Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen: Kameruns Opposition ausgetr…
> Der 92-jährige Langzeitpräsident Paul Biya tritt bei den Wahlen im
> Oktober wieder an, der beliebteste Oppositionspolitiker darf nicht
> kandidieren.
Bild: Der nicht zur Wahl nicht zugelassene aussichtsreichste Oppositionspolitik…
Yaoundé/Douala taz | Fabrice Lena zückt einen Kugelschreiber und fängt an,
Prozentzahlen und Namen in verschiedenen Konstellationen auf ein Blatt
Papier zu schreiben. „Die Mathematik des Gewinnens“, nennt er seine
Auflistung und schreibt dick eine große Sieben auf das Blatt. Mehrfach
umkreist der Politiker der Popular Action Party die Zahl und sagt: „Wir
brauchen mindestens sieben Parteien aus dem Oppositionslager, um bei der
Wahl eine echte Chance zu haben.“
Am 12. Oktober wird in Kamerun ein Präsident gewählt. Ob dieser tatsächlich
neu sein wird, ist fraglich. Denn es spricht wenig dafür, dass
[1][Präsident Paul Biya nach 43 Jahren an der Macht] vorhat, diese
abzugeben. Elf weitere Kandidaten wollen es aber dennoch mit dem
92-jährigen Langzeitregenten aufnehmen.
[2][Ein 13. Kandidat, Maurice Kamto von der Partei Manidem], war am 5.
August endgültig von den Wahlen ausgeschlossen worden. Die Sperrung des
bekanntesten und vielversprechendsten Oppositionskandidaten bedeutet für
Fabrice Lena und dessen Mitstreiter eine umso höhere Hürde, um Einigkeit in
das Oppositionslager zu bringen. Die Popular Action Party, der der
31-Jährige angehört, hat es nicht geschafft, sich für die
Präsidentschaftswahlen zu qualifizieren. Ihr fehlten die notwendigen Sitze
im Parlament oder in Kommunalvertretungen.
„Ansonsten würde ich der nächste Präsident Kameruns werden“, sagt Lena
überzeugt. Seine Energie nutzt der Nachwuchspolitiker nun, um bei der
Koalitionsbildung zu unterstützen. Doch der Mann, auf den sich die meisten
einigen konnten, ist vom Rennen ausgeschlossen. Ein alternativer einender
Kandidat als Ersatz für Maurice Kamto konnte immer noch nicht präsentiert
werden, um es mit der Übermacht der Regierungspartei aufnehmen zu können.
## Die Opposition hat eigenen Probleme
Die Opposition tut sich schwer mit sich selbst. Statt politischer Nähe
spielen interne Rivalitäten, persönliche Eitelkeiten, Fragen nach Geld und
dem größten Netzwerk entscheidende Rollen bei dem Versuch, eine Front gegen
Biya aufzubauen.
Dass dafür nicht mehr viel Zeit bleibt, spielt Biya in die Hände. Denn
während dessen Partei in aller Ruhe das Land auf eine achte Amtszeit des
alternden Präsidenten vorbereitet, ist die Opposition mit internen
Verhandlungen beschäftigt.
Der Ausschluss von Maurice Kamto und seiner Manidem Partei sorgt bis heute
für Diskussionen. Laut der Wahlbehörde Elecam hatte die Partei gegen das
Verbot von Mehrfachbewerbungen verstoßen. Doch hier beginnen die
Ungereimtheiten.
„Der angebliche zweite Kandidat, der plötzlich unter Manidems Namen
registriert war, ist von niemandem aus der Parteiführung abgesegnet worden
und seit 2018 auch kein Mitglied von Manidem mehr“, erklärt Charles Ngah
Nforgang, Mitglied der Parteiführung.
## Ausgehebelter Kandidatur
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion war plötzlich ein zweiter Kandidat aus dem
Hut gezaubert worden. Ein Politiker in Rente, der laut Nforgang vor Jahren
aus Manidem ausgeschlossen worden war, wegen „parteifeindlichen
Verhaltens“, erklärt der 49-Jährige. Ob seine Kandidatur für Manidem
überhaupt rechtens ist und wie die eigentlich notwendigen Unterschriften
der Parteispitze auf dessen Dossier kamen, sind ungeklärt.
Laut Charles Ngah Nforgang habe er für sich selbst unterschrieben. Doch für
Manidem ist das Rennen gelaufen. Seit der umstrittenen Entscheidung der
Wahlbehörde sind auch noch Polizisten vor der Zentrale der Partei in Douala
stationiert worden. Die Wirtschaftsmetropole im Westen des Landes gilt als
Hochburg der Opposition.
