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# taz.de -- Schwere Strafe für Courage: Rassismus-Eklat entscheidet Abstieg
> Der FC Teutonia wirft dem Bremer SV rassistische Beleidigung vor und
> verlässt den Platz. Der Verband wertet das Regionalligaspiel gegen die
> Hamburger.
Bild: Nicht erst seit Samstag engagiert gegen Rassismus: Kapitän Coffie (recht…
Hamburg taz | Nach dem Abbruch des Fußball-Regionalligaspiels zwischen dem
Bremer SV und dem FC Teutonia 05 Ottensen am Samstag hat der
[1][Norddeutsche Fußballverband] (NFV) zugunsten der Gastgeber entschieden:
Das Spiel wird mit 5:0 als Heimsieg für die Bremer gewertet – obwohl ein
Rassismusvorwurf gegen einen Bremer Spieler zum Spielabbruch geführt hat.
Das Team aus Hamburg reagiert entsetzt.
Kurz vor Ende der ersten Halbzeit wird am Samstag das letzte Saisonspiel
der Fußball-Regionalliga Nord unterbrochen, beim Stand von 1:2 für die
Hamburger Gäste: Marcus Coffie, Kapitän des FC Teutonia, wirft seinem
Bremer Gegenspieler Nikky Goguadze vor, ihn mit dem N-Wort rassistisch
beleidigt zu haben. Dieser versichert, dass es sich um ein Missverständnis
handele, so sein Verein später. Minutenlang steht das Spiel still, bis das
Team aus Hamburg schließlich geschlossen das Feld verlässt.
Nach Abbruch des Spiels war zunächst unklar, wie das Spiel gewertet werden
soll. Nun hat der NFV entschieden, das Spiel als Heimsieg für die Bremer zu
werten: Weder der Schiedsrichter noch seine Assistenten hätten die
vorgeworfene Beleidigung gehört und auch Videomaterial und Stellungnahmen
der Vereine hätten die Situation nicht abschließend klären können.
Auf dieser Grundlage werde der beschuldigte Spieler nicht bestraft und das
Spiel [2][zugunsten des Bremer SV gewertet]. Allgemein verurteile der
Verband Rassismus und Diskriminierung „auf das Schärfste“ – aber das Spi…
sei nicht vom Schiedsrichter, sondern „eigenmächtig“ vom FC Teutonia
abgebrochen worden. Im Urteil heißt es wörtlich: „Vorliegend stellt sich
jedoch die Frage, ob ein solcher Vorwurf es rechtfertigt, ein Spiel
abzubrechen oder dieses nicht fortzusetzen.“
## Plötzlich Chance auf Klassenerhalt
Für den FC Teutonia sei die Entscheidung des NFV ein „Schlag ins Gesicht“,
heißt es in einer Stellungnahme des Vereins: Das Team solidarisiert sich
mit Kapitän Coffie und kritisiert scharf, dass das Urteil und dessen
Begründung Rassismus verharmlose und toleriere.
[3][Der FC Teutonia habe keinerlei sportliche Motive für den Abbruch] des
Spieles gehabt, denn Tabellenplatz vier habe unabhängig vom Spielergebnis
festgestanden. Das Spiel wäre ihnen als Vorbereitung für das Hamburger
Pokalfinale am kommenden Samstag hingegen recht gewesen.
Anders der Bremer SV: Nur durch den Sieg am grünen Tisch haben die Bremer
noch eine Chance auf den Klassenerhalt – durch zwei Relegationsspiele gegen
den zweiten der Oberliga Niedersachsen, die USI Lupo Martini Wolfsburg. Die
zweite Mannschaft von Werder Bremen dagegen ist durch die Entscheidung
abgestiegen.
Die Entscheidung, den Platz als Team zu verlassen, sei eine „Konfrontation
derjenigen Probleme, die sich schlicht nicht auf einem Sportplatz lösen
lassen“, teilt der FC Teutonia auf seiner Website mit. Wenn Rassismus kein
Grund sei, ein Spiel abzubrechen, fragt Teutonias Pressesprecher Deniz
Ercin, „was wäre dann ein Grund?“
Auch Teutonias Kapitän Marcus Coffie, der dem Bremer Spieler die
rassistische Beleidigung vorwirft, hat sich inzwischen zu dem Vorfall
geäußert. Das Urteil zeige auf, so der Spieler, „dass wir ein riesengroßes
Problem in unserer Gesellschaft haben“. Nach zahllosen Kampagnen gegen
Rassismus im Fußball, müssen auch im konkreten Fall Grenzen aufgezeigt
werden. „Es reicht mit den leeren Worten.“
Die einzigen, die im Zusammenhang mit dem Spiel am Samstag ein Zeichen
gesetzt hätten, seien sein Team und er gewesen. Die sportliche Bedeutung
des Spiels für den Bremer SV sei ihm bewusst, aber er betont: „Es gibt
wichtigeres im Leben – und zwar das Leben selbst.“ Den Spielabbruch,
verortet er damit in einem größeren Kampf gegen Rassismus.
Der Bremer SV hat sich hingegen nur in zwei kurzen Stellungnahmen geäußert.
Darin heißt es, Der [4][Bremer SV, „der sich für Vielfalt und Toleranz
aktiv einsetzt“,] habe sich unverzüglich nach dem Spiel mit dem Fall
auseinandergesetzt. Dabei habe der betreffende Spieler „glaubhaft
versichert, dass er niemanden rassistisch beleidigt hat“.
Der Verein gebe Rassismus keinen Raum und nehme seine Aufgabe ernst, aktiv
gegen diesen vorzugehen. Wie dieser aktive Einsatz aussieht und inwiefern
der Vorfall weiter aufgearbeitet werden soll, wird nicht weiter ausgeführt.
30 May 2023
## LINKS
[1] /SV-Wilhelmshaven-im-Dauer-Rechtsstreit/!5498809
[2] /Regionalliga-Nord/!5889390
[3] /Nach-Trennung-von-Sponsor-Lukoil/!5838035
[4] https://www.bremer-sportverein.de/Seite/6185/Die-Stark-Bremen-Liga-gegen-Ra…
## AUTOREN
Selma Hornbacher-Schönleber
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Fußball
Regionalliga
Hamburg
Datenskandal
Ironman
Fußball und Politik
Homosexualität im Profisport
Fußball
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