| # taz.de -- Kreator-Sänger Petrozza im Gespräch: „Im Herzen bin ich Humanis… | |
| > Miland „Mille“ Petrozza über das Miteinander im Ruhrgebiet, grelles | |
| > Scheinwerferlicht und sein Leben als Frontmann der Thrash-Metal-Band | |
| > Kreator. | |
| Bild: „Es kann einfach nicht sein, dass diese Clique von Milliardären die ga… | |
| taz: Miland Petrozza, Sie sind ein Kind des Ruhrgebiets, aufgewachsen im | |
| Essener Norden. Heute leben Sie in Berlin und Essen, sind aber vor allem | |
| viel in der Welt unterwegs. Wie viel [1][Ruhrpott] steckt in Ihnen? | |
| Miland „Mille“ Petrozza: Vielleicht ist mehr Ruhrpott in mir drin, als ich | |
| denken würde. Es wurde mir zum Beispiel schon häufiger gesagt, dass ich in | |
| Streitsituationen in den Ruhrgebietsslang verfalle. Ich merke das selbst | |
| gar nicht. | |
| taz: Was verbinden Sie mit diesem Slang? | |
| Petrozza: Die Menschen aus dem Pott gelten als loyal, treu und geerdet, | |
| vielleicht ist das noch die Kumpelmentalität aus der Zeit des Bergbaus. | |
| Diese Mentalität habe ich hoffentlich auch mitgenommen. Solidarität ist ein | |
| starker Wert im Ruhrgebiet. Wenn ich zum Beispiel in Essen umziehen würde, | |
| könnte ich zehn Leute anrufen, die mir sofort helfen würden. Allerdings | |
| sagt man, dass die Menschen im Ruhrgebiet ihr Herz auf der Zunge tragen, | |
| das ist bei mir nicht so, ich bin eher introvertiert. | |
| taz: Ihr Vater, [2][ein Gastarbeiter] aus Kalabrien, hat unter Tage | |
| gearbeitet, Sie haben mitbekommen, welche Knochenarbeit das war. „Mein | |
| Hauptziel im Leben musste darin liegen, niemals arbeiten zu gehen“, | |
| schreiben Sie in Ihrer Biografie. Haben Sie das geschafft? | |
| Petrozza: Ich glaube, den Satz muss ich ein bisschen relativieren. Mein | |
| Ziel war wahrscheinlich nicht, nie arbeiten zu müssen, mein Ziel war es, | |
| einen Job zu haben, der mir Spaß macht. Ich arbeite sehr gern, aber an | |
| Dingen, die mir Freude bereiten. Ich habe schnell gemerkt, dass mir alles | |
| Handwerkliche nicht liegt, ich habe zwei linke Hände. Musikmachen ist zwar | |
| auch irgendwie Handwerk, aber anders, und es ist kreativ. Deswegen bin ich | |
| froh, dass ich arbeite. | |
| taz: Hat Ihr Vater als Gastarbeiter Diskriminierung erlebt? | |
| Petrozza: Ich kann nicht für ihn sprechen. Aber im Ruhrgebiet lebten sehr | |
| viele Gastarbeiter, dadurch gab es ein starkes Miteinander und weniger | |
| Rassismus als vielleicht anderswo. Mein Vater arbeitete in der Zeche | |
| Nordstern. | |
| taz: Hat er unter der Arbeit gelitten? | |
| Petrozza: Das weiß ich nicht. Es war für ihn vor allem wichtig, seine | |
| Familie durchzubringen. Als Bergarbeiter hatte man aber auch viele | |
| Vorteile: Man hatte Anspruch auf ein Haus mit Garten, man hat mehrmals im | |
| Jahr Extrazahlungen bekommen. Aber klar war das harte Arbeit. In dem Alter, | |
| in dem ich jetzt bin, Mitte 50, ist er in Frührente gegangen, da hatte er | |
| sich schon ziemlich kaputt gearbeitet. Er hat aber rechtzeitig aufgehört. | |
| taz: Ihre Mutter kam ursprünglich aus Zittau und ist direkt nach dem | |
| Mauerbau ins Ruhrgebiet geflohen. Wie haben sich Ihre Eltern kennengelernt? | |
