| # taz.de -- Rassismus im Fußball: Lok steht leider noch auf dem rechten Gleis | |
| > Der rassistische Vorfall um den Schalker Christopher Antwi-Adjei ist | |
| > keine große Sache? Moment! Doch, ist sie. | |
| Bild: Keine gute Tradition: Fankurve von Lok Leipzig am 17. August 2025 | |
| Es lief die 13. Minute im Spiel [1][Lok Leipzig gegen Schalke 04], erste | |
| Runde DFB-Pokal, als Christopher Antwi-Adjei zum Einwurf schritt, kurz | |
| stutzte und sich dem Linienrichter zuwandte. Daraufhin unterbrach | |
| Schiedsrichter Max Burda die Partie und besprach sich mit den beiden | |
| Kapitänen: Christopher Antwi-Adjei war von den Rängen rassistisch beleidigt | |
| worden. Er selbst sagte hinterher: „Ich wollte aus der Geschichte nichts | |
| Großes machen, aber tolerieren wollte ich es auch nicht.“ Wer dann | |
| tatsächlich etwas Großes daraus machte, war das Leipziger Publikum: Für den | |
| Rest des Spiels wurde Christopher Antwi-Adjei bei jeder Ballberührung | |
| ausgepfiffen. | |
| Wer auch keine große Sache daraus machen wollte, war Lok Leipzig selbst. | |
| [2][Pressesprecher Carsten Machulle] verfiel während eines | |
| Halbzeit-Interviews in die „Nix genaues weiß man nicht“- Masche: „Wir ha… | |
| einen Mitarbeiter, der ist Rollstuhlfahrer, der sitzt genau oder fast an | |
| der Stelle, wo der Spieler gestanden hat. Der hat nichts gehört. Auch der | |
| Linienrichter, der ja bei dem Einwurf logischerweise in der Nähe steht, hat | |
| wohl auch nichts gehört.“ | |
| Es wäre zu einfach zu sagen, dass bei Lok Leipzig allgemein eine Kultur des | |
| Wegsehens herrscht. Es gibt sicher immer wieder Initiativen und auch | |
| engagierte Einzelpersonen, die sich gegen Nazis stellen. Bei Lok Leipzig | |
| aber haben sich rechtsextreme Kräfte derart in die Identität des Clubs | |
| gefräst, dass es schwierig wird, sich eine Kehrtwende vorstellen zu können. | |
| Das beginnt zu DDR-Zeiten: Seit dem Angriff auf Fans von Chemie Leipzig | |
| 1983 gilt Lok als der härtere, brutalere Club, und hat damit ein | |
| entsprechendes Klientel angezogen. Nach der Wende wurde der Schlachtruf | |
| „Wir sind Lokisten – Mörder und Faschisten“ zum Erkennungszeichen. | |
| Lok Leipzig, das zwischenzeitlich VfB Leipzig geheißen hatte, ging 2004 | |
| bankrott und wurde von den Fans neu gegründet. Eines der | |
| Gründungsmitglieder war Nils Larisch, der auch das Leipziger NPD-Zentrum | |
| leitete. Ausgeschlossen wurde er erst 2007, durfte aber vor Heimspielen am | |
| Eingang Werbung für die NPD machen. Als 2006 Fans auf den Stadionrängen ein | |
| menschliches Hakenkreuz bildeten, sagte der damalige 1. Vorsitzende und | |
| Ex-Hool Steffen Kubald: „Die wollten das Präsidium ärgern. Und nur mit viel | |
| Fantasie ist da ein Hakenkreuz zu erkennen.“ | |
| ## Lange Liste | |
| Die Liste der Skandale um rechtsextreme Interventionen bei Lok ist lang und | |
| ließe sich beliebig fortsetzen. 2018 entließ der Verein zwei Jugendtrainer, | |
| weil einer der beiden die B-Juniorenmannschaft für ein Foto dazu gebracht | |
| hatte, mit dem Hitlergruß zu posieren. | |
| Innerhalb der Fanszene und auch innerhalb des Vereins gibt es zwar durchaus | |
| Bestrebungen, die Nazis loszuwerden, aber die Grundstimmung bleibt | |
| chauvinistisch und rassistisch. Noch viel deutlicher als die Beleidigung | |
| Christopher Anti-Adwejs zeigt sich das in den anschließenden Pfiffen gegen | |
| ihn. Schalke-Trainer Miron Muslic hat das im Anschluss ganz gut | |
| zusammengefasst: „Ich glaube, das ganze Stadion hatte ein Gefühl dafür, was | |
| passiert ist. Trotzdem pfeift das Stadion. Das ist dann keine Einzelperson. | |
| Das will ich klarstellen. Das ist das Allerletzte.“ | |
| Lok Leipzig hat immerhin nach der Partie ein kleines bisschen Rückgrat | |
| wiedergefunden und sich über die offiziellen Kanäle bei Christopher | |
| Anti-Adwej entschuldigt; allerdings auch da die Ausfahrt „bedauerlicher | |
| Einzelfall“ genommen: „Diese eine Stimme“, so heißt es im Statement, | |
| „[3][hat einen Schatten auf einen sonst wundervollen Fußballnachmittag | |
| geworfen.]“ Ganz so, als hätte es die vielen Pfiffe im Anschluss nicht | |
| gegeben. Das grenzt an Realitätsverleugnung. Und wer das Problem nicht | |
| erkennt, wird es auch nicht bekämpfen können – sofern er es überhaupt | |
| bekämpfen will. | |
| 20 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rassismus-im-Fussball/!6108235 | |
| [2] https://www.youtube.com/watch?v=FLKkgyKwUYo | |
| [3] https://lok-leipzig.com/news/detail/lok-hat-keen-bock-auf-rassismus | |
| ## AUTOREN | |
| Frédéric Valin | |
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