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# taz.de -- Neue Regierungschefin Litauens: Eine Gefahr für das eigene Land?
> Mit Inga Ruginienė ist eine betont linke Politikerin neue
> Regierungschefin in Litauen. Kritiker*innen werfen ihr vor,
> prorussisch zu sein.
Bild: Inga Ruginiene nachdem das litauische Parlament sie am Dienstag, den 26. …
Berlin taz | Angst vor der Zukunft sei für sie keine Option. „Ich sage es
Ihnen mit einem Lächeln: Ich werde definitiv nicht zurückblicken und
angesichts neuer Herausforderungen zittern,“ sagte Inga Ruginienė am
Dienstag im Seimas, dem litauischen Parlament. Kurz darauf wählte eine
Mehrheit von 78 Abgeordneten die 44-Jährige zur neuen Regierungschefin. Die
Sozialdemokratin tritt die Nachfolge ihres Parteikollegen Gintautas
Paluckas an, [1][der Ende Juli wegen eines Korruptionsskandals
zurückgetreten war.]
Ruginienė wurde in der Stadt Trakai geboren. Nach dem Abitur sammelte sie
akademische Titel und Berufsabschlüsse ein: ein Master in Öffentlicher
Gesundheit, eine Ausbildung zur Forstingenieurin sowie ein Master in
Arbeitsrecht. 2012 wurde sie Vizevorsitzende der Gewerkschaftsföderation
der litauischen Forst- und Forstwirtschaftsarbeiter, ab 2017 führte sie
sieben Jahre lang den Litauischen Gewerkschaftsbund mit über 50.000
Mitgliedern. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2024 zog sie für die
Sozialdemokratische Partei (LSDP) in den Seimas ein. Zwei Monate später
übernahm sie den Ministerposten für Arbeit und Soziales.
Ruginienė sei in ihren Überzeugungen und ihrer politischen Weltanschauung
wirklich links. Das sei bei der LSDP seit vielen Jahren nicht mehr
vorgekommen, dass eine wirklich linke Politikerin Ministerpräsidentin wird,
zitiert das russischsprachige Webportal Nastojaschee vremja den litauischen
Politologen Vladimiras Laučius.
Als Ministerin machte sie sich nicht nur Freunde. Für eine Reform des
Rentenfonds, die den Einzahlenden unter bestimmten Bedingungen erlaubt,
einen Teil ihrer Einlagen vorzeitig herauszuziehen, erntete sie Kritik von
litauischen Banken, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der
Europäischen Kommission.
## Ihre erste Reise geht: in die Ukraine
Auch mit anderen Positionen polarisiert die verheiratete, zweifache Mutter.
So macht sich Ruginienė für die gleichgeschlechtliche Ehe, Abtreibungen auf
Staatskosten sowie die Ratifizierung der [2][Istanbul-Konvention] stark –
ein Übereinkommen des Europarates, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie
häusliche Gewalt zu bekämpfen. Im stark katholisch geprägten Litauen sind
solche Vorhaben kein Selbstgänger. Zudem verteidigt sie das Recht
nationaler Minderheiten auf die Entwicklung ihrer Sprache und Kultur, lehnt
die Schließung russischsprachiger staatlicher Schulen ab und fordert
humanitäre Hilfe für die Palästinenser*innen in Gaza.
Teile der Opposition sowie eher konservative
Politikwissenschaftler*innen werfen Ruginienė vor, prorussisch zu
sein. Als Beleg führen sie an, dass sie sich als „Kind der Sowjetunion“
bezeichnete sowie den Umstand, dass sie 2015 und 2018 nach Russland gereist
war. Der Politikanalytiker Marius Laurinavičius stellte gar die Frage, ob
die Herangehensweise der Regierungschefin an Russland angemessen sei und
nicht vielleicht doch eine Bedrohung für die nationale Sicherheit Litauens
darstelle. Diese Frage beantwortet Präsident Gitanas Nausėda im Radiosender
Žinių radijas mit einem klaren Nein. Entsprechende Nachforschungen der
Abteilung für Staatssicherheit hätten keine Verdachtsmomente ergeben.
Ruginienė selbst betont, fest an der Seite der Ukraine zu stehen. Als
Ministerin habe sie das Land mehrmals besucht. Und überhaupt: in ihrer
Kindheit habe sie dort oft den ganzen Sommer verbracht. Ihre Verwandten
mütterlicherseits stammen aus dem [3][Donbass]. Ihre erste Auslandsreise im
neuen Amt wird sie nach Polen und in die Ukraine führen.
27 Aug 2025
## LINKS
[1] /Litauens-Regierungschef-tritt-nach-Korruptionsvorwuerfen-zurueck/!6104334
[2] /Istanbul-Konvention/!t5574951
[3] /Der-Donbass-und-seine-Bedeutung/!6107328
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Litauen
Parlament
Frauen
Donbass
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Theater
Unser Fenster nach Russland
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