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# taz.de -- Wahl der Bundesverfassungsrichter:innen: Ex-CDU-Politiker Müller k…
> Der Ex-Verfassungsrichter sieht ein „Führungsversagen“ beim
> Unionsfraktionschef. Die Union setzt dennoch auf ein baldiges
> Einvernehmen mit der SPD. Die hält an Frauke Brosius-Gersdorf fest.
Bild: Ex-Verfassungsrichter und Ex-CDU-Politiker Peter Müller: „So etwas dar…
Berlin afp/dpa | [1][Nach der geplatzten Wahl von drei Verfassungsrichtern]
setzt die Union auf ein baldiges Einvernehmen mit der SPD. „Ich bin sicher,
dass die Koalitionsfraktionen über den Sommer eine tragfähige Lösung finden
werden“, sagte Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) der Neuen Osnabrücker
Zeitung. In der SPD ist der Unmut über die gescheiterte Wahl unterdessen
weiter groß. Sie hält an ihren beiden Kandidatinnen für das
Bundesverfassungsgericht fest.
Wegen massiven Widerstands in der Unionsfraktion gegen [2][die
SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf] waren die Abstimmungen über die
insgesamt drei Vorschläge für das Bundesverfassungsgericht kurzfristig von
der Tagesordnung des Bundestags genommen worden. Hintergrund sind [3][eine
liberale Haltung der Professorin] zu Abtreibungen, aber auch ihre Forderung
nach einer Impfpflicht während der Corona-Pandemie. Zusätzlich Dynamik in
die Debatte kam durch den Hinweis des österreichischen Plagiatssuchers
Stefan Weber auf Übereinstimmungen zwischen der Dissertation
Brosius-Gersdorfs und der Habilitationsschrift ihres Ehemanns.
Außer Brosius-Gersdorf hatte die SPD noch die Münchner Juraprofessorin
Ann-Katrin Kaufhold nominiert und die Union den vom Verfassungsgericht
empfohlenen Arbeitsrichter Günter Spinner.
## SPD steht zu Frauke Brosius-Gersdorf
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch ließ seinem Unmut in einer persönlichen
Erklärung zum Beginn der parlamentarischen Sommerpause noch einmal freien
Lauf. „Was wir heute aber auch erleben mussten, ist die bewusste Demontage
unseres höchsten deutschen Gerichts und unserer demokratischen
Institutionen. Das ist brandgefährlich“, schrieb Miersch und verwies auf
den gemeinsamen Vorschlag und die erfolgte Zweidrittelmehrheit im
Richterwahlausschuss. In gefetteter Schrift stellte Miersch klar: „Wir
halten an unseren Kandidatinnen fest. Ich erwarte, dass die Mehrheit
steht.“
Nach Berichten von Bild und Tagesspiegel-Bericht schalteten sich am Abend
Parteivorstand und Bundestagsfraktion der SPD zu einer Videokonferenz
Sitzung zusammen. Aus Teilnehmerkreisen hieß es laut Tagesspiegel,
Brosius-Gersdorf stehe für ein offenes und klares Gespräch mit der Spitze
der Union bereit. Bild berichtete über den Vorschlag von Miersch, dass sich
die Professorin in der Unionsfraktion Fragen von Abgeordneten stellt.
Der SPD-Politiker Ralf Stegner sprach beim Redaktionsnetzwerk Deutschland
von einem „Debakel“. „Wenn wir bei so kleinen Dingen schon anfangen zu
scheitern, dann ist das Schiff in schwerer See, und zwar ziemlich schnell“,
sagte der Bundestagsabgeordnete. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer
der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, zeigte sich verwundert, dass die
Unionsfraktion weder der ursprünglichen Empfehlung ihres
Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn gefolgt sei noch der von Kanzler Friedrich
Merz. „Da gibt es ein Autoritätsproblem“, schlussfolgerte Wiese.
## Ex-Verfassungsrichter Peter Müller übt scharfe Kritik an Spahn
Auch der frühere Verfassungsrichter und Ex-CDU-Politiker Peter Müller übt
nach der gescheiterten Richterwahl im Bundestag scharfe [4][Kritik an
Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU)]. Der Vorgang zeige „ein eklatantes
Führungsversagen der Union“, [5][sagte Müller der Süddeutschen Zeitung vom
Samstag]. „So etwas darf nicht passieren.“ Müller war von 2011 bis 2023
Richter am Bundesverfassungsgericht. Davor war er Ministerpräsident des
Saarlands.
