# taz.de -- Studentenverbindung Coburger Convent: „Grenzen zum Rechtsextremis… | |
> An Pfingsten kommt der Coburger Convent zu seinem Jahrestreffen zusammen. | |
> Wie nah steht der Verband der Studentenverbindungen der AfD? | |
Bild: Immer wieder Pfingsten: Schon 2009 sorgte der Coburger Convent für Prote… | |
Hamburg/taz | Am Pfingstwochenende kommt der [1][Coburger Convent] (CC) in | |
der gleichnamigen bayerischen Stadt zu seinem jährlichen Treffen zusammen: | |
Fahnen, Waffen und Fackeln tragend. Der CC ist der Dachverband der | |
Landsmannschaften und Turnerschaften in Deutschland und Österreich, er | |
vereint über 90 Verbindungen mit über 1.500 Studenten und 9.500 Alten | |
Herren. | |
Die Tagesordnung des Jahrestreffens, die eigentlich intern bleiben sollte, | |
liegt der taz vor. Daraus geht hervor, dass der CC am Abend des | |
Pfingstmontags einen Fackelmarsch durch die Stadt plant – wie all die Jahre | |
zuvor. Ein breites Bündnis protestiert gegen den Marsch, der, so der | |
Aufruf, „an die Zeit der Nationalsozialisten erinnert“. | |
Seit Jahrzehnten sorgt sich der CC um Volk und Vaterland. Getreu des | |
Selbstverständnisses „Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland“ beklagen | |
Mitglieder die fehlende persönliche Opferbereitschaft und kulturelle | |
Erbpflege. Diese noch studierende „Aktivitas“ und die ehemaligen Studenten | |
oder „Alten Herren“ wissen, wofür die Mensuren gefochten und Versammlungen | |
gepflegt werden. Im Convent selbst spielen diese Themen allerdings | |
„überhaupt keine Rolle“, versichert Martin Vaupel der taz. Der | |
Pressesprecher räumt aber ein, dass es „sicher einzelne Mitglieder“ gebe, | |
„deren politische Auffassung es mit sich bringt, sich dazu zu äußern“. | |
Von Haus aus sei der Verband unpolitisch, behauptet Vaupel, selbst Mitglied | |
der Alten Leipziger Turnerschaft Hansea zu Bielefeld und der | |
Landsmannschaft Gottinga Göttingen. Doch der CC ist bestens in die Politik | |
vernetzt, von der Kommunalpolitik bis in den Bundestag. | |
## Besuch von Martenstein | |
So hat der zweite Bürgermeister der Stadt Coburg, Hans-Herbert Hartan, CSU, | |
keine Berührungsängste mit dem Verband. 2026 strebt Hartan das Amt des | |
Oberbürgermeisters an. Vor knapp zwei Jahren reiste er eigens in den | |
Norden, um vor der Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock Hamburg zu | |
sprechen. Auf dem „153. Stiftungsfest“ begrüßte die Mecklenburgia Hartan | |
als „Festredner“. Das Publikum lauschte „aufmerksam seinen persönlichen | |
Ausführungen“, schrieb die Landsmannschaft neben einem Bild mit ihm bei | |
Instagram. Schon in den 1990er Jahren warnte in einem internen Bericht der | |
Hamburger Verfassungsschutz, dass die Landsmannschaft „als zumindest | |
rechtsextremistisch beeinflusst“ einzuordnen sei. Für Hartan und andere | |
Redner des Abends offenbar kein Problem. [2][Letzter Stargast beim | |
Ernst-Jünger-Abend war der Zeit- und Welt-Kolumnist Harald Martenstein]. | |
Der CC ist eines der vielen Netzwerke im rechtslastigen | |
Studentenverbindungsmilieu. Mitglied im CC ist auch die Alte Leipziger | |
Landsmannschaft Afrania: Zu Studienzeiten war dort Baden-Württembergs | |
Innenminister [3][Thomas Strobl] (CDU) aktiv. | |
Die Grenzen zwischen konservativen Positionen und rechtsextremen | |
Ressentiments sind in den Landsmannschaften fließend. „Die genaue | |
politische Verortung variiert“, sagt Christoph Schulze. Der Experte von der | |
Emil Julius Gumbel-Forschungsstelle für Antisemitismus und | |
Rechtsextremismus an der Universität Potsdam betont, dass bei den | |
Studentenverbindungen die „Grenzen zum Rechtsextremismus zu häufig nicht | |
klar oder nur an der Oberfläche gezogen“ würden. „Faktisch wirkt das Mili… | |
in der Praxis häufig als Scharnier zwischen Konservatismus und | |
Rechtsextremismus“, so Schulze. So gebe es denn auch häufig ein auffälliges | |
Näheverhältnis des CC zur AfD. | |
Tatsächlich sitzen CC-Mitglieder für die AfD im Bundestag, Sebastian Maack | |
sowie Knuth Meyer-Soltau. Zur Europawahl kandidierte das CC-Mitglied | |
Michael Schumann aus Hamburg. Als Justiziar der AfD-Landtagsfraktion in | |
Mecklenburg-Vorpommern tritt Justus Burgdorf auf. Julian I. war | |
zwischenzeitig Mitarbeiter bei einem Bundestagsabgeordneten aus Hessen, und | |