| Petrozza: Mein Vater wohnte in derselben Übergangseinrichtung in Oberhausen | |
| wie meine Mutter mit ihrer Familie. | |
| taz: Haben Sie die DDR je besuchen können? | |
| Petrozza: Nein. Ich war nie in Zittau, bis heute nicht. Wir haben immer | |
| Pakete gepackt und nach Zittau geschickt. [3][Zur DDR-Zeit] wäre es für | |
| meine Mutter natürlich nicht möglich gewesen wieder einzureisen. Die | |
| Verwandtschaft aus der DDR konnte uns aber manchmal besuchen, meine Cousine | |
| zum Beispiel. | |
| taz: Sie haben sich als Jugendlicher schon früh für Musik interessiert, vor | |
| allem für die „Heavy-Metal-Bewegung“ im Ruhrgebiet, wie Sie sie nennen. | |
| Gleichzeitig gab es ab Ende der Siebziger eine starke Punk- und Wave-Szene | |
| in Rhein-Ruhr. Warum Metal? | |
| Petrozza: Metal war meine erste Liebe, Punk meine zweite. Als ich Teenager | |
| war, Anfang der Achtziger, war Punkmusik ja schon wieder etwas für die | |
| Älteren. Wir gingen viel ins Jugendkulturzentrum Zeche Carl in Essen, die | |
| älteren Sozialarbeiter:innen dort kamen alle aus dem Punk. Wir | |
| wollten uns natürlich abgrenzen und eine andere Musik hören als die. Das | |
| ist wohl der Grund, warum ich Heavy Metal gehört habe. Uns hat die | |
| sogenannte New Wave of British Heavy Metal interessiert, also das, was Iron | |
| Maiden, Judas Priest und Saxon gemacht haben. Die Musik kam auch aus der | |
| Arbeiterklasse. | |
| taz: Sie waren damals mit Jürgen „Ventor“ Reil befreundet, der noch bei | |
| Kreator Schlagzeug spielt. Als Kids haben Sie angefangen Musik zu machen. | |
| Petrozza: Wir haben 1982 unsere ersten Versuche unternommen, [4][da war ich | |
| 15]. Ich habe mir zum ersten Mal eine elektrische Gitarre umgehängt, wir | |
| haben ein Schlagzeug gekauft, uns zusammen in einen Raum gestellt und | |
| versucht, irgendetwas zu machen. Keiner von uns hat sein Instrument | |
| beherrscht. Einen Bandnamen gab es noch nicht. Für mich ging es mit Kreator | |
| erst wirklich 1984, 1985 los, als wir unser Album „Endless Pain“ | |
| eingespielt haben. Da hatten wir dann gelernt zu spielen. | |
| taz: Sie proben mit Ihrer Band bis heute in der Zeche Carl in Essen. Wie | |
| wichtig war und ist dieser Ort? | |
| Petrozza: Sehr wichtig. Wir konnten dort und in anderen Jugendzentren | |
| Konzerte veranstalten, wir durften mit aussuchen, welche Heavy-Metal-Bands | |
| auftreten. Damals war der Sozialstaat noch stärker, es gab ein höheres | |
| Budget für die Jugendlichen. Wir wollten einmal Warlock mit Doro Pesch in | |
| die Emscherschule einladen, das hat dann leider nicht geklappt. Dafür | |
| erinnere ich mich an ein Konzert von Destruction, die auf unseren Wunsch | |
| hin auftraten. | |
| taz: Sie schreiben von den Achtzigern als „Jahrzehnt der Jugendkulturen“. | |
| Hat die bessere Förderung Jugendlicher zu deren Entstehung beigetragen? | |
| Petrozza: Meiner Meinung nach auf jeden Fall. Viele Jugendliche hängen | |
| heute in Shoppingmalls rum oder cornern irgendwo anders, weil es in manchen | |
| Orten gar keine Jugendzentren mehr gibt, in denen sie sich aufhalten und | |
| ausprobieren können. | |
