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# taz.de -- Sprung aus dem Amateurfußball: Reif für den Profifußball – bis…
> Nach vier Jahren steht der TSV Havelse erneut vor dem Aufstieg in die
> dritte Fußball-Liga. Doch wenn das gelingt: Wo soll der Dorfklub dann
> spielen?
Bild: Schon vor vier Jahren gegen Schweinfurt hat der TSV Havelse den Aufstieg …
Hannover taz | Die gesamte Haupttribüne wirkt wie ein bröckelndes Kuriosum.
Wenn die Spieler des TSV Havelse im heimischen Wilhelm-Langrehr-Stadion
einlaufen, dient eine Art klappriger Vorhang als Sichtschutz. Als
Begrenzung zwischen den Zuschauern und dem Durchgang zum Spielfeld kommt
ein Stück Gartenzaun zum Einsatz.
Wer sich ein Heimspiel dieses Regionalligisten ansieht, erlebt neben
sehenswertem Fußball eine ganz besondere Kulisse. Und genau daran stören
sich die Statuten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Wenn der TSV Havelse
in Kürze als Meister der vierthöchsten Spielklasse in die
Aufstiegsrelegation startet, begleitet ihn der Makel, nicht in allen
Belangen gut genug für die nächste Liga zu sein.
Eigentlich ist das wunderbar. Unter der in die Jahre gekommenen Tribüne
riecht es nach einer Melange aus Schweiß, Massageöl und Bratwurst. Wenn
sich TSV-Trainer Samir Ferchichi über etwas verbal ärgert oder lustig
macht, hören die Zuschauer nahezu jedes Wort von ihm.
Auf dem erhofften Weg in die 3. Liga und damit in eine schon sehr
professionelle Spielklasse präsentieren sich die Havelser in vielen
Belangen [1][als Gegenentwurf zum etablierten Fußball.] In der Saison
1990/91 hatte es der ambitionierte Verein aus Garbsen in der Region
Hannover sogar schon einmal bis in die 2. Bundesliga geschafft.
## Hohe Anforderungen ans Stadion
Damals waren [2][Dorfklubs mit authentischen Rahmenbedingungen] im
gehobenen Fußball noch geduldet. Mittlerweile gibt es exakte Vorschriften
darüber, wie groß ein Drittliga-Stadion sein muss, über wie viel Lux die
Fluchtlichtanlage verfügen soll und dass es eine Rasenheizung geben muss.
All das ist dem TSV Havelse in seinem Stadion ohne millionenschweren Umbau
nicht möglich.
Was genau treibt einen eher kleinen Verein an, sich mit den Großen der
Branche messen zu wollen? „Ich glaube, die Region Hannover verträgt zwei
Klubs im Profifußball“, hat Florian Riedel dem Kicker gesagt. Der ehemalige
Profi ist Sportdirektor des Vereins und gleichzeitig Spieler.
Ihm dürfte bewusst sein, dass der TSV Havelse immer eine ländliche
Alternative zum großen Nachbarn Hannover 96 bleiben wird. Aber es ist
beeindruckend, mit welcher Souveränität sich seine Mannschaft die
Meisterschaft in der Regionalliga Nord vorzeitig gesichert hat. Als nächste
Aufgabe warten am 28. Mai und 1. Juni zwei Relegationsspiele – gegen Lok
Leipzig als Meister der Regionalliga Nordost.
Das ist dieses Nadelöhr, durch das sich der TSV Havelse zwängen muss, um
wie schon 2021 die 3. Liga zu erreichen. Sie wollen da unbedingt wieder
durch.
## Null-Toleranz-Politik gegenüber Diskriminierung
Es wäre unfair, den TSV Havelse vor allem anhand seines in die Jahre
gekommenen Stadions und der dörflich geprägten Atmosphäre zu beurteilen.
Der Verein um den Vorsitzenden Daniel Wolter folgt einem klaren Plan:
starker Fokus auf sehr ehrgeizige Nachwuchsarbeit, Null-Toleranz-Politik
gegenüber jeder Form von Diskriminierung plus nachhaltiges Handeln auf
sowie neben dem Platz: Vom Leitbild des TSV Havelse kann sich so mancher
Mittelständler in der freien Wirtschaft eine dicke Scheibe abschneiden.
Wenn der Verein unter dem Claim „Mission Profifußball“ für seine Vorteile
wirbt, dann stellt er potenziellen Sponsoren „mehr Reichweite, mehr
Sichtbarkeit und mehr Erfolg“ in Aussicht. Bisher unterstützen ihn die
üblichen Verdächtigen wie lokale Banken und ein Energieversorger vor Ort.
Sie nutzen eine Bühne, auf der mit kleinen Mitteln durchaus Großes bewirkt
wird.
## Heimspiele im Stadion von Hannover 96
Noch ist der Aufstieg in die 3. Liga gar nicht geschafft. Und noch wird
hinter den Kulissen darum gekämpft, in welchem Stadion der TSV Havelse in
der nächsthöheren Liga antreten dürfte. Bei seinem letzten Ausflug in die
3. Liga vor drei Jahren waren Mannschaft und Fans dank einer
Ausnahmegenehmigung für die Heimspiele in das 49.000 Zuschauer fassende
Stadion von [3][Hannover 96] ausgewichen. Sie haben dort Heimspiele mit
wenig Stimmung, Erfolg und Umsatz ausgerichtet.
Die Statuten des DFB wirken für einen Verein wie den 1912 gegründeten TSV
wie ein Abwehrbollwerk auf dem Weg nach oben. Entsprechend eindringlich ist
ein Informationspapier formuliert, mit dem die Havelser
Vereinsverantwortlichkeiten die lokale Politik sensibilisieren wollen.
„Was hilft die besten Tabellen-Platzierung, wenn man am Ende der Saison
nicht aufsteigen kann, um gegen die besten Mannschaften aus ganz
Deutschland antreten zu können oder im Falle einer Teilnahme am DFB-Pokal
attraktive Gegner wie der FC Bayern nicht nach Garbsen kommen?“, heißt es
in dem höflich formulierten Bettelbrief. Er wirbt für die Modernisierung
eines Stadions, an dessen Fundament am 1. Juni beim Aufstiegs-Rückspiel
gegen Lok Leipzig mit vielen Gästefans tüchtig gerüttelt werden wird.
25 May 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Christian Otto
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