| # taz.de -- Gewalt gegen Geflüchtetenunterkünfte: Fremd, jung, verdächtig | |
| > Im sächsischen Ellefeld leben 30 geflüchtete Jugendliche. Nach einer | |
| > Explosion vor ihrer Unterkunft und einem Angriff will die Gemeinde sie | |
| > loswerden. | |
| Bild: Ein Securitymitarbeiter droht, er werde „seine Freunde aus Chemnitz“ … | |
| Kutaiba F. verschränkt die Arme vor der Brust und sinkt tiefer in seinen | |
| Stuhl. Wenn Leute kommen und Fragen stellen, ist das normalerweise nichts | |
| Gutes, sagt er. Es ist Ende Juni und F., Kurzhaarschnitt, weiße Sneakers, | |
| sitzt im Gemeinschaftsraum einer Geflüchtetenunterkunft im sächsischen | |
| Ellefeld. Neben ihm auf der Couch drängen sich eng an eng die anderen | |
| Jungs, die hier noch wohnen. Vor zwei Jahren ist Kutaiba F. aus der | |
| syrischen Hauptstadt Damaskus nach Deutschland geflohen. Das Bundesamt für | |
| Migration und Flüchtlinge hat ihn ins Vogtland geschickt. Kutaiba F. sagt: | |
| „In Ellefeld sind alle Rassisten.“ | |
| Zweimal wird das Zuhause der Jugendlichen 2024 angegriffen: Im Juni | |
| explodiert ein Sprengkörper vor einem Fenster, im Dezember stürmen | |
| bewaffnete Männer die Unterkunft und schlagen auf die Minderjährigen ein. | |
| Seitdem wohnen hier weniger Jungs. Ein Teil der Unterkunft wird Ende Juni | |
| 2025 geschlossen – auch auf Wunsch des Gemeinderats. Für den sind die | |
| Jugendlichen selbst das Problem. | |
| Die Unterkunft liegt inmitten der dichten Wälder von Sachsen. Der Bus von | |
| Plauen fährt eine Stunde nach Ellefeld, eine kleinen Gemeinde mit 2.400 | |
| Einwohner*innen, einem Wurststand neben einem Zeitungskiosk und einem | |
| Vereinslokal neben dem Sportplatz. Das Anne-Katrin-Frank-Haus in der | |
| Bahnhofstraße wurde bis 2021 noch als Pflegeheim für Senior*innen | |
| genutzt und dann ab 2022 als Unterkunft für geflüchtete Jugendliche. Es ist | |
| ein schlichter grauer Bau, zwei Etagen. 30 Jugendliche leben hier in | |
| Wohngruppen, sie sind zwischen 12 und 17 Jahre alt. Betrieben wird die | |
| Einrichtung von der Diakonie. | |
| Kutaiba F. ist an diesem Donnerstag Ende Juni nur zu Besuch in Ellefeld. Er | |
| ist vor Kurzem ausgezogen, wohnt in einem Nachbarort. Sein Freund Hamza B., | |
| der wie F. aus Syrien geflohen ist, lebt noch hier. Kutaiba F. und Hamza B. | |
| heißen eigentlich anders, aber unter ihren echten Namen wollen sie nicht | |
| reden. Sie sagen, sie hätten auch so schon genug Ärger im Ort. | |
| ## Zu Beginn ist der Bürgermeister noch begeistert | |
| Auf die Frage, was sie in ihrer Freizeit machen, schauen sich beide an und | |
| zucken mit den Schultern. Die Angebote in Ellefeld sind überschaubar: Am | |
| Ortsausgang liegt auf der linken Seite ein sehr sauberer Park, einige Meter | |
| davor ein Sportplatz. Sie erzählen, dass sie da manchmal sind, aber dieses | |
| Manchmal scheint einigen im Dorf zu viel zu sein: In der | |
| Gemeinderatssitzung von Ellefeld schlägt eine Frau im Februar 2025 vor, die | |
| Öffnungszeiten des Sportplatzes für die Jugendlichen der Unterkunft zu | |
| beschränken. „Die Gemeindeverwaltung wird prüfen, ob in diesem Ortsbereich | |
| eine Einschränkung der Öffnungszeiten möglich ist“, steht im Protokoll der | |
| Sitzung. | |
| An diesem Donnerstag Ende Juni sitzt die Heimleiterin Sandra Nützel in | |
| ihrem Büro in der Unterkunft. Ihre Tür steht offen, wenn sie mit | |
