der Beratungsfirma Ifok. | |
| Am Rednerpult neben Rompf und Schnieder saß auch die [2][designierte neue | |
| Bahnchefin, Evelyn Palla]. Bisher stand sie an der Spitze der DB Regio, | |
| Bahntochter für Regionalverkehr. Die Bahn sei in einem schlechten Zustand, | |
| sagte Palla, versprach aber: „Wir räumen auf.“ Und sie machte klar, wie | |
| wichtig zufriedene Mitarbeiter:innen für ein erfolgreiches Unternehmen | |
| sind. „Eisenbahnerstolz, das ist mehr als ein Gefühl“, sagte Palla. | |
| Trotzdem kündigte die Bahngewerkschaft EVG wenig später an, dass sie am | |
| Dienstag gegen Palla stimmen werde. Dann nämlich entscheidet der | |
| DB-Aufsichtsrat, ob Palla bald den Chefinnenposten bekleiden darf. Im | |
| Aufsichtsrat sitzen je neun Vertreter:innen des Bundes und der | |
| Arbeitnehmerseite, dazu kommen der Vorsitzende Werner Gatzer und sein | |
| Stellvertreter, EVG-Chef Martin Burkert. Die EVG hat 80 Prozent der Sitze | |
| auf der Arbeitnehmerbank inne. | |
| ## Ökologischer Verkehrsclub stellt sich hinter Palla | |
| Nun geht es der Gewerkschaft gar nicht so sehr um Evelyn Palla. „Vor allem | |
| die Auswahl von Professor Rompf ist grundfalsch“, sagte Burkert am | |
| Montagmittag. Als DB-Netz-Vorstand habe Rompf mit seinem „Sparwahn“ dazu | |
| beigetragen, dass die Schieneninfrastruktur inzwischen so marode ist. | |
| Wenn Schnieder der neuen Chefin Palla eine solche Personalie aufdrücke, | |
| könne der Neustart nur misslingen. „Wir lehnen das Personalkonzept in Gänze | |
| ab“, machte Burkert klar – und beklagte, dass der Bundesverkehrsminister | |
| die EVG nicht in die Personalfragen eingebunden habe. Der Vorsitzende des | |
| Aufsichtsrates, Werner Gatzer, gab sich dennoch optimistisch, dass Palla | |
| das Votum des Gremiums übersteht. | |
| Auch der ökologische Verkehrsclub VCD stellte sich hinter die ehemalige | |
| DB-Regio-Chefin. Ihr Erfolg in der Regionalsparte und ihre praktische | |
| Erfahrung sprächen für sie – Palla hat eine Lokführerlizenz und einen | |
| Busführerschein. „Skeptischer sieht der VCD die neue Strategie von Minister | |
| Schnieder“, kommentierte die Bundesvorsitzende des Clubs, Kerstin Haarmann. | |
| Schnieder wolle, dass sich die DB auf ihre Kernaufgaben konzentriert. Dabei | |
| dürfe das Verkehrsministerium aber nicht einfach an der Seitenlinie stehen. | |
| „Es muss steuernd eingreifen, um mehr Verkehr von der Straße auf die | |
| Schiene zu verlagern“, fordert Haarmann. Schnieders Papier lasse | |
| Verlagerungsziele völlig vermissen. | |
| ## Zu wenig Augenmerk auf Güterverkehr | |
| Das kritisieren auch die Verbände der DB-Konkurrenz, Mofair und die | |
| Güterbahnen. Außerdem arbeite sich Schnieder einseitig am Personenverkehr | |
| ab und messe dem Güterverkehr auf der Schiene kaum Bedeutung bei. „Das | |
| sehen wir als Warnsignal“, teilten die Verbände mit. | |
| Für den Personenverkehr seien Schnieders Ideen allerdings auch nicht genug, | |
| findet der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Die Fahrgäste tauchen | |
| zwar im Titel der neuen Strategie auf, spielen bei den vorgestellten | |
| Maßnahmen aber nur eine Nebenrolle“, bemängelte Gregor Kolbe, | |
| Mobilitätsexperte beim vzbv. „Es fehlen konkrete Pläne, die Bedürfnisse der | |
| Fahrgäste zu erheben.“ Nur wenn die Zufriedenheit der Kund:innen | |
| unabhängig geprüft werde und Konzernentscheidungen leite, werde die Bahn | |
| „zu einem Verkehrsmittel für alle“. | |
| Die Monopolkommission blickt gnädiger auf Schnieders Vorstoß. „Die neue | |
| Bahnstrategie greift zentrale Reformvorschläge auf“, freute sich Tomaso | |
| Duso, der Vorsitzende der Monopolkommission. Die Entflechtung der DB | |
| Infrago vom Mutterkonzern und ein fairerer Wettbewerb auf der Schiene seien | |
| richtige Signale. „Doch entscheidend wird die tatsächliche Umsetzung sein“, | |
| betonte Duso. Auch Minister Schnieder hatte am Morgen gestanden: Ein Papier | |
| sei nur der Anfang. „Jetzt müssen wir ins Handeln kommen“, sagte er. | |
| 22 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nanja Boenisch | |
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