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# taz.de -- Sanktionen gegen Iran: Der Geduldsfaden ist gerissen
> Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben jahrelang versucht, Iran
> mit Verhandlungen vom Bau einer Atombombe abzubringen. Nun kommen
> Strafmaßnahmen.
Bild: Plakatwand in Teheran, auf der iranische Zentrifugen und Atomwissenschaft…
Berlin taz | Europas Partner bei Irans Atomprogramm haben am Ende jetzt
auch die Geduld mit dem gewieften Mullahregime verloren. Die Vertreter
Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs (E3) haben angekündigt,
binnen 30 Tagen das volle Programm der UN-Sanktionen wieder in Kraft zu
setzen.
„Als Außenminister Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten
Königreichs sind wir uns einig, dass der Iran keine Atomwaffen besitzen
darf“, begründete der deutsche Chefdiplomat Johann Wadephul (CDU), warum
die „treuen Drei“, die Teheran lange diplomatisch einzuhegen versucht
hatten, nun die Gangart gegen die Islamische Republik deutlich verschärfen.
Das Vertrauen, dass die iranische Führung tatsächlich aufgehört habe, an
der Bombe zu basteln, sei verflogen, heißt es in diplomatischen Kreisen.
Vor allem, dass Teheran sich weigere, seine Nuklearanlagen wieder unter die
Kontrolle der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu stellen, sei der
ausschlaggebende Grund.
Von einer „Hinhaltetaktik“ seitens Irans ist hinter vorgehaltener Hand die
Rede. Weitere Verhandlungen ohne eine diplomatische Eskalation wie der
Verhängung des sogenannten „Snap Back Mechanismus“ zur Wiedereinführung d…
scharfen Sanktionen gegen Iran seien „nicht mehr zielführend“.
## Wachsende Zweifel
Diese wirtschaftlichen und politischen Strafmaßnahmen zur Isolation Irans
hatten die E3, die USA, China und Russland durch das mit dem Iran
ausgehandelte Atomabkommen 2015 (JCPoA) aufgehoben. Teheran hatte im
Gegenzug zugesagt, seine Uran-Anreicherung drastisch einzuschränken und
keine Atombombe zu entwickeln. Doch die Zweifel wuchsen immer mehr.
US-Präsident Donald Trump hatte schon während seiner ersten Amtszeit (2017
bis 2020) den von Vorgänger Barack Obama mit ausgehandelten Nukleardeal
einseitig aufgekündigt und wollte die Sanktionen der Vereinten Nationen
sofort wieder in Kraft setzen.
Dieser sogenannte „Snap Back Mechanismus“ ist Bestandteil des Abkommens.
Beide Seiten können ihn nutzen, wenn sie der Meinung sind, dass die andere
Seite ihre Verpflichtungen nicht einhält. Trump widersprach den Zusagen des
iranischen Regimes, kein militärisches Nuklearprogramm mehr zu verfolgen.
Die Auslösung des „Snap Back“ bedeutet, dass die vor dem JCPoA geltenden
UN-Sanktionen ohne ein mögliches Veto der iran-freundlichen Veto-Mächte im
UN-Sicherheitsrat, Russland und China, automatisch wieder in Kraft treten.
Dieses Szenario greift, wenn Teheran nicht binnen 30 Tagen wieder
vollumfänglich mit der IAEA kooperiert und seine Atomanlagen unter
Kontrolle dieser UNO-Behörde stellt.
## Ein noch schärferes Schwert
Die E3 hatten Trump damals aber die Verfügung des „Snap Back“ verwehrt mit
der Begründung, Washington könne ihn durch die einseitige Aufkündigung des
Abkommens nicht mehr nutzen. Allerdings hatte Trump ein viel schärferes
Schwert zur Hand: Zwar waren die UN-Sanktionen gegen Iran weiter
ausgesetzt, aber „Secondary Sanctions“ aus Washington trafen die iranische
Wirtschaft viel härter. Mit ihnen hat die Trump-Regierung 2018 allen
Unternehmen gedroht, ihr US-Geschäft zu verlieren, wenn sie weiter Handel
mit iranischen Unternehmen betrieben.