| Kolleg*innen spricht. Sie lächelt viel, wenn sie redet, sie bietet | |
| mehrmals Kaffee an. Und sie unterbricht ihre eigene Erzählung immer wieder, | |
| um die Jugendlichen ihrer Einrichtung zu verteidigen. Sie sagt: „Wir hatten | |
| in Ellefeld von Anfang an keine Chance. Die Situation für die Jugendlichen | |
| ist hier im Dorf echt nicht einfach.“ | |
| Anfang 2024 ist Bürgermeister Jörg Kerber noch begeistert von Sandra | |
| Nützel. Sie leiste bewundernswerte Arbeit, sagt er in der | |
| Gemeinderatssitzung im Februar. Seine Aussagen sind in den Protokollen der | |
| Sitzungen des Gemeinderats festgehalten, die öffentlich einsehbar sind. Mit | |
| der taz spricht der parteilose Bürgermeister nicht, lässt mehrere E-E-Mails | |
| unbeantwortet. Als das Landratsamt ihn um Antwort bittet, schreibt Kerber, | |
| die Ereignisse lägen weit zurück, er habe nichts mehr hinzuzufügen. Auch | |
| die Gemeindeverwaltung Ellefeld antwortet nicht auf taz-Anfragen. | |
| Anfang 2024 diskutiert der Gemeinderat laut Protokoll jedenfalls noch, wie | |
| sich die Situation der Jugendlichen verbessern ließe: „Brücken sollten | |
| gebaut werden“, sagt ein Gemeinderatsmitglied im Februar, zwischen der | |
| Ortsgemeinschaft und den Jugendlichen. | |
| Schon damals sehen einige in Ellefeld das anders: Auf Sandra Nützels | |
| Autoheckscheibe habe kurze Zeit nach der Sitzung ein Zettel mit der | |
| Aufschrift „Asylschlampe“ geklebt, erzählt die Heimleiterin. Ein anderes | |
| Mal habe ein Neonazi an der Tür der Unterkunft geklingelt, nur um zu sagen, | |
| er würde ihr „die Bude anzünden.“ | |
| Nützel sagt, dass es durchaus Probleme in der Unterkunft gegeben habe. | |
| Einige Jugendliche hätten Stress gemacht, es ging um Kleinkriminalität. Ein | |
| Jugendlicher stand wegen Diebstahls vor Gericht. Details nennt Nützel | |
| nicht, das sei mit dem Jugendstrafrecht nicht vereinbar. | |
| Die Polizeidirektion Zwickau schreibt in einer E-Mail, es gehe um | |
| Sachbeschädigung, Handtaschenraub und Einbruchsdiebstahl. Insgesamt rechne | |
| man den Jugendlichen in der Zeit von Januar 2023 bis zum Juni 2025 38 | |
| Straftaten zu, 5 davon in Ellefeld. Gegen 4 Jugendliche und 1 Kind habe es | |
| Ermittlungen gegeben. „In Anbetracht der Tatsache, dass das Heim mit | |
| zeitweise über 30 Bewohnern belegt war, kann nicht bestätigt werden, dass | |
| sich in der Unterkunft mehrheitlich straffällige Kinder und Jugendliche | |
| aufhalten“, schreibt die Polizeidirektion Zwickau weiter. | |
| „Teilweise waren wir als Betreuerinnen auch überfordert“, sagt Sandra | |
| Nützel. Acht Betreuer*innen sind für die 30 Jugendlichen zuständig. | |
| „Aber wie die Gemeinde seit den Angriffen mit uns umgeht, das geht gar | |
| nicht“, sagt die Heimleiterin. | |
| In der Nacht des 13. Juni 2024 explodiert ein Sprengkörper, den jemand von | |
| außen an einer Fensterscheibe der Unterkunft angebracht hat. Die Wucht der | |
| Explosion zerstört das Fenster im Erdgeschoss und streut die Glassplitter | |
| in den Raum, in dem ein Jugendlicher schläft. Er bleibt unverletzt. Einige | |
| Jungs, die in der Unterkunft wohnen, sagen, sie hätten eine junge Person | |
| wegrennen sehen. Das Landeskriminalamt Sachsen nimmt die Ermittlungen auf | |
| und übergibt sie anschließend der Staatsanwaltschaft Zwickau. Die hat das | |
| Verfahren laut eigener Auskunft nach drei Monaten Anfang November | |
| eingestellt, ohne Ergebnis. | |
