# taz.de -- Nach Änderung des Geschlechtseintrages: Rechtsextremistin Marla-Sv… | |
> Die veurteilte Nazi-Transfrau darf ihre Haft vorerst im Frauengefängnis | |
> antreten. Missbraucht sie das Selbstbestimmungsgesetz? | |
Bild: Marla-Svenja Liebich im Gerichtssaal | |
Berlin taz | Zuerst die an sich gute Nachricht: Marla-Svenja Liebich muss | |
innerhalb der nächsten zwei Wochen endlich ins Gefängnis. Die | |
Staatsanwaltschaft Halle hat die verurteilte Rechtsextremistin in die | |
Justizvollzugsanstalt Chemnitz einbestellt. Im Juli 2023 erhielt sie wegen | |
Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung eine Freiheitsstrafe von | |
einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung. Nach gescheiterter Berufung | |
und Revision ist das Urteil rechtskräftig. | |
Das allein wäre an dieser Stelle kaum eine Meldung wert. Nazis reden oder | |
handeln rassistisch, antisemitisch, queerfeindlich – und können dafür in | |
Deutschland glücklicherweise bestraft werden. Liebich etwa kommt nun ins | |
Gefängnis, weil sie im Internet einen Baseballschläger mit der Aufschrift | |
„Abschiebehelfer“ verkaufte. Nazis machen Nazisachen. | |
Doch die Berichterstattung über den Fall konzentriert sich vor allem auf | |
eine sehr wahrscheinliche Provokation Liebichs, die man am liebsten | |
ignorieren würde, aber wegen ihrer gesellschaftlichen Bedeutung nicht | |
übergehen kann. [1][Liebich beging die Taten noch als Sven Liebich]. Nach | |
[2][Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes] im November 2024 | |
[3][änderte die damals männliche Person ihren Geschlechtseintrag und | |
Vornamen]. Durch das Gesetz ist dies ohne psychologische Begutachtung und | |
richterlichen Beschluss möglich. | |
Die JVA Chemnitz, in der Marla-Svenja Liebich einsitzen könnte, ist | |
folglich ein Frauengefängnis. Eine fragwürdige Entscheidung: Mehr als eine | |
Geschichte über einen queeren Rechten oder die Rechte queerer Menschen | |
handelt es sich hier wohl um die Inszenierung einer rechtsextremen Figur | |
auf Kosten sexueller Minderheiten. | |
## Vor kurzem hetzte Liebich noch gegen CSD-Teilnehmer | |
Nichts in Liebichs Vergangenheit deutet darauf hin, dass die neue Identität | |
ernst gemeint ist. Laut dem Spiegel beschimpfte sie im September 2023, | |
damals noch als Mann, Teilnehmer des CSD als „Schwuletten“ und sprach von | |
„Transfaschismus“. Im familieneigenen Onlineshop finden sich weiterhin | |
T-Shirts mit Aufdrucken wie „Gender mich nicht voll“ oder „Ich fühle mich | |
getransimpft“. | |
Auch sonst provoziert die 1972 in Halle an der Saale geborene | |
Rechtsextremistin gezielt. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen | |
die Ukraine posierte sie mehrfach mit dem Z-Propagandasymbol. Während der | |
Coronapandemie ließ sie sich einen Judenstern mit der Aufschrift | |
„ungeimpft“ tätowieren. | |
Bereits in den 1990er Jahren war Liebich in Sachsen-Anhalt führend in der | |
heute verbotenen rechtsextremen Gruppe [4][Blood and Honour]. Ab den | |
2000er Jahren organisierte sie in Halle regelmäßig Demonstrationen gegen | |
die Asylpolitik. Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt bezeichnete ihre | |
Aktionen in seinen Verfassungsschutzberichten als „beispiellos“. | |
Konservative Politiker und rechte Medien nutzen Liebichs offensichtlichen | |
Missbrauch des Selbstbestimmungsgesetzes, um ihre [5][queerfeindlichen | |
Positionen] zu untermauern. So nannte die CSU-Bundestagsvizepräsidentin | |
Andrea Lindholz gegenüber der Welt das Gesetz einen „großen Fehler“. Erst | |
am Montag wies das Landgericht Berlin eine Klage Liebichs gegen den | |
Nius-Chefredakteur Julian Reichelt ab. Dieser hatte getwittert: „Sven | |
Liebich ist keine Frau.“ Das Gericht wertete dies als zulässige | |
Meinungsäußerung. | |
Ob Liebich tatsächlich ins Frauengefängnis kommt, ist noch unklar. Die | |
Entscheidung liege bei der Gefängnisleitung und hänge von einem | |
Aufnahmegespräch ab, erklärte die JVA Chemnitz. | |
20 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Marvin Kalwa | |
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