# taz.de -- Unreformierbare Fußball-Regionalliga: Sammelbecken aller Ärgernis… | |
> Warum können Meister wie Lok Leipzig nicht aufsteigen? Das Saisonende der | |
> Regionalligen befeuert eine alte Debatte. Die Probleme sind | |
> vielschichtiger. | |
Bild: Sehen so Meister aus? Regionalliga-Primus Lok Leipzig scheitert in der Re… | |
Sonntag, vier Uhr, eine Pfeife dröhnt durch das Wilhelm-Langrehr-Stadion in | |
Havelse. Abpfiff. Die Männer in den blauen Trikots stehen wie versteinert | |
auf dem Platz. Sie wissen, dass es selbst dieses Mal nicht gereicht hat mit | |
dem Aufstieg in die dritte Liga. Dabei waren sie, die Spieler von Lok | |
Leipzig, doch Meister ihrer Regionalligastaffel Nordost geworden. | |
Seit 2013 ist es möglich, Meister zu werden, um am Ende doch nicht | |
aufzusteigen. Seitdem ist die Regionalliga fünf- statt dreigliedrig. Weil | |
aus der dritten Liga nur vier Teams absteigen, können auch nur vier andere | |
ihre Plätze einnehmen. Um den verbleibenden Platz müssen seither zwei | |
Regionalligameister in einer Aufstiegsrunde spielen. | |
In diesem Jahr waren es die Erstplatzierten aus der Nordstaffel, [1][der | |
TSV Havelse], und aus dem Nordosten, Lok Leipzig. Bereits vor dem Rückspiel | |
am Sonntag, das Havelse 3:0 nach Verlängerung gewann, waren die | |
Diskussionen um eine Reform der Regionalligen lauter geworden. Denn dieses | |
Ergebnis ist nur Teil eines größeren Problems. Die fünf Regionalligen sind | |
ein Sammelbecken für fast alle Ärgernisse, die der moderne Fußball mit sich | |
bringt. Wenn die Fans von Lok Leipzig im Havelser Auswärtsblock kurz vor | |
Abpfiff und uneinholbar in Rückstand also „ihr macht unsern Sport kaputt“ | |
singen, dann meinen sie ein System, das aus ihrer Sicht für eine Vielzahl | |
von Problemen verantwortlich ist. | |
„Meister müssen aufsteigen.“ Diese häufig formulierte Forderung klingt ja | |
vernünftig. Dass eine Lösung nicht einfach ist, zeigen aber schon die | |
einstigen Gründe für die Einführung des fünfgliedrigen Systems. | |
## Crowdfunding für den Aufstieg | |
Auf der einen Seite stehen nämlich Vereine, die ganz dringend in die dritte | |
Liga aufsteigen wollen und die sich von den fünf Staffeln höhere Chancen | |
dafür erhofft hatten. | |
Das erfordert nicht nur eine hohe sportliche Wettbewerbsfähigkeit, wie das | |
Beispiel Leipzig zeigt. Um im Falle des Aufstiegs die Auflagen der dritten | |
Liga zu erfüllen, musste der Verein schon vorher investieren, rund | |
zweieinhalb Millionen Euro. Sogar ein Crowdfunding startete der Verein, mit | |
dem Motto „Alles oder nichts“. Nun ist es nichts geworden. | |
Auf der anderen Seite gibt es wiederum Vereine, die froh sind, überhaupt in | |
der Regionalliga dabei zu sein. Für sie ist allein die Teilnahme eine | |
riesige finanzielle Herausforderung und so wollen sie sparen, wo es nur | |
geht. Zum Beispiel Reisekosten, die bei mehr Regionalstaffeln niedriger | |
ausfallen. | |
So üben selbst die Klubverantwortlichen, die eigentlich für Reformpläne | |
sind, Kritik. Zum Beispiel Christian Hock, Geschäftsführer [2][der | |
Offenbacher Kickers], der gegenüber der ARD-„Sportschau“ sagte, dass es | |
„eine wahnwitzige Idee“ sei, den Landesverband Hessen in den Nordosten zu | |
integrieren, wie es aktuelle Reformpläne des Zusammenschlusses | |
Aufstiegsreform 2025 vorsehen. Eine Frist, bis wann sie umgesetzt sein | |
sollen, gibt es übrigens nicht. | |
Ihren Ruf, für die einen zu klein und die anderen zu groß zu sein, hatte | |
die Regionalliga nicht immer. Vielmehr war sie einmal ein Treffpunkt für | |
alte Traditionsvereine. Vor allem im Westen des Landes. | |
So ist es nicht lange her, dass in der Regionalstaffel West Vereine wie | |
Preußen Münster, Rot-Weiß Essen und Alemannia Aachen gegeneinander | |
spielten. Sie sind inzwischen aufgestiegen, wie zuletzt auch der MSV | |
Duisburg. Noch dabei sind Ex-Bundesligisten wie der Wuppertaler SV und der | |
KFC Uerdingen. | |
[3][Vor allem Uerdingen ist aber ein Beispiel dafür,] dass die Liga heute | |
statt für Charme für Existenzängste steht. Der Verein musste sich kurz vor | |
Saisonende insolvent vom Spielbetrieb abmelden. | |
Neben Uerdingen musste in der Westliga auch Türkspor Dortmund kapitulieren. | |
Ein Investorenverein, der für einen andern Typus Regionalliga-Mannschaft | |
steht. Ein Investor bezahlt einem kleinen Verein erst mal alles, um den | |
Durchmarsch in den Profifußball voranzutreiben. Das geht meist eine Weile | |
gut. Wenn die Entwicklung ins Stocken gerät, wird der Geldhahn aber | |
abgedreht. | |
Das ist nicht nur für die betroffenen Vereine verheerend. Wenn sich ein | |
Verein vom Spielbetrieb zurückziehen muss, zählen auch die gespielten | |
Partien nicht mehr und die Vereine, die gegen die abgemeldeten Mannschaften | |
gepunktet haben, bekommen ihre Zähler abgezogen. Das verzerrt den | |
sportlichen Wettbewerb. | |
Reformunwillige, unbewegliche Verbände, immer mehr Spiele, die keiner will, | |
vor sich hinsterbende Traditionsvereine, windige Investorenprojekte und | |
die ewige Frage nach dem Kommerz – das alles kennen auch Fans der höheren | |
Ligen. Und das ist kein Zufall, denn diese Welten hängen direkt miteinander | |
zusammen. In der Regionalliga verdichten sich die Probleme nur auf | |
besonders fatale und frustrierende Weise. | |
3 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Adrian Breitling | |
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