| # taz.de -- Umweltschutz in der Ukraine: Nach dem Waldsieg ist vor der Fracking… | |
| > Bei Charkiw stoppen Umweltschützer die Rodung von Wald für eine | |
| > Kiesgrube. Doch jetzt plant Oligarch Achmetow, gleich nebenan Erdgas zu | |
| > fördern. | |
| Bild: Hat die Rodung von 100 Hektar Kiefernwald verhindert: Swetlana Kuraksina,… | |
| Charkiw taz | Swetlana Kuraksina und Valeri Lovtschanowski haben es | |
| geschafft. Die geplante Rodung von über 100 Hektar Kiefernwald im Stadtteil | |
| Schichor der ostukrainischen Metropole Charkiw ist gestoppt. Das | |
| ukrainische Umweltministerium untersagte die Abholzung [1][nach massiven | |
| Bürgerprotesten]. Doch Ruhe haben die beiden Aktivisten nicht. | |
| Schon ist eine neue Bedrohung entstanden – in einem angrenzenden Gebiet | |
| soll nun nach Gas gebohrt werden. Kuraksina und Lovtschanowski wollen auch | |
| hier Widerstand organisieren und dabei auf den Erfahrungen von Schichor | |
| aufbauen. | |
| Dort hatten die Firmen Karier Osnova und Reisis Ukraine den Wald für den | |
| Ausbau einer Kiesgrube abholzen wollen. Kuraksina und Lovtschanowski | |
| mobilisierten 600 Menschen zu öffentlichen Anhörungen, 6.000 Charkiwer | |
| unterschrieben gegen weitere Rodungen. Auch Bürgermeister Ihor Terechow | |
| unterstützte den Widerstand. | |
| Diese Proteststimmung muss nun gegen die geplanten Eingriffe im Gebiet | |
| Choroschiwska neu entfacht werden – und das schnell. Die Firma | |
| Naftogazrosrobka, die zum DTEK-Konzern des Oligarchen Rinat Achmetow | |
| gehört, hat dort bereits mit geologischen Erkundungen begonnen. Sie schätzt | |
| die Gasvorkommen auf 1,64 Milliarden Kubikmeter – ein lukratives Geschäft | |
| für das Unternehmen, das die Umweltschützer alarmiert. | |
| ## Die Aktivisten fürchten verheerende Umweltschäden | |
| „Wir haben das schon einmal durchgemacht. Damals stoppte ein Gericht den | |
| Prozess wegen Verfahrensverstößen. Jetzt wiederholt sich die Geschichte“, | |
| schrieb Terechow. Tatsächlich ist der Konflikt nicht neu. Bereits 2021 | |
| wehrte sich der Charkiwer Stadtrat gegen die geplante Schiefergasförderung | |
| in diesem Gebiet. Terechow [2][warnte damals vor einer „ökologischen | |
| Katastrophe“]. Nun versucht Achmetows Konzern erneut, das Gas zu | |
| erschließen. | |
| Das geplante Fördergebiet grenzt direkt an Charkiw und betrifft die | |
| Einwohner von Schichor unmittelbar. Die Region ist dicht besiedelt, | |
| Trinkwasserquellen liegen in unmittelbarer Nähe. Für die Umweltschützer | |
| bedeutet dies eine existenzielle Bedrohung ihrer Heimat. | |
| Zwar behauptet Naftogazrosrobka, das Gas könne auch ohne Fracking | |
| extrahiert werden. Aber Aktivist Lovtschanowski bezweifelt das. „Wenn der | |
| natürliche Förderdurchsatz sinkt, kommen andere Maßnahmen zum Einsatz wie | |
| Säurebehandlungen oder Fracking“, sagt er. Besonders bei dichten | |
| Gesteinsschichten wie Sandstein, die in der Region häufig vorkommen, sei | |
| dies unvermeidlich. | |
| Die Fracking-Methode birgt erhebliche Umweltrisiken. Lovtschanowski | |
| berichtet von der systematisch unsachgemäßen Entsorgung von Abwasser: „Das | |
| wird illegal in nicht isolierte Gruben entsorgt, die nicht dafür geeignet | |
| sind, gefährliche Abfälle aufzunehmen.“ | |
| Hunderte Tonnen chemisch gefährlicher Flüssigkeiten gelangen so ins | |
| Grundwasser. Zugleich ist der Verbrauch von sauberem Wasser immens – bis zu | |
| 7.000 Kubikmeter pro Bohrloch. | |
| ## Erfahrung mit Erfolg | |
| „Bis zu 30 Prozent der eingesetzten Flüssigkeit bleiben in der Erde zurück. | |
| Das ist ein [3][langfristiges Risiko für die gesamte Region]“, warnt | |
| Lovtschanowski. Mit der Bohrtiefe steige zudem die natürliche | |
| Radioaktivität der Gesteinsschichten erheblich an. | |
| Die Umweltschützer planen bereits ihre Gegenstrategie. Sie wollen ein 7.000 | |
| Hektar großes Naturschutzgebiet einrichten lassen. „In einem | |
| Naturschutzgebiet ist die Gasförderung nicht erlaubt“, erklärt Kuraksina. | |
| Die Aktivisten setzen dabei wieder auf bewährte Mittel: Bürgerbeteiligung | |
| und politische Unterstützung. | |
| „Gut, dass wir schon Erfahrung in unserem Kampf für den Erhalt der Natur | |
| haben“, sagt Kuraksina. Der erfolgreiche Widerstand gegen die Waldrodung | |
| mache Mut für den neuen, weitaus größeren Konflikt gegen die Gasförderung. | |
| 21 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
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