| Ein halbes Jahr nach dem ersten Anschlag, am 1. Dezember 2024, stürmen | |
| bewaffnete Männer die Unterkunft und verletzen mehrere Jugendliche. Dass es | |
| diesen zweiten Angriff gibt, ist aus den öffentlichen Polizeiberichten | |
| nicht ersichtlich. In den Meldungen, die die Polizeidirektion Zwickau auf | |
| ihrer Website veröffentlicht, ist zwischen „Container aufgebrochen“ und | |
| „Parkscheinautomat beschädigt“ keine Information über die Attacke zu | |
| finden. Aber im Ellefelder Gemeinderatsprotokoll steht, wie ein | |
| Revierleiter der Polizei im Januar 2025 davon berichtet: „Eine Schlägerei | |
| mit 20 Beteiligten, die nicht von der Einrichtung ausging, wurde als | |
| Landfriedensbruch klassifiziert.“ | |
| Sandra Nützel und Hamza B. erzählen die Geschichte ausführlicher: Ein | |
| Mitarbeiter der Securityfirma, die die Unterkunft bewacht, habe einen | |
| Jugendlichen abtasten wollen. Der weigert sich. Daraufhin habe der | |
| Securitymitarbeiter angekündigt, dass er „seine Freunde aus Chemnitz holt“, | |
| sagt Leiterin Sandra Nützel. Zwei Stunden später seien etwa 20 Männer | |
| aufgetaucht und in das untere Geschoss des Anne-Katrin-Frank-Hauses | |
| eingedrungen. Mit Eisenstangen und Holzlatten bewaffnet, hätten sie auf die | |
| Minderjährigen eingeschlagen. Hamza B. zeigt ein Video von diesem Abend. | |
| Zehn Sekunden verwackelte Bilder, Schreie. Hamza B. sagt, er sei im zweiten | |
| Stockwerk gewesen, als es unter ihm laut wurde: „Ich habe einen Besen | |
| genommen und bin runter gerannt. Ich hab versucht, den anderen zu helfen.“ | |
| Er erzählt, dass seine Mitbewohner im Erdgeschoss nach Tellern und Tassen | |
| greifen, um sich zu wehren. Nach etwa einer Viertelstunde lassen die Männer | |
| von den Jungs ab und fliehen aus dem Haus, auch weil die Betreuer*innen | |
| die Polizei rufen. Drei Jungs aus der Einrichtung kommen nach dem Angriff | |
| ins Krankenhaus, erzählt Nützel. Sie hat ärztliche Papiere, die die | |
| Verletzungen dokumentieren. Der Junge, der sich nicht abtasten lassen | |
| wollte, hat nach dem Angriff eine schwere Gehirnerschütterung, die anderen | |
| blaue Flecken, Schnittwunden und Striemen. | |
| „Wir sind am nächsten Tag nicht in die Schule nach Chemnitz gefahren“, | |
| erzählt Hamza B. „Die Angreifer kamen von da.“ Nützel erzählt, dass die | |
| Polizei nach dem Überfall verstärkt vor der Unterkunft Streife fährt, weil | |
| die Männer gedroht haben, wiederzukommen. | |
| Daniel B., dessen Firma mit dem Schutz des Anne-Katrin-Frank-Hauses | |
| beauftragt wurde, möchte nicht über den Angriff sprechen. Er verweist am | |
| Telefon auf die Polizei. Er sagt, dass der Securitymitarbeiter, der die | |
| Angreifer in die Unterkunft ließ, nicht bei ihm angestellt gewesen sei: | |
| „Das war ’ne Firma in Chemnitz oder Leipzig.“ | |
| Die Ermittlungen der Polizei zu dem Überfall laufen noch. Daher könne man | |
| zum Tathergang keine Aussagen treffen, schreibt die Pressestelle der | |
| Polizei Zwickau. Und weiter: „Es wurde eine Gruppe von ca. acht Personen | |
| als tatverdächtig ermittelt.“ Darunter auch der Securitymitarbeiter. | |
| Die Attacken in Ellefeld reihen sich in die deutschlandweit 255 Angriffe | |
| auf Geflüchtetenunterkünfte im Jahr 2024 ein – so viele wie seit 2017 nicht | |
| mehr. Die Dunkelziffer ist vermutlich höher. In der Region um Plauen ist | |
