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# taz.de -- Krach in der Berliner SPD: Nahost-Konflikt unter Genossen
> Im Streit um ein Gaza-Aufnahmeprogramm attackiert ein einflussreicher
> Vertrauter von SPD-Fraktionschef Raed Saleh öffentlich den eigenen
> Innenexperten.
Bild: Zweifelhafte Wortwahl: Orkan Özdemir, Sprecher für Antidiskriminierung …
Berlin taz | In der bundesweit laufenden [1][Debatte um die Aufnahme von
kranken und verletzten Kindern aus Gaza] wird auch der Ton innerhalb der
SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses gereizter. Einer der engsten
Vertrauten von SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der Abgeordnete Orkan Özdemir,
teilte in der Sache nun öffentlich und scharf gegen seinen
Fraktionskollegen Martin Matz aus. Der verbittet sich die Wortwahl.
Vorausgegangen war ein Interview, das Matz in dieser Woche dem Sender
Euronews gegeben hatte. Darin wies der innenpolitische Sprecher der
SPD-Fraktion unter anderem darauf hin, dass bei einem Aufnahmeprogramm mit
Blick auf etwaige Begleitpersonen der Kinder aus Gaza „auch
Sicherheitsüberlegungen eine Rolle“ spielen würden.
Für Orkan Özdemir war das offenkundig zu viel. Als Reaktion auf das
Interview holzte der Sprecher für Antidiskriminierung der SPD-Fraktion auf
Instagram: „Wichtig! Martin Matz formuliert hier seine eigene Position.“
Die Position des Innenexperten sei „NICHT“ die Position der SPD Berlin oder
der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, im Gegenteil, so Özdemir. „Die
allermeisten Genoss:innen, wie auch ich, distanzieren sich von den Aussagen
dieser Person.“ Eine Wortwahl wie in der Eckkneipe. Ausrufezeichen und
Großbuchstaben inklusive.
## Social-Media-Kachel von Erdogan-Sender
Konkret bezog sich Özdemir auf eine Social-Media-Kachel des deutschen
Ablegers von TRT, [2][dem israelfeindlichen Propagandakanal des türkischen
Erdogan-Regimes]. Hier wurde das Euronews-Interview mit der zackigen
Überschrift „Berliner SPD-Innensprecher Martin Matz gegen die Aufnahme von
Kindern in Gaza“ zusammengefasst.
Auf taz-Nachfrage sagte Matz am Freitag, dass schon Euronews seine Aussage
verkürzt wiedergegeben habe: „Ich habe nirgendwo gesagt, dass verletzte
oder kranke Kinder ein Sicherheitsproblem sind und deshalb nicht
aufgenommen werden sollen.“
Es gehe ihm um die Bedenken bei der Einreise von Begleitpersonen aus dem
von der Terrororganisation Hamas beherrschten Gaza. „Genau hier gibt es die
Notwendigkeit, auf die Sicherheit zu achten, und das habe ich auch Euronews
gesagt.“
Zu den Angriffen auf ihn und der abschätzigen Titulierung als „diese
Person“ durch den eigenen Fraktionskollegen will sich Matz nicht äußern.
Nur so viel: „Auf dieses Level möchte ich mich nicht herabbegeben.“
## Rivalitäten in der SPD-Fraktion
Zum Hintergrund gehört: Die Genossen Özdemir und Matz sind einander nicht
unbedingt in Herzlichkeit verbunden. Während Özdemir zum engsten Kreis um
Fraktionschef Saleh zählt, [3][hatte Matz im Frühjahr 2024 innerhalb der
Fraktion die Saleh-kritische Strömung „Links und frei“ mit ins Leben
gerufen]. Matz' Fokus in der politischen Arbeit liegt dabei auch auf dem
Kampf gegen Antisemitismus.
Immerhin, sagt Matz, eine Aussage habe TRT auf der von Özdemir wütend
kommentierten Social-Media-Kachel korrekt wiedergegeben. „Leider müssen wir
immer wieder feststellen, dass der Nahostkonflikt auch zum
Sicherheitsproblem jüdischer Menschen in Berlin wird, während das umgekehrt
nicht festzustellen war“, hatte der SPD-Politiker zu Euronews gesagt. „Zu
diesem Zitat stehe ich zu 100 Prozent“, sagt er nun zur taz.
Er wolle Gewalt gegen Muslime in Berlin nicht kleinreden. Nur stelle sich
die Bedrohungslage für jüdische Menschen in der Hauptstadt noch einmal
wesentlich anders dar. Matz sagt: „Wir haben hier [4][einen
explosionsartigen Anstieg antisemitischer Gewalttaten] seit dem 7.
Oktober.“ Und darauf werde er auch weiterhin hinweisen.
Mit dem eigentlichen Thema, dem Aufnahmeprogramm, hat das freilich nur
indirekt zu tun: In dieser Woche hatten die Städte Hannover, Düsseldorf und
Bonn angekündigt, hilfsbedürftige Kinder aus Gaza und Israel aufnehmen zu
wollen. Serap Güler, CDU-Staatsministerin im Auswärtigen Amt, erteilte der
Idee umgehend eine Absage.
Teile der Berliner SPD forderten daraufhin, der schwarz-rote Senat solle
sich der Initiative anschließen und Druck auf den Bund ausüben. Aber eben
nur Teile.
8 Aug 2025
## LINKS
[1] /Hilfe-fuer-Kriegsopfer/!6101955
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[3] /SPD-Fraktion-im-Abgeordnetenhaus/!6012457
[4] /Nahost-Konflikt-in-Berlin/!6030619
## AUTOREN
Rainer Rutz
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Raed Saleh
SPD Berlin
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Gaza-Krieg
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