Die EU hatte versucht, über ein Instex genanntes besonderes Zahlungsvehikel
Handel europäischer Firmen mit Iran sanktionsfrei zu ermöglichen, war damit
aber gescheitert. Oder wie es der heutige Grünen-Vizechef Sven Giegold 2020
formulierte: „Weitgehend wirkungslos geblieben“, so der damalige
Europaabgeordnete.
Zwar hatten sich auch große chinesische Banken aus dem Iran-Geschäft aus
Angst vor US-Sanktionen zurückgezogen. Aber China ist bis heute Irans
größter Ölkunde. Doch europäische Unternehmen, vor den Sanktionen groß im
Irangeschäft, nahmen ihre Beziehungen dorthin nicht wieder auf. Iran konnte
seither sein Öl nur deutlich unter den Weltmarktpreisen verkaufen.
Sollte Iran in 30 Tagen nicht einlenken, müssen laut dem vereinbarten „Snap
Back Mechanismus“ alle UN-Mitglieder wieder alle UN-Sanktionen gegen Iran
in Kraft setzen: Einfrieren iranischer Vermögen, weitgehender Handelsstopp,
Einreiseverbote, Lieferverbote für Waffen und sogar zivile Atomtechnik
sowie Untersagung jeglicher Bankkontakte.
## Drohungen aus dem Iran
Teheran reagiert provozierend gelassen: Es gebe ohnehin kaum noch Geschäfte
mit westlichen Ländern, die gestoppt werden könnten. Zugleich kommen
Drohungen aus Teheran: Sein Land werde als Antwort aus dem
Nichtweiterverbreitungsvertrag (NPT) aussteigen, der die Weitergabe von
Nuklearmaterial untersagt. Das kündigte der einflussreiche Abgeordnete im
Majlis (Irans Parlament), Ex-Außenminister Manoucher Mottaki, an.
Den USA und Israel war der Geduldsfaden schon viel früher gerissen:
[1][Israels Luftwaffe hatte unter dem Codenamen „Operation Rising
Lion][2][[Link auf Beitrag 7783474]][3][“] [4][Mitte Juni das schiitische
Kernland am persischen Golf angegriffen.] Dabei wurden Radaranlagen,
Militäreinrichtungen, Nuklearfabriken, Atomwissenschaftler, hochrangige
Militärs und Revolutionsgarden eliminiert.
Die USA hatten in der Nacht zum 22. Juni [5][mit der „Operation Midnight
Hammer“] mit bunkerbrechenden Bomben von strategischen B-2
Langstreckenbombern mutmaßliche Urananreicherungsanlagen attackiert und mit
30 Tomahawk-Marschflugkörpern von einem U-Boot beschossen. Der Iran hatte
mit Raketen- und Drohnenangriffen auf Israel reagiert.
Die IAEA hatte vor Israels Angriffen festgestellt, Iran verfüge inzwischen
über 408 Kilogramm auf 60 Prozent angereichertes Uran. Für zivile atomare
Nutzung, etwa Atomstrom oder Röntgenstrahlung, wurde im JCPoA ein
Anreicherungsgrad von Uran-235 Isotopen von 3,67 Prozent verankert.
Natürliches Uran enthält etwa 0,7 Prozent Uran-235. Für Atombomben ist eine
Anreicherung auf circa 90 Prozent nötig.
Irans religiöser und politischer Führer, Ajatollah Ali Chamenei, hatte
mehrfach betont, sein Land habe kein militärisches Nuklearprogramm. Die
iranische Führung konnte allerdings nie erklären, wozu es auf 60 Prozent
angereichertes Spaltmaterial brauche.
Schon vor Jahren wurden die Videokameras in dortigen Nuklearanlagen, mit
denen die IAEA kontrollierte, abgeschaltet. Unklar ist bis heute, wie
verheerend die US-Schläge gegen die verbunkerten Atomanlagen waren. Iran
behauptet, sie seien getroffen, aber nicht vollständig zerstört worden.
29 Aug 2025
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## AUTOREN
Mathias Brüggmann
## TAGS
Atomabkommen mit Iran
Sanktionen
IAEA
GNS
Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
Wirtschaft
Nahost-Debatten
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