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# taz.de -- Ambitionierter Hamburger Fußballclub: Auf Durchmarsch folgt Absturz
> Hamburgs Nummer 3 im Profifußball wollte Teutonia Ottensen werden. Nun
> dümpelt der kritisch beäugte Verein in der viertklassigen Regionalliga.
Bild: Teutonias Heimatplatz an der Ottenser Kreuzkirche: stabiler Stadtteil- od…
Dass ein Trainer in der Mitte der Winterpause rausgeschmissen wird, ist im
Fußball eine Seltenheit. Schließlich hat da schon die Vorbereitung zur
Rückrunde begonnen; die Analyse, was in der Hinrunde gut oder schlecht
lief, sollte auch längst abgeschlossen sein. Und gegebenenfalls hat der
Klub auch schon die Wünsche des Trainers nach Verstärkung erfüllt, mit der
die Rest-Saison einen besseren Verlauf nehmen soll. Oder eben: Eine
Trennung wurde bereits zu Beginn der Winterpause vollzogen, um dem
Nachfolger genug Zeit zur Einarbeitung zu geben.
In dieser Winterpause geht es beim Hamburger [1][Männer-Regionalligisten
Teutonia Ottensen] jedoch – mal wieder – drunter und drüber. Nach der
verkorksten Hinrunde, die den Klub in die Nähe der Abstiegsränge gebracht
hat, hat Teutonia erst vergangene Woche die Reißleine gezogen und sich nach
einem Testspiel von seinem Trainer Nabil Toumi getrennt.
Doch selbst wenn sich dadurch ein fußballerischer Umschwung in der
Rückrunde einstellen sollte, könnte dieser Winter das Ende eines
jahrelangen und mit viel Geld verfolgten Projekts einläuten, dessen Ziel
nicht erreicht wurde: der dritte Hamburger Klub im Profifußball zu werden.
## Rumdümpeln in den Niederungen des Amateurfußballs
Jahrzehntelang dümpelte der Stadtteilverein in den Niederungen des
Hamburger Amateurfußballs herum. Dem Aufstieg in die viertklassige
Regionalliga Nord 2020 ging der Einstieg des russischen Ölkonzerns Lukoil
als Sponsor voran. Spätestens mit dem Aufstieg wurden Stimmen lauter, die
Teutonia als eine mit Geld aufgepumpte Mannschaft betrachteten – der Klub
köderte ambitionierte Spieler konkurrierender Vereine, trainierte unter
Profibedingungen, forderte die Unterstützung zum Bau eines dritten Stadions
in Hamburg, das Profi-Fußballspiele zulassen würde.
„Wir wollen uns hinter dem HSV und dem FC St. Pauli als dritte Kraft im
Hamburger Fußball etablieren“, erklärte damals der maßgebliche Treiber des
Projekts, Geschäftsführer Liborio Mazzagatti. Und dafür solle der Verein
unbedingt den Sprung ins Profilager schaffen.
## Abstand zu den Aufstiegskonkurrenten wächst
Doch in bald drei Jahren Regionalliga wuchs der Abstand zu den
Aufstiegskonkurrenten immer weiter an. Nun steht Tuetonia in der
Regionalliga auf dem 13. Tabellenplatz, mit gerade mal fünf Punkten
Vorsprung auf den Tabellenletzten. Den Rauswurf des Cheftrainers vergangene
Woche gab der Verein in einer dürren Mitteilung bekannt: „Die Freistellung
ist das Ergebnis der Analyse des bisherigen Saisonverlaufs und der
bisherigen Eindrücke aus der Vorbereitung“, hieß es zur Begründung zum
Rauswurf des fünften Trainers in rund dreieinhalb Jahren.
Gegen das schlechte Image hilft auch nicht, dass Teutonia für eine ziemlich
vorbildliche Jugendarbeit steht: 31 Mannschaften unterhält der Klub, ist
damit eine feste soziale Institution im Stadtteil und [2][setzt sich aktiv
gegen Rassismus im Sport ein.] Und: Nach dem Beginn des russischen
Angriffskrieg auf die Ukraine trennte sich Teutonia vom Sponsor Lukoil.
Während der bisherige Ko-Trainer nun vorerst als Cheftrainer einspringt,
will sich der Verein zu einer mittleren – und vor allem langfristigen –
Zukunftsplanung nicht äußern. Fraglich ist, ob der Verein sich bis Ende
März überhaupt noch einmal für die Regionalliga melden will – oder nicht
besser den geordneten Rückzug in die Unterklassigkeit antritt.
Die Regionalliga ist zum einen schließlich kostspielig: Auf mehrere
hunderttausend Euro kommt der Saison-Etat eines Regionalligisten in der
Regel. Dagegen fließt, zweitens, kaum Geld in die reine Amateurliga hinein,
denn es [3][mangelt an Zuschauern wie an TV-Geldern.] Weil Teutonia auch
schon im Landespokal ausgeschieden ist, wird in der kommenden Saison nicht
einmal Geld durch die Teilnahme am DFB-Pokal eintrudeln.
Und drittens sollte die Regionalliga ja ohnehin nur eine Zwischenstation
auf dem Weg in den drittklassigen Profifußball sein – doch nach drei
misslungenen Anläufen dürfte auch in Ottensen die Erkenntnis reifen, dass
das auch in einer vierten Saison kaum zu erreichen sein wird. Warum sollte
der Verein sich dann also noch eine weitere kostspielige Saison antun?
26 Jan 2025
## LINKS
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## AUTOREN
André Zuschlag
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Hamburg
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Schwerpunkt Rassismus
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