# taz.de -- Herbst der Reformen: Einigt Euch! | |
> Die schwarz-rote Regierung unter Kanzler Merz hatte versprochen, sich | |
> nicht so zu zoffen wie einst die Ampel. Und was macht sie? Sie zofft | |
> sich. | |
Bild: Sie wollte eine „Arbeitskoalition“ sein, die sich nicht streitet: Fam… | |
Sie wollte eine „Arbeitskoalition“ sein, eine Regierung, die sich nicht | |
streitet wie einst die Ampel, sondern die Wirtschaft nach vorn bringt und | |
das Land zukunftsfähig macht. Das CDU-Youtube-Video dazu warb sogar mit | |
#wiedernachvorne. Und nun? Nach [1][gut 100 Tagen Schwarz-Rot] im Amt? Da | |
ist die selbsternannte „Arbeitskoalition“ längst zu einer „Zoffkoalition… | |
mutiert. Selbst in der Sommerpause tun die Regierungsfraktionen Union und | |
SPD so, als seien sie politische Gegnerinnen und keine Partnerinnen. Die | |
zudem – und das wissen alle drei Parteien nur zu gut – zum Erfolg verdammt | |
sind. Die dramatischste aller Alternativen zu Schwarz-Rot trägt diese | |
Bezeichnung bereits in ihrem Namen. | |
Wie unvereinbar Union und SPD miteinander arbeiten, lässt sich dieser Tage | |
erneut eindrucksvoll beobachten. Die jeweils vorgebrachten | |
Reformvorschläge, wie das Land aus der Wirtschaftskrise geholt und die | |
Sozialsysteme gesichert werden können, gehen diametral auseinander. | |
SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil schlägt Steuererhöhungen für | |
Menschen mit hohen Einkommen und Vermögen vor. Die wischen CDU und CSU | |
sofort wieder vom Tisch, kaum dass Klingbeil, der auch Finanzminister ist, | |
sie ausgesprochen hatte. | |
Diese Debatte sei so „überflüssig wie ein Kropf“, kontert | |
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Wenn Kanzler Friedrich Merz zudem | |
versichert, es werde unter seiner Führung keinerlei Steuererhöhungen geben, | |
dann ist klar: Union und SPD liegen nicht nur weit auseinander, sie wollen | |
vor allem ihre eigenen Umfragewerte aufstocken. Diese sind auf beiden | |
Seiten aktuell nicht sensationell. | |
Doch das ist zu kurz gedacht. Wenn Union und SPD glauben, mit dem Bedienen | |
der eigenen Klientel auch die bröckelnde Mitte für sich zurückzugewinnen, | |
könnten sie sich möglicherweise arg täuschen. Denn nichts verunsichert und | |
verärgert das Wahlvolk gerade mehr als ständige Streitereien der | |
Koalitionspartnerinnen, endlose Debatten, die am Ende keine oder | |
mangelhafte Ergebnisse bringen, leere Politikfloskeln, die ohnehin | |
schneller entlarvt sind als das berühmte Soufflé im Ofen, das | |
zusammenfällt, sobald man hineinpiekt. All das kennt die Republik [2][aus | |
der Ampel-Zeit], das wollen die Wähler:innen nicht noch einmal. | |
Wo also sind die Kompromisslinien? Will man eher Beiträge beispielsweise in | |
der Kranken- und [3][Pflegeversicherung erhöhen] oder das [4][Bürgergeld | |
heftig umkrempeln]? Oder soll es doch eher – auch wenn die Union das | |
derzeit ausschließt – um Steuererhöhungen gehen? Union und SPD müssen | |
darauf rasch Antworten finden. Sonst laufen ihnen nicht nur die | |
Wähler:innen (weiter) davon, dann könnten zudem Reformen drohen, die am | |
Ende weder die eine noch die andere Seite will. Auch Hartz IV und die Rente | |
mit 67 waren Ergebnisse ähnlicher Debatten. Der Unterschied zu heute ist: | |
Damals spielten weder Parteien wie die AfD eine Rolle, noch gab es Kriege, | |
die Deutschland und Europa so massiv wie jetzt bedrohen. | |
26 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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