# taz.de -- Polizeikontrollen in Hamburg-St. Pauli: Neuer Anlauf gegen Racial P… | |
> Aktivist:innen und Betroffene sehen eine wachsende Zahl rassistischer | |
> und gewaltsamer Polizeikontrollen im Viertel südlich der Reeperbahn. | |
Bild: Macht Betroffenen im Viertel seit Jahren Angst: Polizei in der Hafenstra�… | |
Hamburg taz | Ein neues Phänomen ist es nicht, was Aktivist:innen und | |
Betroffene aus St. Pauli am Donnerstag bei der Vorstellung einer | |
gemeinsamen Erklärung beklagen: Seit 2016 ist das Viertel von der Hamburger | |
Polizei als „gefährlicher Ort“ deklariert, eine eigens eingerichtete | |
„Taskforce Drogen“ soll die „öffentlich wahrnehmbare Drogenkriminalität… | |
dort eindämmen. Seitdem sorgt die ständige Polizeipräsenz für Angst und | |
Verunsicherung bei Anwohner:innen. | |
Und doch: Die dabei angewendete Gewalt durch Polizist:innen, vornehmlich | |
gegen Schwarze Menschen, nehme seit einigen Monaten deutlich spürbar zu. | |
„Das Problem wird drängender“, sagt Steffen Jörg vom Verein | |
Gemeinwesenarbeit St. Pauli (GWA). „Im Jahr 2024 kam es mindestens zweimal | |
zu Einsätzen, bei denen mit gezogener Dienstwaffe Personen unserer | |
Nachbarschaft durch Polizeibeamt:innen bedroht wurden.“ | |
Auch Asmara Habtezion, Gründerin des Vereins Asmaras World, in dem sich | |
Black, Indigenous und People of Color (BIPoC) selbst organisieren, spricht | |
von der wachsenden Angst, nicht nur häufiger, sondern auch eskalativer von | |
der Polizei ohne Anlass kontrolliert zu werden. | |
Um auf diesen Negativtrend hinzuweisen, haben sich nun rund 60 | |
Stadtteilakteure – von sozialen Initiativen über Clubs und Restaurants bis | |
hin zu Rechtsanwaltskanzleien – in der Kampagne „St. Pauli für alle! – o… | |
Diskriminierung, Vertreibung und Polizeigewalt“ zusammengeschlossen, um ein | |
Ende der überdurchschnittlich hohen Polizeipräsenz zu fordern: „Wir wollen | |
verhindern, dass es hier in St. Pauli Tote durch Polizeigewalt gibt.“ | |
## Taske Force Drogen seit 2016 im Einsatz | |
So sei etwa im vergangenen August eine Schwarze Person [1][von | |
Zivilbeamt:innen zu Boden gebracht und fixiert worden.] Als | |
Nachbar:innen wegen deren Schreie hinzukamen, soll ein Beamter in Zivil | |
seine Dienstwaffe auf sie gerichtet haben, ohne sich als Polizist zu | |
erkennen gegeben zu haben. | |
Grund zur Sorge machten dem Zusammenschluss nicht zuletzt die in jüngster | |
Zeit bekannt gewordenen Fälle, in denen Polizist:innen Menschen unter | |
fragwürdigenden Umständen erschossen. So schoss etwa ein Polizist dem | |
Oldenburger Lorenz A. im April fünf Mal in den Rücken, woraufhin A. starb. | |
Anhaltspunkte, dass A. den Polizisten bedroht hat, gibt es nicht. | |
Seit 2016 patrouilliert die Taskforce mit täglich Dutzenden Beamt:innen | |
in St. Pauli-Süd sowie im ebenfalls als „gefährlicher Ort“ deklarierten | |
Schanzenviertel und in der Nähe des Hauptbahnhofs. Allein zwischen April | |
und Juni dieses Jahres hat sie bei ihren Einsätzen mehr als 10.000 Menschen | |
kontrolliert. | |
Aus Sicht der Aktivist:innen und Betroffenen seien Schwarze Menschen | |
dort besonders häufig aber allein wegen ihrer Hautfarbe von Kontrollen | |
betroffen, weshalb auch der Rechtsanwalt Carsten Gericke ein Ende der | |
„gefährlichen Orte“ fordert. „Eine Sensibilisierung wird nicht ausreichen | |
gegen diese Kontrollpraktiken.“ | |
## Abwehrhaltung bei der Polizei | |
Die Hamburger Polizei hält an ihrem Kurs jedoch weiterhin fest, sieht ihn | |
ebenso als nötig wie als erfolgreich an. [2][Dass bei Kontrollen Racial | |
Profiling mitunter eine Rolle spiele, weist sie weiterhin zurück.] Es werde | |
nicht nach Aussehen und Hautfarbe kontrolliert, sondern „anlass- und | |
lagebezogen auf der Grundlage konkreter Hinweise und Verdachtsmomente“, gab | |
sie jüngst auf eine Bürgerschaftsanfrage zu Protokoll. | |
„Die Ergebnisse unserer Forschung sagen etwas anderes“, entgegnet Moana | |
Kahrmann, die [3][am Forschungsprojekt „Polizei, Taskforce und Racist | |
Profiling auf St. Pauli“ mitgeforscht hat.] Demzufolge dominiere die | |
Polizei mittlerweile den öffentlichen Raum auf eine Weise, die bei den | |
Nutzer:innen des Stadtteils Angst, Unsicherheit, Beklemmung und ein | |
Gefühl von Unterdrückung auslöst. | |
Die Ignoranz der Polizei, sich strukturell und institutionell mit den | |
Erfahrungen Schwarzer Menschen auseinanderzusetzen, sei unverständlich, | |
sagt Kahrmann. Überraschend sei es aber nicht, schließlich gebe es dafür | |
Rückendeckung aus der Politik. So hatte auch Hamburgs Bürgermeister Peter | |
Tschentscher (SPD) die Studie kürzlich als unglaubwürdig hingestellt. | |
10 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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