# taz.de -- Atomdeal zwischen Russland und Tansania: Urananreicherung statt Saf… | |
> In der Nähe eines Nationalparks im Süden Tansanias soll eine | |
> Uranverarbeitungsanlage entstehen. Federführend dabei ist Russlands | |
> Atomgigant Rosatom. | |
Bild: Keine guten Aussichten: Durch die offene Förderung des radioaktiven Uran… | |
Kampala taz | Feierlich hebt Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan das | |
seidene Tuch, das über der goldenen Einweihungsplakette hängt. Rund um den | |
Roten Teppich, auf dem sie mit drei russischen Delegierten steht, wird | |
Beifall geklatscht. Im Hintergrund sieht man bereits eingezäunte Maschinen | |
und Anlagen. Dort, im tansanischen Bezirk Namtumbo im Süden des großen | |
Landes, soll ab nächstem Jahr eine Anlage zur Uranverarbeitung entstehen. | |
Ab 2029 soll sie jährlich rund 3.000 Tonnen Uranerz anreichern. | |
„Dieses Projekt spiegelt Tansanias Engagement wider, unsere natürlichen | |
Ressourcen verantwortungsvoll abzubauen, um eine nachhaltige Entwicklung zu | |
erzielen“, so Präsidentin Samia bei der Eröffnung der Anlage. 4.000 | |
Arbeitsplätze würden geschaffen. Ein „Meilenstein“, sagt die Präsidentin: | |
„Tansania betritt erstmals die globale Urankarte mit der Fähigkeit, ein | |
strategisches Mineral zu liefern, das für eine sichere und nachhaltige | |
Energieerzeugung weltweit von entscheidender Bedeutung ist.“ | |
Damit wird das gewaltige Land im Osten Afrikas, das bislang vor allem | |
[1][für Safari-Tourismus bekannt] ist und daraus seine Devisen schöpft, zum | |
drittgrößten Uranexporteur des Kontinents, nach Niger und Namibia. Doch das | |
dort geschürfte und verarbeitete Uran wird nicht frei auf dem Weltmarkt | |
zugänglich sein. Es geht exklusiv nach Russland – und soll die Welt noch | |
weiter vom Weltmarktführer für Nuklearbrennstoffe, Rosatom, abhängig | |
machen. | |
Die Anlage ist Teil der Investitionen des russischen Staatskonzerns | |
Rosatom. Der besteht aus mehr als 400 Unternehmen, darunter auch der | |
Komplex, der für Atomwaffen oder die Eisbrecherflotte im Nordpolarmeer | |
zuständig ist. In 12 Ländern weltweit unterhält Rosatom 33 Atommeiler, zwei | |
davon in Afrika: einen in Ägypten und einen zweiten ganz im Süden am Kap. | |
## Rosatom braucht Uran als Brennstoff | |
Doch um diese Reaktoren zu betreiben, benötigt Rosatom Uran als Brennstoff. | |
Bei der Suche nach Uranerzvorkommen, woraus Uran hergestellt wird, | |
fokussiert sich Rosatom seit vielen Jahren auf Afrika. Seit mehr als zehn | |
Jahren engagiert sich der Atomkonzern bereits in Tansania, um das dortige | |
Uranerz zu fördern. „Mantra“ heißt die in Tansania gegründete und | |
registrierte Rosatom-Tochter. Die soll nun die rund 140 Millionen Tonnen | |
Uranerz, das [2][im Süden Tansanias entlang des Flusses Mkuju] in der Erde | |
schlummert, heben und verarbeiten. Die Reserven sollen 22 Jahre lang | |
halten. | |
Das Projekt war von Anfang an umstritten. Denn die Vorkommen entlang des | |
Flusses Mkuju, der vom Malawisee im Südwesten bis an die Küste des | |
Indischen Ozeans fließt, lagen ursprünglich in einem weltberühmten | |
Naturschutzgebiet, dem größten in Afrika: dem einstigen Selous Game | |
Reserve, einem Unesco-Weltkulturerbe. Riesige Elefantenherden wandern dort | |
über weite Strecken hinweg. 2019 wurde der Selous [3][zum | |
Nyerere-Nationalpark umbenannt]. Der südliche Teil entlang des | |
Mkuju-Flusses, wo die Uranvorkommen liegen, wurde herausgenommen. | |
Die Unesco, UN-Agentur für die Verwaltung des Weltkulturerbes, hatte | |
bereits im Jahr 2012 festgelegt, dass die tansanische Regierung | |
„ausnahmsweise und im Einzelfall“ die Uranressourcen heben darf. | |
