Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Abschiebedebatten nach Tötungsdelikten: Ein übler Reflex
> Ein Asylbewerber soll am Bahnhof Friedland eine junge Ukrainerin getötet
> haben. Dieser Fall zeigt auch, wie verkorkst die öffentlichen Debatten
> sind.
Bild: Der Bahnhof Friedland im Landkreis Göttingen: Nach dem Tod einer 16-Jäh…
Schon wieder einer dieser Fälle, denkt man. Der Tod dieses Mädchens
schnürrt einem die Kehle zu, die Wut will irgendwohin. Dabei zeigt
[1][dieser Fall am Bahnhof Friedland] auch, wie verkorkst die öffentlichen
Debatten um solche Vorkommnisse mittlerweile sind.
Da ist zum einen die Polizei, die – bestimmt ungewollt –
[2][Verschwörungsnarrative] füttert. Sicher, das ist eine praktisch
unlösbare Zwickmühle: Sorgfältige und ergebnisoffene Ermittlungsarbeit
verträgt keine große Öffentlichkeit, schon gar nicht kann sie mit der
durchgeknallten Dynamik der asozialen Medien mithalten.
Aber ist es wirklich klug, in Pressemitteilungen Behauptungen in die Welt
zu setzen, die man dann kurze Zeit später wieder zurücknehmen, ergänzen
oder relativieren muss? Das war leider Wasser auf die Mühlen der AfD und
aller anderen Verschwörungstheoretiker.
Noch schlimmer ist aber das reflexhafte „das [3][Dublin-Verfahren]
funktioniert halt nicht“ der niedersächsischen Innenministerin. Würde es
etwas besser machen, wenn der Mann in Litauen Mädchen vor den Zug schubste?
Oder wenn beispielsweise der Messerstecher von Aschaffenburg in einem Park
in Bulgarien Kindergartenkinder abgestochen hätte? Oder glaubt die
Innenministerin heimlich, dass eigentlich alle EU-Länder das Problem besser
in den Griff bekommen als wir?
## Das Muster ist immer das gleiche
Müssten wir stattdessen nicht einmal über die psychiatrische Versorgung von
Geflüchteten reden? Es würde wohl niemanden wundern, wenn auch in diesem
Fall bald herauskäme, dass der Täter schon lange vorher massiv auffällig
war.
Das Muster ist immer das gleiche: Die ersten Opfer finden sich in den
Flüchtlingsunterkünften, werden aber kaum ernst genommen. Auch in Haft
fallen einige dieser späteren Täter auf und werden trotzdem achselzuckend
wieder auf die Straße gekippt.
Ab und zu kommt einer in die Psychiatrie, wird aber schnell wieder
entlassen – am liebsten zurück in Massenunterkünfte und in ungewisse
Perspektiven, die dafür sorgen, dass sich der Zustand schnell wieder
verschlechtert.
Eine ambulante Betreuung, die vielleicht dafür sorgen könnte, dass
Medikamente weiter eingenommen werden, gibt es in der Regel nicht. Und dann
wartet man einfach auf den nächsten Todesfall. In dieser oder irgendeiner
anderen Ecke Europas.
1 Sep 2025
## LINKS
[1] /Eine-Frage-der-Kommunikationsstrategie/!6107722
[2] /Publizistin-ueber-Verschwoerungsnarrative/!6084530
[3] /Ausreisezentrum-in-Hamburg/!6074159
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Unterbringung von Geflüchteten
Psychiatrie
Totschlag
Göttingen
Thüringen
Polizei Niedersachsen
Landtag Niedersachsen
Flüchtlinge in Niedersachsen
Niedersachsen
Reden wir darüber
Unterbringung von Geflüchteten
psychische Gesundheit
Hamburg
Vertriebene
## ARTIKEL ZUM THEMA
Eine Frage der Kommunikationsstrategie: Tod am Bahnsteig
Ein Asylbewerber wird verdächtigt, am Bahnhof Friedland eine junge
Ukrainerin getötet zu haben. Die Polizei steht wegen Falschmeldungen in der
Kritik.
Gewalt und psychische Krankheiten: Risikomanagement ersetzt Hilfe
Nach Angriffen von psychisch Kranken reden Politiker:innen über
Zusammenarbeit von Gesundheits- und Sicherheitsbehörden. Doch was heißt
das?
Psychologe über Hamburger Messerangriff: „Der Vorfall war nicht vorhersagbar…
Die Verdächtige der Messerattacke wurde kurz zuvor aus der Klinik entlassen
– in die Obdachlosigkeit. Kein Einzelfall, meint Psychologe Thomas Bock.
75 Jahre Lager Friedland: Anlaufstelle für große Hoffnungen
Seit 75 Jahren existiert das Durchgangslager Friedland. Es müsse ein
„offenes Tor für Flüchtlinge weltweit bleiben“, sagt der frühere
Lagerpastor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.