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# taz.de -- Linken-Abgeordneter über die Polizei: „Wir brauchen einen radika…
> Die Hamburger Linksfraktion lädt zu einem Kongress über die Arbeit der
> Polizei. Linken-Politiker Deniz Celik über die Probleme und mögliche
> Lösungen.
Bild: Protest nach einem Tod durch Polizeischüsse von hinten: Demonstration �…
taz: Herr Celik, können Sie sich eine Gesellschaft ohne Polizei vorstellen?
Deniz Celik: Ja, als Utopie schon. Dafür müssen allerdings die Ursachen von
Kriminalität größtenteils beseitigt sein. [1][Es braucht eine Gesellschaft,
die gerecht, armutsfrei sowie diskriminierungsfrei ist und soziale Teilhabe
für alle ermöglicht.]
taz: Hilft die Polizei dabei?
Celik: Nein, dafür brauchen wir die Zivilgesellschaft. Wir müssen die
materiellen Verhältnisse verändern und soziale Ungleichheiten beseitigen.
Das sind Prozesse, bei denen die ganze Gesellschaft gefordert ist.
taz: Welche Rolle spielt die Polizei momentan in unserer Gesellschaft?
Celik: Sie soll für Sicherheit sorgen. Im Diskurs wird das immer in den
Mittelpunkt gestellt. Zugleich sehen wir, wie marginalisierte Gruppen
verdrängt und unliebsame Proteste unterdrückt werden. Kritische
Demonstrierende erfahren starke Repressionen. Die Polizei drängt Protest
zurück und schreckt Engagierte ab.
taz: Braucht es die Polizei?
Celik: Menschen werden Opfer von rassistischer Gewalt oder
Hasskriminalität. Die Polizei kann dabei Schutz bieten. Nötig sind aber
auch Gewaltprävention, Schutzräume, Frauenhäuser,
Antidiskriminierungsstrategien und so weiter. Es muss eine ehrliche Debatte
darüber geben, wo Polizei noch nötig ist. Der Einsatzbereich muss deutlich
sinken. Am System gibt es viel zu kritisieren.
taz: Was denn zum Beispiel?
Celik: Man muss darüber sprechen, dass Menschen auch [2][Angst vor der
Polizei haben], etwa marginalisierte Gruppen. Es gibt immer mehr Orte für
[3][anlasslose Kontrollen]. Das schafft Angsträume für Menschen, die
aufgrund ihres Aussehens, ihrer Hautfarbe in willkürliche Polizeimaßnahmen
kommen. Auch Polizeigewalt ist ein großes Thema. Es kommt immer wieder zu
[4][tödlichen Polizeieinsätzen]. Die Fälle werden nicht als strukturelles
Problem gesehen, sondern wenn überhaupt als Einzelfall betrachtet. Oft
fehlt eine kritische Aufarbeitung.
taz: Also ist es ein strukturelles Problem?
Celik: Man muss gucken, warum es immer wieder zu solchen Einsätzen kommt.
Warum tritt die Polizei nicht deeskalativ auf? Von der Polizei werden
bestimmte Gruppen als Gefahr gesehen. [5][Es muss eine ehrliche
Auseinandersetzung mit institutionellem Rassismus stattfinden.]
taz: Sollte das bestehende System der Polizei aufgelöst werden?
Celik: In der jetzigen Form schon. Es braucht einen radikalen,
institutionellen Wandel, und eine stärkere demokratische Kontrolle. Ich
wünsche mir eine Gesellschaft, in der Sicherheit viel breiter definiert und
die soziale Teilhabe von allen Menschen gesichert wird. Die Polizei wird
dann in den allermeisten Fällen nicht mehr gebraucht. Doch zuvor brauchen
wir konkrete Schritte zur Reform der Institution.
taz: Welche?
Celik: Ganz wichtig wären [6][unabhängige Beschwerdestellen] zur Kontrolle
der Polizei. Betroffene können sich dort hinwenden. Die Polizei muss
grundrechtsfreundlich handeln und sicherstellen, dass die Grundrechte der
Menschen gewahrt werden. Zudem müssen Ressourcen für die Polizei
zurückgefahren und [7][das Geld woanders hin investiert werden.] Etwa in
die Sozialarbeit, die Armutsbekämpfung und nicht in Kontrolle und
Überwachung. Die Rolle der Polizei muss neu definiert werden.
taz: Was muss passieren, damit das System tatsächlich verändert wird?
Celik: Wir brauchen mehr Gegenöffentlichkeit und Gegendruck von unten. Nur
so kann sich die Polizeipraxis radikal verändern. Es ist wichtig, dass aus
der Zivilgesellschaft alternative Konzepte entwickelt werden und Sicherheit
neu definiert wird.
5 Sep 2025
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## AUTOREN
Leo Schurbohm
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