| seit Mitte 2024 die Gruppe Vogtland Revolte aktiv. Der sächsische | |
| Verfassungsschutz dokumentiert die Aktivitäten der Gruppe, der Plauener | |
| Demokratieverein Colorido e. V. schreibt, die Anhänger der Vogtland Revolte | |
| seien „mitunter schon länger in der Neonazi-Szene aktiv“. Der Verein | |
| dokumentiert seit 2024 mit der Seite Vogtlandspectrum rassistische, | |
| rechtsmotivierte und antisemitische Vorfälle. Plauen ist durch den Zuzug | |
| mehrerer rechtsextremer Familien in den vergangenen zehn Jahren relevanter | |
| für die Szene geworden. | |
| In den Protokollen des Ellefelder Gemeinderates ist nachzuvollziehen, wie | |
| sich der Ton im Ort nach den Anschlägen verändert. Vier Tage nach dem | |
| Überfall im Dezember kommt der Gemeinderat zu seiner monatlichen Sitzung | |
| zusammen. Eineinhalb Stunden beraten sich die 13 Gemeinderäte, es geht um | |
| den Ellefelder Bürgerpreis für besonderes Engagement und geplante | |
| Baustellen. Erst ganz am Ende kommt der Bürgermeister auf die | |
| Geflüchtetenunterkunft zu sprechen. Er berichtet aber nicht von dem | |
| brutalen Angriff. Ihm geht es um die 3 bis 4 „Störer“ unter den | |
| Jugendlichen. | |
| Der Bürgermeister sieht es als „dringend notwendig“ an, die „Störer“ … | |
| der „Einrichtung zu entfernen“, so steht es im Protokoll. Die Nachbarn der | |
| Einrichtung seien „sehr besorgt“, der Bürgermeister stehe mit ihnen in | |
| engem Kontakt und fühle sich „verpflichtet, eine Änderung der inakzeptablen | |
| Situation herbeizuführen“. | |
| ## Im Gemeinderat wollen sie die Schließung der Unterkunft | |
| Aus demselben Protokoll geht außerdem hervor, dass Bürgermeister Jörg | |
| Kerber bereits im November 2024 beim Landratsamt vorgesprochen hat und die | |
| Schließung der Unterkunft fordert, „sollte sich die Lage nicht verbessern.“ | |
| Am 26. Februar 2025 hält ein Bürger in der Gemeinderatssitzung einen | |
| Vortrag über die „Sicherheitslage für unsere Kinder in Ellefeld“. Darin | |
| geht es nicht um die Jugendlichen der Unterkunft, sondern die deutschen | |
| Kinder, die von den sogenannten Störern belästigt würden. | |
| Ein Gemeinderatsmitglied betont in dieser Sitzung, „dass das Ziel der | |
| Schließung der Einrichtung weiter Priorität hat“. | |
| Bürgermeister und Gemeinde wollen nicht reden, aber das zuständige | |
| Landratsamt erklärt sich zu einem Gespräch bereit. Axel Steinbach ist | |
| stellvertretender Landrat im Vogtlandkreis. Er beschreibt die Angriffe auf | |
| Hamza B. und seine Mitbewohner in Ellefeld als Einzelfälle. In der | |
| Unterkunft hätten sich Spannungen unter den Jugendlichen entwickelt. „In | |
| meiner Wahrnehmung wurde der Vorfall im Dezember durch | |
| Nationalitätenkonflikte mit getriggert“, sagt Steinbach. Der | |
| Securitymitarbeiter, der den Angriff angestoßen haben soll, stammt aus | |
| Tschetschenien. | |
| Steinbach sorgt sich um das Image der Gemeinde und nimmt den Bürgermeister | |
| in Schutz. „Ich teile in keinster Weise den Eindruck, dass die Jugendlichen | |
| in Ellefeld nicht gut aufgenommen werden“, sagt der stellvertretende | |
| Landrat. Die Gemeinde habe von Anfang an großes Interesse gezeigt, die | |
| Jugendlichen in ihre Obhut zu nehmen. | |
| Dem widerspricht Sandra Nützel: „Da kamen super motivierte Jungs, die | |
| wollten in die Schule gehen, durften aber nicht“, sagt sie. Das Meldeamt in | |
| Ellefeld habe die Anmeldungen der Jugendlichen verzögert. Ohne die | |