| taz: Kreator gibt es jetzt seit über 40 Jahren – ist das für Sie manchmal | |
| kaum zu glauben, dass Ihre Jugendband so lange existiert? | |
| Petrozza: Ich glaube, das Leben passiert einfach. Du bleibst dran, und | |
| plötzlich sitzt dir jemand gegenüber und sagt dir, du machst das jetzt 40 | |
| Jahre. Das klingt irre. Aber ich habe damit meinen Frieden geschlossen. | |
| Denn das ist schon auch ein Privileg und ein Geschenk, das, was einem Spaß | |
| macht, so lange ausüben zu können. | |
| taz: Sie haben weit über 100 [5][Konzerte] im vergangenen Jahr gegeben. | |
| Rein finanziell müssten Sie das sicher nicht tun. Was flasht Sie noch an | |
| diesen Momenten auf der Bühne? | |
| Petrozza: Stimmt, wir müssten das nicht tun. Als ich jünger war, ging es | |
| mir vor allem darum, bei Konzerten Leute zu treffen. Heute ist für mich der | |
| wichtigste Moment, auf der Bühne zu stehen: dieser Austausch an Energie, | |
| der da stattfindet. Die Zuschauer:innen geben mir ganz viel, | |
| gleichzeitig gebe ich auch sehr viel von mir. Ich sehe das heute eher auf | |
| so einer spirituellen Ebene. | |
| taz: Sie haben gesagt, Sie seien eher introvertiert. Auf der Bühne kehren | |
| Sie dann aber doch das Innere nach außen? | |
| Petrozza: Darüber denke ich gar nicht so viel nach. Wenn die Leute daran | |
| Spaß haben, dann habe ich daran auch Spaß. Und „introvertiert“ meine ich … | |
| dem Sinne, dass ich privat nicht immer im Mittelpunkt stehen muss. | |
| taz: Wann ist ein Metal-Album perfekt? | |
| Petrozza: Ein perfektes Album gibt es nicht. Als Metal-Fan würde ich sagen, | |
| „British Steel“ von Judas Priest aus dem Jahr 1980 kommt dem nahe. Prägende | |
| Bands waren für uns außerdem die britische Band Venom und die US-Band | |
| Exodus, im weitesten Sinne alles Thrash Metal. | |
| taz: Was unterscheidet Thrash Metal eigentlich von anderen Metal-Genres? | |
| Petrozza: Viele große Bands wie Metallica in ihrer Frühphase, Slayer, | |
| Megadeth oder Anthrax spielen Thrash Metal. Der Einfluss aus dem | |
| Hardcore-Punk ist beim Thrash Metal vielleicht größer als in anderen | |
| Metal-Genres. Aber die Frage ist grundsätzlich schwer zu beantworten, weil | |
| es auch im Thrash Metal verschiedene Facetten gibt. Es gibt Evil Thrash | |
| Metal, Death Thrash Metal, Skate Thrash Metal, Fun Thrash Metal. Dann gibt | |
| es diesen sozialkritischen Thrash Metal, den wir auch gemacht haben am | |
| Anfang. Also: da müsste ich jetzt anfangen rumzunerden, aber ich will | |
| niemanden langweilen. | |
| taz: Es läuft gerade ein Dokumentarfilm über Kreator in den Kinos. Der | |
| Musikproduzent Andy Sneap sagt darin, Sie seien mit Ihrem Gesang so etwas | |
| wie die Marge Simpson des Metal. Ein Kompliment? | |
| Petrozza: Ja, ein super Kompliment. In den frühen Jahren mit Kreator habe | |
| ich es noch als negativ empfunden, wenn Leute mir gesagt haben: „Du klingst | |
| ja völlig eigen.“ Wir wollten natürlich klingen wie unsere Vorbilder Judas | |
| Priest oder Iron Maiden. Heute weiß ich, dass es total super ist, eigen zu | |
| klingen. Ich glaube, mit dem Album „Extreme Aggression“ Ende der Achtziger | |
| haben wir wirklich zu einem eigenen Stil gefunden. | |