Vorausgesetzt, die Umweltbedingungen werden erfüllt und die Investoren | |
spenden auch Gelder für den Naturschutz. Dafür wurde genau jenes Gebiet, | |
das heute der Uranerzförderung dient, aus der Landkarte des Weltkulturerbes | |
quasi herausgeschnitten. 2014 setzte die Unesco im Gegenzug den Selous auf | |
die Liste der gefährdeten Stätten. | |
So kam es, dass die Atomfirma Mantra damals rund 800.000 Dollar an das | |
Ministerium für Rohstoffe und Tourismus bezahlt hat, um ein | |
Anti-Wilderei-Programm zu finanzieren. Im Austausch erhielt sie 2013 eine | |
„spezielle Minen-Lizenz“ – so steht es in dem Abkommen zwischen Tansanias | |
Regierung und Mantra von 2014, welches der taz vorliegt. | |
## WWF und Weltnaturschutzunion üben Kritik | |
In der Region rund um die heutige Uran-Mine wurde also eine | |
Anti-Wilderei-Einheit aufgesetzt und ausgestattet: mit Fahrzeugen, | |
Schutzausrüstung, Hubschraubern, Überwachungsdrohnen und auch Waffen. | |
Seitdem sind russische Sicherheitsfirmen, angeheuert von Mantra, nicht nur | |
für den Schutz der Uran-Projekte zuständig, sondern laut dem Abkommen | |
ebenso für die Trainings der Anti-Wilderei-Einheit. In dem Vertrag heißt es | |
ausdrücklich: Solange Mantra von den Ausnahmeregeln für den Uranabbau | |
profitiert, muss die Firma die Wildhüter und deren Ausrüstung bezahlen. | |
Von Beginn an waren internationale Umweltschutzorganisationen alarmiert. | |
Denn laut einem internen Bericht der Weltnaturschutzunion IUCN | |
(International Union for Conservation of Nature) von 2013, welcher der taz | |
vorliegt, wurden bereits damals „Bedenken“ geäußert: Durch die offene | |
Förderung des radioaktiven Uranerzes könnten Flüsse und Grundwasser | |
verseucht werden, das die Wildtiere in der Region trinken. Auch eine | |
Verbreitung der radioaktiven Strahlung durch Wind innerhalb der | |
Naturschutzgebiete sei ein Risiko. | |
Die Artenschutzorganisation WWF startete deshalb 2017 eine großangelegte | |
Kampagne gegen die Förderung. Ein tansanischer Umweltbericht aus dem Jahr | |
2017, den die taz ebenfalls lesen konnte, bemängelt, dass die | |
Laboreinrichtungen der nationalen Aufsichtsbehörden nicht ausreichend | |
seien, um radioaktive Verseuchung überhaupt festzustellen. Und die | |
Bevölkerung im Umkreis der Uranmine sei nicht genügend über die Risiken | |
aufgeklärt worden. | |
Geholfen hat all dies wenig. Tansanias Regierung verspricht sich von dem | |
Projekt Arbeitsplätze und ausländische Devisen. [4][Russland geht es in | |
Afrika in erster Linie um den Zugang zum Rohstoff], denn die weltweit | |
erschlossenen Uranvorkommen werden knapp. Die Nachfrage hingegen steigt – | |
vor allem aus China, wo 80 Prozent der neuen Atomreaktoren stehen. Noch hat | |
Russlands Unternehmen Rosatom im Bereich Urananreicherung mit rund 40 | |
Prozent den größten Anteil am Weltmarkt. Die Investitionen in Tansania | |
können dafür sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. | |
Staatspräsidentin Samia versichert bei der Eröffnungsfeier ausdrücklich, | |
dass die Uranerzförderung nach „internationalen Sicherheitsstandards“ | |
vonstatten gehe und die nationale Umweltbehörde den Abbau überwachen werde. | |
Alexey Likhachev, Generaldirektor von Rosatom, betont: „Wir freuen uns, | |
Tansania bei einem entscheidenden Schritt zur Integration in die globale | |
Kernenergielandschaft zu unterstützen.“ | |
5 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Maasai-in-Tansania/!6014783 | |
[2] https://uranium-network.org/current-projects/mkuju-river-uranium-project/ | |
[3] /Nyerere-Nationalpark-in-Tansania/!5785731 | |
[4] /Atomkongress-in-Ruanda/!6094719 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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