| # taz.de -- Unterhaltungen mit ChatGPT: Löschen verboten | |
| > Nach einer US-Gerichtsentscheidung muss der Chatbot alle Eingaben von | |
| > Nutzenden speichern. Die EU-Aufsichtsbehörde reagiert verhalten. | |
| Bild: Die New York Times hat gegen Open AI klage erhoben | |
| Berlin taz | Die Option ist noch da: „Alle Chats löschen“ findet sich in | |
| dem Menu des KI-Chatbots ChatGPT. Doch wer glaubt, mit dem Klicken auf den | |
| nebenstehenden Button die eigenen Daten auch bei OpenAI, dem Unternehmen | |
| hinter dem [1][Chatbot], zu löschen, irrt. Zwar verschwindet der Verlauf | |
| aus der eigenen Ansicht. Doch seit einer Gerichtsentscheidung aus den USA | |
| muss die Firma sämtliche Konversationen zwischen Mensch und Bot | |
| aufbewahren, zunächst auf unbestimmte Zeit. Ursprünglich hatte OpenAI | |
| zugesichert, die Chats 30 Tage nach dem Entfernen auch auf seinen Servern | |
| zu löschen. | |
| Hintergrund der Gerichtsentscheidung ist ein Streit um Urheberrechte. | |
| [2][Geklagt hat die New York Times]. Sie wirft OpenAI vor, Texte ohne | |
| Genehmigung verwendet zu haben, um ChatGPT zu trainieren. Das habe dazu | |
| geführt, dass Inhalte der New York Times in von [3][ChatGPT] generierten | |
| Texten aufgetaucht seien. Der Bezirksrichter sah im April in der ersten | |
| Instanz die Vorwürfe als belegt an. Und um das Risiko zu vermeiden, dass | |
| entsprechende Beweise durch Löschungen von Nutzer:innen verloren gehen, | |
| muss OpenAI nun erst mal alle Daten aufbewahren. Betroffen sind nahezu alle | |
| Menschen, die den Chatbot verwenden. Nur, wer mit einer speziellen Version | |
| für Unternehmen oder Bildungseinrichtungen arbeitet, dessen Daten werden | |
| weiterhin gelöscht. | |
| OpenAI gab an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Die | |
| Entscheidung „steht im Widerspruch zu den Datenschutzverpflichtungen, die | |
| wir gegenüber unseren Nutzern eingegangen sind. Sie verletzt langjährige | |
| Datenschutznormen und schwächt den Schutz der Privatsphäre“, teilte Brad | |
| Lightcap, OpenAI-Geschäftsführer, im Juni in einem [4][Blogbeitrag] mit. | |
| Die verpflichtend gespeicherten Daten werden demnach in einem extra System | |
| gespeichert, auf das nur ein „kleines, geprüftes Rechts- und | |
| Sicherheitsteam von OpenAI“ zugreifen kann – nur für die Erfüllung der | |
| rechtlichen Verpflichtungen. | |
| Das Problem ist: Diese Speicherpflicht widerspricht der | |
| Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die gibt Nutzer:innen unter anderem | |
| das Recht, ihre persönlichen Daten löschen zu lassen. OpenAI teilte im Juni | |
| mit, man ergreife Maßnahmen, den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. | |
| Einen neuen Stand gebe es diesbezüglich nicht, antwortete das Unternehmen | |
| auf Anfrage der taz. | |
| ## Irische Aufsichtsbehörde reagiert verhalten | |
| Für ein entsprechendes Verfahren in Europa wäre die irische | |
| Datenschutzaufsichtsbehörde (DPC) zuständig, da dort die EU-Niederlassung | |
| von OpenAI sitzt. Viele US-Konzerne wählen diesen Standort, da die irische | |
| Behörde als wirtschaftsfreundlich bekannt ist und die | |
| Datenschutz-Grundverordnung nur sehr vorsichtig anwendet. Die Behörde | |
| teilte der taz mit, dass sie aktuell eine Reihe von Beschwerden gegen | |
| OpenAI vorliegen habe. Zu deren Inhalt könne sie jedoch nichts bekannt | |
| geben, weil es sich um laufende Verfahren handle. | |
| Marco Blocher von der Datenschutz-NGO Noyb rechnet ohnehin nicht damit, | |
| dass eine Beschwerde viel bringen würde: „Die irische DPC hält notorisch | |
| eine schützende Hand über Big-Tech-Unternehmen aus den USA, die ihre | |
| europäische Hauptniederlassung in Irland haben.“ Wahrscheinlich sei, dass | |
| die Behörde das Problem aussitze und warte, bis die Speicheranordnung | |
| wieder aufgehoben wird. | |
| Eine Alternative wäre der Klageweg vor einem europäischen Gericht. | |
| Allerdings: „Wenn die Daten tatsächlich nur zu Beweissicherungszwecken für | |
| das Verfahren mit der New York Times gespeichert werden und OpenAI sie | |
| sonst nicht anrührt, sind die Risiken für Nutzer:innen womöglich | |
| überschaubar, trotz des formalen Konflikts mit der DSGVO.“ Was das | |
| Nichtanrühren angeht, äußert Blocher aber, trotz der gegenteiligen | |
| Versicherungen von OpenAI, Zweifel: „Wie bei allen KI-Anbietern ist hier | |
| ein gewisser Argwohn sicher nicht fehl am Platz.“ | |
| Die von OpenAI eingelegte Berufung könnte darauf abzielen, die umfassende | |
| Datenspeicherung als unverhältnismäßig anzugreifen. Eine entsprechende | |
| Argumentation deutet das Unternehmen in seinem Blogbeitrag an. Denn | |
| tatsächlich dürfte nur ein verschwindend geringer Teil der | |
| ChatGPT-Konversationen etwas mit dem Urheberrechtsstreit zu tun haben. | |
| ## Tipp: So wenig Persönliches wie möglich preiszugeben | |
| So lange haben Nutzer:innen kaum Handhabe: „Momentan kann man als | |
| Einzelperson gegen diese Speicherung wenig tun“, sagt Blocher. Er empfiehlt | |
| für die Nutzung von KI-Chatbots generell, so wenig Persönliches wie möglich | |
| preiszugeben. Denn die eingegebenen Informationen sind nicht unbedingt | |
| privat. | |
| So wurde vergangene Woche bekannt, dass einige Konversationen in ChatGPT | |
| durch eine fehlerhafte Programmierung im Index der Suchmaschine Google | |
| gelandet und damit öffentlich auffindbar waren. Und bei der Google-KI | |
| Gemini können standardmäßig Menschen die Chatverläufe zur | |
| Qualitätsverbesserung lesen. „Generell ist in Sachen KI ein ‚Wettrüsten�… | |
| Gange, in dem geltendes Recht achselzuckend ignoriert wird“, kritisiert | |
| Blocher. | |
| 7 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Warum-ich-keine-Angst-mehr-vor-KI-habe/!6101655 | |
| [2] /OpenAI-und-Microsoft-verklagt/!5981722 | |
| [3] /Die-KI-als-freundlicher-Zensor/!6103971 | |
| [4] https://openai.com/index/response-to-nyt-data-demands/ | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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