Müller äußerte die Sorge, „dass die politische Mitte in Deutschland nur
noch begrenzt handlungsfähig ist“. Dass es Vorbehalte gegen
Personalvorschläge für Karlsruhe gebe, sei zwar nichts Neues, sagte der
69-Jährige. „Nur: Bisher wurde das im Vorfeld geklärt“ – und hier habe …
Versäumnisse auf Seiten der von Spahn geführten Unionsfraktion gegeben.
Man könne nicht der SPD zusagen, die Wahl einer Richterkandidatin
mitzutragen, „um später festzustellen, dass die notwendigen Mehrheiten in
der eigenen Fraktion dafür nicht vorhanden sind“, kritisierte Müller.
Das Bundesverfassungsgericht sei allerdings arbeitsfähig, stellte Müller
klar. Dies sei so, weil „die drei Richter, deren Amtszeit zu Ende ist, so
lange bleiben, bis die gewählten Nachfolger übernehmen können“. Nun müsse
die politische Mitte „umsichtig“ nach einem neuen Kompromiss suchen.
## Grünen sehen fehlenden Respekt vor Karlsruhe
Die Grünen sehen in den Vorgängen fehlenden Respekt vor dem obersten
deutschen Gericht. Parteichefin Franziska Brantner kritisierte in den
Zeitungen der Mediengruppe Bayern, das Vertrauen in das höchste Gericht
werde „fahrlässig beschädigt“. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann
sagte im „heute journal up:date“ des ZDF, das Verfassungsgericht, die drei
Kandidaten und auch das Parlament hätten „massiven Schaden genommen“.
„Dafür trägt Jens Spahn die Verantwortung“, sagte sie.
Haßelmann bekräftigte die Forderung ihrer Fraktion, für die Wahl schon
kommende Woche in einer Sondersitzung des Bundestags einen Neuanlauf
vorzunehmen. Dazu könne jederzeit eingeladen werden. „Wir wollen doch keine
Hängepartie über den ganzen Sommer“, sagte sie. Dem Tagesspiegel zufolge
gibt es in der SPD Überlegungen zu einer Bundestags-Sondersitzung im
August.
## Bundestag tagt regulär erst am 10. September wieder
Am Freitag ist der Bundestag eigentlich in die parlamentarische Sommerpause
gestartet. Parlamentsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) hatte den
Bundestag planmäßig für den 10. September einberufen und zugefügt, er
„hoffe, das stimmt“.
Auch aus FDP-Sicht ist das Ansehen des obersten deutschen Gerichts
beschädigt worden. „Die aggressive Politisierung der Richterwahl ist eine
Gefahr für das Ansehen des Bundesverfassungsgerichts“, sagte der frühere
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Er befürchtet zugleich eine
abschreckende Wirkung der Vorgänge „auf herausragende Wissenschaftler, um
sich künftig für ein Richteramt zur Verfügung zu stellen“.
Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand
Kirchhof, sieht durch die geplatzte Wahl auch Folgen für die Arbeit des
Gerichts. Zwar seien dessen Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit nicht
gefährdet, weil ausscheidende Richter ihr Amt fortführen müssen, bis ein
Nachfolger gewählt ist, wie er bei ZDF heute live sagte. Jedoch werde das
Gericht voraussichtlich nur noch kurze Verfahren durchführen können, denn
„Richter müssen immer in derselben Besetzung in einer Sache entscheiden,
von Anfang bis zu Ende“. „Die schwierigen, die langen Verfahren werden
aufgeschoben und erst wieder gestartet, wenn der Senat in neuer Besetzung
vollständig ist.“
12 Jul 2025
## LINKS
[1] /Richterin-Frauke-Brosius-Gersdorf/!6100622
[2] /Wahl-neuer-Verfassungsrichterinnen/!6098392
[3] /Soziologe-ueber-AbtreibungsgegnerInnen/!6096111
[4] /Wahl-der-Bundesverfassungsrichterinnen/!6100619
[5] https://www.sueddeutsche.de/politik/richterwahl-peter-mueller-interview-li.…
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