Theo R., verstorbener AfD-Kommunalkandidat in Hessen, fiel der Autonomen | |
Antifa Freiburg (AAF) auf. | |
## Keine Debatte über AfD-Mitgliedschaften | |
Zu den Parteizugehörigkeiten seiner Mitglieder kann CC-Pressesprecher | |
Vaupel nichts sagen. Denn diese würden „weder abgefragt“, noch seien sie | |
„ein Kriterium“, antwortet er. Daran ändert offenbar auch die Einstufung | |
der AfD durch den Verfassungsschutz nichts. Eine Diskussion darüber werde | |
nicht geführt, so der Pressesprecher. Er versicherte jedoch, dass jeder | |
Einzelne „für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ einstehen würd… | |
Die AAF, die seit Jahren zum Coburger Convent recherchiert, sieht in dem | |
Statement eine Selbstschutzbehauptung. | |
Einzelne Positionen des CC sind auch laut Studentenverbindungs-Experte | |
Schulze vergleichbar mit Positionen der AfD. So wird im CC-Milieu offen ein | |
soldatischer Heroismus bis zum idealisierten Tod beschönigt. In der AfD | |
fordert etwa Björn Höcke die Wiederentdeckung der „Männlichkeit“, um | |
„mannhaft“ und „wehrhaft“ zu werden. Schulze hebt hervor, dass in den | |
„Burschenschaften, Landsmannschaften und Turnerschaften ein | |
männerbündischer Traditionalismus am Leben gehalten“ werde, „[4][der auf | |
viele Außenstehende wie aus der Zeit gefallen scheint]“. | |
In der Verbandszeitung des CC finden sich entsprechende Indizien. Aus Ernst | |
Jüngers „In Stahlgewittern“ wird zitiert: „Wir können heute nicht mehr … | |
Märtyrer verstehen, die sich in die Arena warfen, ekstatisch schon über | |
alles Menschliche, über jede Anwandlung von Schmerz und Furcht hinaus“. | |
Jünger, Vordenker der antiparlamentarischen und antiliberalen | |
„Konservativen Revolution“, wird weiter im antiaufklärerischen Duktus | |
wiedergegeben: „Im kalten Licht des bloßen Verstandes wird alles der | |
Nutzbarkeit unterworfen (…). Uns war es noch vergönnt, in den unsichtbaren | |
Strahlen großer Gefühle zu leben.“ So der „Lüstling der Barbarei“ (Tho… | |
Mann) im Rückblick zum Fronterlebnis des Ersten Weltkrieges. | |
## Faszination für die Wehrmacht | |
Abgedruckt werden in der Zeitung auch Reden, in denen Verbindungsbrüder vor | |
dem sogenannten Kriegsklotz in Hamburg mit der Inschrift „Deutschland muss | |
leben, und wenn wir sterben müssen“ stehend das Leid der deutschen Opfer in | |
Stalingrad anmahnten. In einen andere Rede wird das „Inferno von | |
Stalingrad“, der „Opfergang“, bei dem etwa 90.000 deutsche Soldaten in | |
Kriegsgefangenschaft kamen, in Beziehung gesetzt zum Kampf der 300 | |
Spartaner in der Antike. Diesen Sparta-Mythos griff schon 1943 | |
NS-Reichswirtschaftsminister Hermann Göring auf. Diese Positionierung | |
findet sich bis heute auf der Webseite des CC. | |
Ein weiteres Beispiel für die Faszination von CC-Mitgliedern für die | |
Wehrmacht ist der Oberstleutnant Thomas H. von der Landsmannschaft | |
Böhmerwald zu Linz. In internen Nachrichten, die der taz vorliegen, | |
verabschiedet er verstorbene Mitglieder mit dem Slogan „Treue um Treue“. | |
Der Wahlspruch der Wehrmachtsfallschirmjäger ist bei der Bundeswehr | |
verboten, was er wissen dürfte. Er beklagt allerdings, dass bei | |
antifaschistischer Kritik der CC „über jedes Stöckchen“ springen würde, … | |
müssten aber nicht „woker/diverser“ oder gar „Mainstream“ werden. | |
Intern wird auch mal über die Außendarstellung der Pflichtmensuren deutlich | |
gestritten. Jan H. von der Mecklenburgia wollte das Fechten nicht als | |
„körperbetonte Sportart“ dargestellt wissen, sonders als „Wille (…) | |
wehrhaft“ zu sein. [5][Bis zu taz-Nachfragen war er im | |
Bundesverteidigungsministerium beschäftigt]. Weitere Kontakte bestehen zur | |
Bundeswehr. Ein Alter Herr nutzt gar eine E-Mail-Adresse der Armee und | |
grüßt mit „Heil Euch“. | |
Bis heute sind Frauen dagegen nur als Besucherinnen erwünscht. Denn: bei | |
„großen Differenzen“ würden sich die Männer „einfach wieder | |
zusammenraufen“. Frauen, so in der Selbstdarstellung, würden aber das Leben | |
in den Verbandshäusern, wo sie ein- und ausgehen, „interessant“ machen. | |
5 Jun 2025 | |
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[5] /Alte-Herren-im-Verteidigungsministerium/!5934723 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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