| taz: Im Film kommen auch Albumproduktionen vor, man sieht, wie Sie | |
| Gesangsparts einsingen. Wie war das für Sie, im Studio gefilmt zu werden? | |
| Petrozza: Mir ist bei der Produktion des Films manchmal der Geduldsfaden | |
| gerissen. Ich fand es anstrengend, die ganze Zeit von Kameras begleitet zu | |
| werden. In manchen Momenten habe ich das nicht so gerne. Wenn nach der Show | |
| noch irgendeiner mit einer Kamera im Backstage herumhängt, finde ich das | |
| etwas stressig. Bei den finalen Aufnahmen war es mir sehr wichtig, dass | |
| keine Menschen außer dem Produzenten und der Band im Studio sind. Die | |
| Einflüsse von außen müssen nahe null sein. Volle Konzentration auf die | |
| Musik. | |
| taz: Stimmt es, dass Ihre Band sich [6][mit Motörhead] gebattelt hat, wer | |
| bei einer Live-Show die spektakuläreren Lichteffekte hat? | |
| Petrozza: Ganz so war es nicht. Wir spielten im Dezember 1991 als Vorband | |
| von Motörhead. Der Production Manager sagte uns, wir dürften benutzen, was | |
| wir wollen. Wir haben dann einen Lichtverleih ausfindig gemacht, der uns so | |
| riesige Lampen brachte, die man von den Landebahnen auf Flughäfen kennt. | |
| Supergrelle Lichter. Motörhead fanden es wohl nicht so lustig, dass die | |
| Vorband eine bessere Lightshow hat als sie. | |
| taz: Kannten Sie Lemmy Kilmister, den Gründer und Sänger von Motörhead? | |
| Petrozza: Nicht sehr gut. Ich bin ihm ein paar Mal begegnet, er war ein | |
| herzensguter Mensch. Er hat mir mal einen seiner berühmten Drinks | |
| angeboten, mit so viel Whisky (zeigt circa zehn Zentimeter mit den Fingern) | |
| und so viel Cola (zeigt circa einen Zentimeter mit den Fingern) drin. Ich | |
| habe einmal daran genippt und ihn dann weggestellt. Das konnte man nicht | |
| trinken. | |
| taz: Welche Rolle haben Alkohol und Drogen in Ihrem Leben gespielt? | |
| Petrozza: Als ich jung war, haben alle um mich herum Drogen genommen: | |
| Kiffen, LSD, Pilze. Ich habe vieles ausprobiert und mitgemacht. Das waren | |
| zum Teil auch gute Erfahrungen. Manchmal war ich aber vielleicht auch etwas | |
| schwierig für mein Umfeld. Als ich LSD genommen habe, da dachte ich | |
| ernsthaft, ich hätte Einblick in Dinge, die kein anderer durchschauen | |
| würde. | |
| taz: Seit 2008 leben Sie vegan, trinken keinen Alkohol mehr, machen viel | |
| Yoga. Wie kam es zu dem Sinneswandel? | |
| Petrozza: Zum Yoga bin ich über Freundinnen gekommen. Ich interpretiere | |
| Yoga für mich auch als Reflexion und Selbstbeobachtung. Manchmal setze ich | |
| mich einfach hin, schaue ins Leere und denke über Dinge länger nach. Die | |
| eigenen Ess- und Trinkgewohnheiten zu hinterfragen, habe ich vor allem aus | |
| der New Yorker Hardcore-Szene gelernt, von Bands wie Shelter oder Youth of | |
| Today, die Straight Edge waren, also auf Alkohol, Drogen, Nikotin, Fleisch | |
| und bisweilen gar Kaffee verzichteten. Ich bin da nicht dogmatisch, es | |
| sollte jeder für sich entscheiden. Aber ich achte inzwischen besser auf | |
| meine Ernährung und fühle mich wohl, wenn ich keinen Alkohol trinke. | |
| taz: Sie haben mal gesagt, Sie könnten eine Party geben mit Freunden, die | |
