Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- III.-Weg-Chef zu Gast in Burschenschaft: Fechten, saufen, vernetzen
> Der Chef der Neonazi-Partei III. Weg in Bayern war offenbar bei einer
> Mensur bei der Burschenschaft Frankonia dabei. Auch ein AfD-Mann war vor
> Ort.
Bild: Thorsten Kokula schließt das Eisentor am Haus der Burschenschaft Frankon…
Berlin taz | Zwei junge Männer mit strammen Scheiteln laufen über den
Bürgersteig vor dem Haus der Burschenschaft Frankonia in Erlangen. Sie
tragen Trachtenjanker, Taschen, schwere Koffer und längliche Sporttaschen –
offenbar für eine bevorstehende Mensur. Das ist ein ritueller Fechtkampf,
bei dem sich reaktionäre Männerbünde wie eben die Studentenverbindung
Frankonia ihrer Mannhaftigkeit versichern, als Beweis dafür blutige
Schmisse davontragen und sich am Ende besaufen. Als einer der Männer merkt,
dass er von einem Radfahrer gefilmt wird, sagt er: „Was ist denn das für
ein Spasti – der da drüben?!“ Der andere ruft: „Ja, wir kriegen dich
gleich!“
Drei weitere bepackte Männer folgen – auch sie streng gescheitelt oder mit
kahlrasiertem Schädel – einer trägt ein T-Shirt, auf dessen Rückseite
„Ostpreußen“ in Fraktur steht, darunter der Preußenadler. Die Männer geh…
gemeinsam um das in die Jahre gekommene Burschenschaftshaus zum
Hintereingang. Der letzte von ihnen blickt sich beim Betreten noch einmal
um und schließt sicherheitshalber das massive und mit Stacheln besetzte
Metalltor an der Seite des Gebäudes. Man ist offensichtlich lieber unter
sich.
Das hat einen Grund: Der Mann, der das Tor schließt, heißt Thorsten Kokula
und ist der bayerische Landesvorsitzende der Neonazi-Kleinpartei „III.
Weg“. Die der taz vorliegenden Bilder und Videos vom 19. Juli hat Dominik
Sauerer von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Bayern gemacht.
Sie legen nahe, dass die burschenschaftlichen Verbindungen zur
Neonazi-Partei wohl noch tiefer sind als bisher gedacht, Kokula
möglicherweise sogar selbst eine Mensur gefochten hat. Und das, obwohl er
kein Student ist, sondern ein 40-jähriger Bauingenieur.
Um in eine schlagende Burschenschaft aufgenommen zu werden, müssen
angehende Mitglieder meist mehrere Mensuren fechten, bevor sie Mitglied
werden können. Mensuren sind das zentrale Aufnahmeritual in schlagenden
Studentenverbindungen.
Offiziell will der Dachverband der Deutschen Burschenschaft nicht
rechtsextrem sein, ebenso wenig die Frankonia, die gerade für den Vorsitz
des Dachverbands gewählt wurde und vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Was aber macht dann der III.-Weg-Chef von Bayern hier? Die Partei bezieht
sich positiv auf den Nationalsozialismus, tritt zuweilen in NS-Tracht auf
und vertritt völkische Ideologie. Mitglieder sind häufig gewaltbereit,
kommen aus der Kameradschaftsszene und verstehen sich als
nationalsozialistische Elite. Parteivertreter äußern sich antisemitisch und
wollen Deutschland in den Grenzen von vor dem Zweiten Weltkrieg wieder
errichten.
## Die AfD-Burschenschaft Teutonia
An diesem Samstag Mitte Juli ist III.-Weg-Chef Kokula nicht allein zur
Burschenschaft Frankonia gekommen. Ihn begleitet unter anderem Nick E.,
ebenfalls bekannt für Aktivismus beim III. Weg. E. trägt bei seiner Anreise
eine Mütze der ebenfalls rechtsextremen Prager Burschenschaft Teutonia zu
Würzburg in den Händen, wie sie normalerweise Mitglieder tragen. Er ist
derjenige, der Sauerer als „Spasti“ beschimpfte.
Interessant ist, wer sich noch so alles in der Teutonia vernetzt: Mitglied
ist dort etwa der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Halemba. Bekannt ist seine
Burschenschaft mittlerweile [1][für ihren Rechtsextremismus] durch
[2][Sieg-Heil-Rufe] oder Polizeirazzien, bei denen Nazi-Devotionalien
gefunden wurden. Passend: In den Räumen klebte unter anderem auch ein
[3][Sticker des III. Wegs].
Weitere Fotos belegen, dass am selben Tag ebenso zahlreiche Mitglieder der
Bayreuther Burschenschaft Thessalia angereist sind. Auch sie trugen große
Sporttaschen mit sich – wiederum mutmaßlich mit Fecht-Ausrüstung. Die
Sporttaschen, Koffer und länglichen Taschen legen jedenfalls nahe, dass
sich darin Degen, Säbel und Protektoren befinden.
Erkennbar ist auf einem der taz vorliegenden Video auch ein weiterer
AfD-Mann: Marcus M. reiste offenbar als „Alter Herr“ der Frankonia an, wie
sich Mitglieder in Burschenschaft nach Ende ihrer Studienzeit nennen.
