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# taz.de -- Mikrofeminismus: Was tun gegen halbnackte Biker?
> Mittelalte Männer auf Mountainbikes nerven unsere Autorin im Urlaub.
> Vielleicht helfen kleine Spitzen im Alltag als feministischer
> Gegenschlag.
Bild: Weiter um die nächste Kurve: Mann auf Mountainbike
Wir frühstücken im Schatten einer Kastanie, als eine Gruppe mittelalter
[1][Männer auf Mountainbikes] vorbeiradelt. Sie verwechseln unser
Ferienhaus in den Bergen offenbar mit einer Gaststätte, stellen ihre Räder
neben der Haustür ab und ziehen ihre T-Shirts für die Pause aus. Mit
nackten Oberkörpern stehen sie in unserem Garten rum – und wir fühlen uns
belästigt.
Sagt man da was? Können die nicht wenigstens ihre Kleidung anbehalten?
Ratlos sitzen wir vor unseren Müslischalen. Um die Kurve biegt immer wieder
ein neuer Mann und gesellt sich zu seinen halb nackten Freunden. Bis eine
von uns es nicht mehr aushält. Mit schnellen, kurzen Schritten geht sie auf
die Gruppe zu und bittet die Herren freundlich zu gehen. Chefin, denke ich,
und: danke.
## Kleine feministische Akte im Alltag
Der Tag beginnt also mit einem Realitätscheck. Man kann in einer
abgelegenen Hütte in den Julischen Alpen Cornflakes löffeln und um die Ecke
kommt ein Mann und nimmt ungefragt Raum ein. „Habt ihr schon von
Mikrofeminismus gehört“, fragt eine Freundin am Tisch. Es geht um
[2][kleine feministische Akte], die sich einfach in den Alltag integrieren
lassen. Sie sollen für mehr Gleichberechtigung sorgen, auf Ungleichheiten
hinweisen.
Fürs Büro hat sie sich zwei Dinge vorgenommen, erzählt sie. Wenn sie [3][zu
spät in ein Meeting kommt], sagt sie nicht mehr Entschuldigung, sondern:
Danke, dass ihr gewartet habt. Bossmove, sage ich, aber das würde ich kaum
machen.
Sie will sich außerdem nicht mehr ständig in Mails entschuldigen. Ich fühle
mich ertappt. „Entschuldigung, dass ich mich jetzt erst melde“, „Sorry, d…
Mail ist mir durchgerutscht“. Entschuldigung hier, Entschuldigung da. Viel
zu oft entschuldige ich mich für nichts. Sie versucht, das Sorry jetzt
wegzulassen und gleich zum Anliegen zu kommen. Ziemlich einfach, also
sammle ich in meinem Umfeld mehr feministische Hacks:
– Vor Männern offen über die Periode sprechen.
– Männern beim Einparken Hilfe anbieten.
– Wenn ein Typ zu lange glotzt, fragen, ob alles okay bei ihm ist.
– Männern auf dem Gehweg nicht automatisch aus dem Weg gehen. (Falls man
sich traut und der Kerl nicht zu bedrohlich wirkt)
– Im Alltag das generische Femininum benutzen.
Die Filmproduzentin Ashley Chaney soll den Trend mit einem [4][Tiktok-Video
unter dem Hashtag #microfeminism] losgetreten haben. In dem Video erzählt
sie, dass sie Frauen in Mails immer zuerst nennt, auch wenn die Assistentin
dann vor dem Chef steht. Seitdem häufen sich unter dem Hashtag Tipps für
mehr Feminismus im Alltag:
– Lehrerinnen, die immer zuerst den Vater anrufen, wenn das Kind krank aus
der Schule abgeholt werden muss.
– Erzieherinnen, die fragen, was Papa gestern Abend gekocht hat.
– Wenn jemand vom CEO spricht, fragen, wie SIE heißt.
– Väter beim Ausgehen fragen, wo ihre Kinder sind.
– Wenn Menschen über die Fußball-WM sprechen, fragen, ob sie von dem
Turnier der Frauen oder der Männer sprechen.
Der [5][Gender Pay Gap] schließt sich so nicht. Aber wenn Männer im Alltag
häufiger darauf hingewiesen werden, dass sie nicht allein auf diesem
Planeten sind, vielleicht kommen sie dann eines Tages zumindest nicht mehr
auf die Idee, halb nackt in fremden Gärten zu rasten. Sondern fahren weiter
um die nächste Kurve.
23 Aug 2025
## LINKS
[1] /Klimawandel-fordert-Mountainbiker-heraus/!6101750
[2] /Geschlechtergerechtigkeit-im-Alltag/!5756906
[3] /Digitales-Arbeiten/!5997751
[4] https://www.tiktok.com/@iamashleychaney/video/7350480639679925547
[5] /Neue-Studie-zu-Gender-Pay-Gap/!6069206
## AUTOREN
Sophie Fichtner
## TAGS
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