| inzwischen tot sind. Haben Sie so viele nahestehende Menschen verloren? | |
| Petrozza: Einige sind aufgrund ihres Drogenkonsums gestorben. Unser erster | |
| Sänger Manfred „Manny“ Rehberg ist zum Beispiel Mitte Dreißig an einer | |
| Heroinüberdosis gestorben. Viele meiner Schulfreunde haben damals gesagt, | |
| Heroin, das machen wir nicht, wir hatten doch alle „Wir Kinder vom Bahnhof | |
| Zoo“ gesehen. Irgendwann haben es einige doch gemacht, und das ging nicht | |
| gut. Mein Bruder ist auch mit 42 Jahren verstorben. Er hatte schwere | |
| Diabetes, Depressionen, hat wohl auch seine Medikamente nicht genommen. | |
| Auch er soll Drogen genommen haben, ich weiß es aber nicht genau. Wir | |
| standen uns nicht so nahe. | |
| taz: Ist die Metalszene ein Stück weit immer noch eine Männerwelt? | |
| Petrozza: Das sehe ich nicht so. Es gibt eine ganze Menge Frauen, auch in | |
| Bands, und es werden immer mehr. Es gab schon in der Frühzeit des Metal | |
| Doro Pesch und Warlock oder die britische Band Girlschool, die bis heute | |
| ausschließlich aus Frauen besteht. Wir spielen in diesem Jahr auf dem | |
| Dynamo Open Air zusammen mit Within Temptation, auch die haben eine | |
| Sängerin. Vielleicht sind sie nicht so sichtbar, weil die Männer insgesamt | |
| noch in der Überzahl sind. In unserer Tour-Crew haben wir vier Frauen, die | |
| mithelfen, wir haben eine Tourmanagerin. Was stimmt: Als Frau hat man es | |
| schwerer sich durchzusetzen, man muss sich doppelt beweisen. | |
| taz: Sie schreiben, die Misogynie in der Rockszene sei Ihnen früher zuwider | |
| gewesen. Es gab auch im Metal MeToo-Fälle, es gab den Fall Rammstein. Wie | |
| ist es heute? | |
| Petrozza: Es ist kein Problem des Metal allein oder spezifisch. Es ist | |
| eines der Gesellschaft, des Patriarchats. Wir müssen patriarchische | |
| Strukturen abbauen. Sowohl im Kleinen, in der Metalszene, als auch im | |
| Großen, in der Gesellschaft an sich. | |
| taz: Zur Politik schreiben Sie im Buch, Kreator hätten sich immer als | |
| „irgendwie links“ verstanden. | |
| Petrozza: Ja. Aber zum jetzigen Zeitpunkt geht es mir eher so, dass ich | |
| Politik nur noch abstoßend finde. Natürlich finde ich die Entwicklungen | |
| schlimm, und wenn ich wählen gehe, wähle ich eher links. Die Frage ist, was | |
| mit „links“ gemeint ist. Heutzutage gibt es sogenannte linke Parteien, die | |
| schon fast rechts sind. Deshalb kann ich mich in diesem Rechts-Links-Schema | |
| gar nicht mehr einordnen. Im Herzen bin ich Humanist, und ich bin | |
| antirassistisch. Wenn das links ist, bin ich gerne links. | |
| taz: Beim Song „Hate über alles“, den Sie vor drei Jahren veröffentlicht | |
| haben, ging es Ihnen aber schon um ein politisches Statement, oder? | |
| Petrozza: Ja, natürlich, in der Kunst melde ich mich zu Wort, das ist die | |
| Sprache, in der ich mich gut ausdrücken kann. | |
| taz: Die Anspielung „über alles“ kann sich auf die Dead Kennedys und den | |
| Song „California über alles“ genauso beziehen wie auf die erste Strophe der | |
| deutschen Nationalhymne. Wollten Sie den Kipppunkt zeigen, an dem wir | |
| gerade stehen? | |