Mitglied in der Frankonia sind zudem auch die ehemaligen [4][Funktionäre
der in Neugründung befindlichen AfD-Jugend], Philipp Compte und [5][Florian
Simon].
Dominik Sauerer von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus vermutet,
dass der Chef des III. Wegs möglicherweise sogar selbst eine Mensur für die
Burschenschaft des AfD-Abgeordneten Halemba, der Teutonia Prag zu Würzburg,
gefochten hat. Das legten auch Insider-Informationen nahe, welche er
erhalten habe: „Es kann zwar theoretisch sein, dass er nur als Gast da war
– dann aber besteht zumindest ein enges Vertrauensverhältnis zur
Burschenschaft. Aber allein aufgrund der weiten Anreise, der Sporttasche in
seiner Hand und den Aussagen des Insiders ist für mich plausibler, dass er
für eine Mensur vor Ort war.“
## Frankonia repräsentiere tausende Mitglieder
Aus Sicht von Sauerer ist das Zusammenwachsen von der AfD-nahen
Burschenschaft und dem III. Weg durchaus brisant: „Daniel Halemba und
einige andere junge AfDler haben die Verbindung so auf Parteilinie
gebracht, dass sogar einige Alte Herren ausgetreten sind. Kontakte und
sogar Vorträge des III. Wegs in der Teutonia sind schon länger bekannt.
Dass aber wohl mindestens ein Aktivist Mitglied ist und der
Landesvorsitzende bei einer Mensur dabei ist, ist hingegen neu“, so
Sauerer.
Aus seiner Sicht lässt das tief blicken: Die Burschenschaft Frankonia hat
bald den Vorsitz der „Deutschen Burschenschaft“ inne und repräsentiere
damit tausende Mitglieder – „wenn die Frankonia sich als Veranstaltungsort
für eine Mensur mit Kadern des III. Wegs anbietet, ist das eine
Positionierung für den ganzen Dachverband: Immerhin sind Mensuren auch
politisch wichtige Netzwerkveranstaltungen“, sagt Sauerer. Das Phänomen
lasse sich auch bundesweit beobachten – „die extreme Rechte stellt
Unterschiede zurück und versammelt sich hinter der AfD, um maximal Wirkung
zu entfalten“.
Sauerer beobachtet derzeit auch unter jungen Rechtsradikalen in der Region
eine zunehmende Radikalisierung: „In Nürnberg gab es bereits zahlreiche
Übergriffe auf Migrant:innen und Antifaschist:innen – ein Blick auf
Social Media zeigt, wie sich mit Messern, Schusswaffen und Brandsätzen
inszeniert wird.“ Bei den jungen Neonazis spielten auch Junge Alternative
und AfD ebenso wie die Immobilie der Frankonia eine Rolle als Ort, an dem
sie sich geheim treffen und organisieren konnte.
Die beteiligten Burschenschaften wollten sich auf taz-Anfrage bislang nicht
äußern. Ebenso wenig Neonazi und III.-Weg-Chef Kokula.
Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version des Artikels stand,
dass die Frankonia bereits den Vorsitz des Dachverbands der Deutschen
Burschenschaft innehat. Richtig ist tatsächlich, dass sie vor einigen
Wochen dazu gewählt wurde und das Amt erst noch antreten soll. Wir haben
das korrigiert und den Artikel an anderer Stelle gekürzt.
30 Jul 2025
## LINKS
[1] /AfD-in-Bayern/!5977692
[2] https://www.br.de/nachrichten/bayern/hitlergruesse-bei-burschenschaft-teuto…
[3] https://www.br.de/nachrichten/bayern/fall-halemba-neonazi-aufkleber-bei-teu…
[4] https://www.endstation-rechts.de/news/junge-alternative-bayern-waehlt-ib-ak…
[5] https://www.nn.de/erlangen/brisant-besondere-nahe-zwischen-afd-nachwuchs-un…
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt AfD
Rechtsextremismus
Der III. Weg
AfD Bayern
Bayern
Deutsche Burschenschaft
Burschenschaft
GNS
Social-Auswahl
Rechts
Rechtstextreme
Schwerpunkt AfD
Burschenschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechtsextreme Mode: Das trägt der Nazi heute
Rechtsextreme verbreiten ihre Ideologie auch mit Streetwear, Symbolen und
Codes. So sickern ihre Botschaften unbemerkt in den Alltag ein.
Studentenverbindung Coburger Convent: „Grenzen zum Rechtsextremismus häufig …
An Pfingsten kommt der Coburger Convent zu seinem Jahrestreffen zusammen.
Wie nah steht der Verband der Studentenverbindungen der AfD?
AfD in Bayern: Radikal, illegal, scheißegal
Der rechtsextreme Burschenschaftler Daniel Halemba wurde vorübergehend
verhaftet. Trotzdem strotzen die völkischen Netzwerke bei Bayerns AfD vor
Kraft.
Erlanger Studentenverbindungen: Illegales Ehrenduell
In Erlangen fochten Verbindungen ein verbotenes Duell, zwei Personen wurden
schwer verletzt. Die Korporierten befürchten jetzt ein Fecht-Verbot.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.