Doch trotz Kamtos Sperrung und der Ankündigung des 92-jährigen Biya, erneut
zu kandidieren, blieb es auch in Douala relativ ruhig. Keine nennenswerten
Proteste, keine größeren Reaktionen. Beschwichtigend wirkte vielleicht auch
der Aufruf von Manidem, friedlich zu bleiben. Gewalt solle vermieden
werden, sagt Charles Ngah Nforgang – auch später am Wahltag.
Ein Journalist, der namentlich nicht genannt werden möchte, hat eine
zusätzliche Erklärung: Generationen autokratischer Herrschaft hätten den
Glauben an demokratische Mitwirkung schwinden lassen. Statt Empörung
dominiert Desillusionierung. Politik gilt als Feld, in dem ohnehin gemacht
wird, was die Mächtigen wollen. Ein weiterer Beweis, dass der Ausgang
längst vorbestimmt scheint.
## Geringe Wahlbeteiligung
Kamerun zählt rund 30 Millionen Einwohner, davon ist etwa die Hälfte im
Wahlalter. Doch von den rund 15 Millionen Stimmberechtigten sind nur 8
Millionen registriert und im Besitz einer Wahlkarte. Wie viele davon am
Wahltag tatsächlich den Weg zur Urne finden, ist offen.
Philippe Nanga von der Organisation Un Monde Avenir versucht dennoch, vor
allem junge Menschen für die Wahl zu mobilisieren. Denn schon 2018 lag die
Beteiligung so niedrig, dass die Wahlergebnisse effektiv nur auf einem
Bruchteil der Bevölkerung basierten. „Es ist ein Problem“, sagt Nanga –
eines, das die Legitimität des gesamten Prozesses infrage stellt.
Denn allein der Einschreibeprozess für die Wahlen gestaltete sich
schwierig. „Es gab einfach nicht genügend Möglichkeiten, eine Wahlkarte
überhaupt zu beantragen“, kritisiert Nanga.
## „Je mehr wählen, desto schwieriger ist Wahlbetrug“
Nach den bereits abgeschlossenen Wahlregistrierungen versucht die
Organisation vor allem unter der Jugend ein Bewusstsein zu schaffen, dass
eine Teilnahme trotzdem wichtig ist. „Je mehr Leute wählen, und je mehr
Leute am Wahltag die Auszählung beobachten, desto schwieriger wird es, zu
betrügen“, sagt er. Seitens der internationalen Gemeinschaft sei es dieses
Jahr noch schwieriger gewesen als sonst, Gelder für Wahlbeobachtungen
aufzutreiben.
Wie erfolgreich die Mobilisierungsversuche sein werden, hängt nun
vermutlich auch davon ab, wie schnell die Opposition einen Kandidaten
präsentieren kann, hinter dem sich alle vereinen. Mit Kamtos Ausschluss
wirkt es momentan so, als ob der Opposition bereits die Dynamik genommen
wurde, noch bevor sie richtig Fahrt aufnehmen konnte. Und damit auch die
Chance, die registrierten Wählerinnen und Wähler tatsächlich an die Urnen
zu bringen.
21 Aug 2025
## LINKS
[1] /Kameruns-Praesident-will-nicht-abtreten/!6097425
[2] /Praesidentschaftswahlen-in-Kamerun/!6080654
## AUTOREN
Helena Kreiensiek
## TAGS
Kamerun
Paul Biya
Präsidentschaftswahl
Opposition
Social-Auswahl
GNS
Film
Kamerun
Kamerun
## ARTIKEL ZUM THEMA
Doku über Homosexualität in Kamerun: Suchen gegen alle Widerstände
Wer sich engagiert, muss mit Repression rechnen: Der Dokumentarfilm „Code
der Angst“ von Appolain Siewe geht der Homophobie in Kamerun nach.
Landwirtschaft in Westafrika: Nachwachsende Probleme
In Kamerun kämpfen Baumwollbauern gegen Dürre, Insektenplagen, Terror und
Preisverfall. Statt auf den Staat zu warten, organisieren sie sich selbst.
Konflikt in Kamerun: Von der Welt vergessen
Im englischsprachigen Teil Kameruns kämpfen Separatisten und Armee auf dem
Rücken der Bevölkerung. Eine Lösung der Krise ist im Wahljahr nicht in
Sicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.