| Petrozza: Ich habe diesen Songtext, wie viele meiner Texte, intuitiv | |
| geschrieben. Ich hatte beim Schreiben das Gefühl, dass der Hass im Netz | |
| sich wie ein Lauffeuer ausbreitet. Darum geht es im Text. Wenn es nebenbei | |
| noch eine Hommage an die Dead Kennedys ist – umso besser. | |
| taz: Verlangt die derzeitige Situation, politisch zu sein? | |
| Petrozza: Tagespolitik finde ich furchtbar. Ich wähle immer eine | |
| Kompromisspartei am Ende, es gibt aktuell keine Partei, die glaubhaft für | |
| einen positiven Gesellschaftsentwurf steht. Politik ist nur noch pures Ego, | |
| Hybris hoch zehn. Politiker:innen sind eigentlich dazu da, Dinge zu | |
| regeln, sich um Leute zu kümmern. Dass es Anlaufstellen für Jugendliche, | |
| für alte Menschen, für benachteiligte Menschen gibt. Diese Verantwortung | |
| nehmen nur noch die allerwenigsten wahr. | |
| taz: Sie klingen resigniert. | |
| Petrozza: Nein, das bin ich nicht. Das Pendel wird hoffentlich wieder nach | |
| „links“ ausschlagen, auch was die Sozialpolitik betrifft. Es kann einfach | |
| nicht sein, dass diese Clique von Milliardären die ganze Welt nach rechts | |
| zieht und alle sich das gefallen lassen. Aber vielleicht ist das auch nur | |
| ein naiver Gedanke von mir. | |
| 7 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ruhrgebiet/!t5009930 | |
| [2] /Gastarbeiter/!t5018523 | |
| [3] /Die-Metal-Szene-der-DDR/!5997527 | |
| [4] /Charly-Huebner/!6036566 | |
| [5] /Kreator-Konzert-im-Bataclan/!5384555 | |
| [6] /Motoerhead/!t5014051 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Uthoff | |
| ## TAGS | |
| wochentaz | |
| Metal | |
| Ruhrgebiet | |
| Musik | |
| Politikverdrossenheit | |
| Heavy Metal | |
| Heavy Metal | |
| taz Plan | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Heavy Metal | |
| Musik | |
| Bataclan | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Sängerin und Vocal Coach Britta Görtz: Die Kunst des Schreiens | |
| Die Hannoveraner Sängerin Britta Görtz macht extremen Metal. Als Coach für | |
| „Harsh Vocals“ zeigt sie anderen, wie man screamt, shoutet und growlt. | |
| Neue Musik aus Berlin: Tanz im Rhythmus des Kapitalismus | |
| Beim Kate Schellenbach Experiment! mischen auch zwei Beatsteaks-Musiker | |
| mit. Die erste EP des neuen Projekts ist wütend, punkig, feministisch. | |
| Fotografie aus dem Ruhrgebiet: Nostalgie in Krisenzeiten | |
| Das „Pixelprojekt“ versteht sich als visuelles Gedächtnis des Ruhrgebiets. | |
| Die neu aufgenommenen Arbeiten sind jetzt zu sehen. | |
| Doku über NRW-Thrashmetalband Kreator: Veganer, die Innereien essen | |
| „Kreator – Hate & Hope“, ein Dokfilm über die Thrashmetaller Kreator aus | |
| Essen, porträtiert die Stars hinter ihrer finsteren Inszenierungswelt. | |
| Subkultur Heavy Metal: Autoritäten die Köpfe abbeißen | |
| Wie hart bangt Metal im Globalen Süden? Beeindruckende Beispiele aus | |
| Indonesien, Brasilien, Togo und Kuba beweisen das subversive Potenzial des | |
| Genres. | |
| Kreator-Konzert im Bataclan: Are you ready to kill? | |
| Was, wenn deine Gewaltrhetorik von der Wirklichkeit in den Schatten | |
| gestellt wurde? Kreator spielte im Pariser Bataclan. |