| Meldebescheinigung stellte die Ausländerbehörde aber keinen | |
| Aufenthaltstitel aus und ohne den Titel konnten die Jungs nicht für die | |
| Schule angemeldet werden. | |
| Nur 2 von 36 Jugendlichen sind Anfang 2024 in die Schule gegangen, sagt | |
| Nützel. Die Betreuer*innen hätten dann selbstständig Unterricht in der | |
| Unterkunft organisiert. Im Gemeinderat sagt der Bürgermeister damals, es | |
| gebe keine Schulplätze für die Jugendlichen. | |
| ## Deutsche Kinder dürfen nicht gestreichelt werden | |
| Der stellvertretende Landrat Axel Steinbach sagt, die langen Wartezeiten | |
| seien auf bürokratische Hürden zurückzuführen. „Es kann ja sein, dass die | |
| Jugendlichen die Wahrnehmung haben, sie wären nicht genug betreut“, sagt | |
| Steinbach. Er sei gerne bereit, mit den Jugendlichen direkt ins Gespräch zu | |
| gehen. | |
| Hamza B. sagt im Juni in Ellefeld, er hätte sich gefreut, „wenn mal jemand | |
| gekommen wäre und gefragt hätte, was wir brauchen.“ Er kann seit Herbst | |
| 2024 zwar zur Schule gehen, aber seit dem Angriff im vergangenen Dezember | |
| bleibt er zu Hause. Er müsste nach Chemnitz fahren. Genau wie sein Freund | |
| Kutaiba F. traut er sich aber nicht mehr in den Bus. „Ja, wir haben Angst“ | |
| sagt Hamza B. Auch davor, dass er in Plauen Stress bekommt, der | |
| nächstgrößeren Stadt. Also bleibt er lieber im Wohnheim. Psychologische | |
| Betreuung haben die Jugendlichen nach den Angriffen nicht bekommen. | |
| Sandra Nützel sieht den Schock, den die Gewalt bei Hamza B. und den anderen | |
| ausgelöst hat. „Diese Männer sind in ihr Zuhause eingedrungen. Sie wurden | |
| angegriffen von Menschen, die sie eigentlich schützen sollen“, sagt Nützel. | |
| Und die Angriffe sind nicht alles, die kleinen Feindseligkeiten des Alltags | |
| gibt es ja auch noch. Nützel erzählt, wie ein Familienvater einem Jungen | |
| aus der Unterkunft hinterher gerannt sei und mit Schlägen gedroht habe, | |
| sollte der seinem Kind noch mal über den Kopf streicheln. „Da wurde ein | |
| Riesenfass aufgemacht und da frage ich mich, wäre das bei einem deutschen | |
| Jungen auch passiert?“, sagt Nützel. „Die Jungs vermissen halt ihre | |
| Familien ohne Ende“, fügt sie hinzu. „Die kleinen Kinder hier erinnern sie | |
| an ihre Geschwister.“ | |
| Ende Juni passiert dann, was sie im Gemeinderat gefordert haben: Die | |
| Unterkunft wird verkleinert, ein Teil der Jugendlichen muss Ellefeld | |
| verlassen. Manche von ihnen ziehen in Nachbarorte, auch in | |
| Wohngemeinschaften für Minderjährige. Die finanziellen Mittel für die | |
| Unterkunft im Anne-Katrin-Frank-Haus seien ausgeschöpft, sagt Heimleiterin | |
| Sandra Nützel – die Zahlen der ankommenden, unbegleiteten, minderjährigen | |
| Geflüchteten gingen zurück, sagt das Landratsamt. | |
| Im Obergeschoss des Hauses werden weiterhin 10 Jugendliche wohnen. Der Rest | |
| steht leer. Hamza B. wird hier bleiben. Wie seine Freunde zählt er die | |
| Tage, bis er volljährig ist und wegziehen kann. „Ich will raus aus | |
| Ellefeld“, sagt er. Bei der Verabschiedung besteht einer seiner Freunde | |
| darauf, den Weg zurück zum Bahnhof gemeinsam zu laufen. Zur Sicherheit. | |
| Security gibt es seit zwei Monaten für die Unterkunft nicht mehr. | |
| 18 Aug 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Yasemin Said | |
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