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# taz.de -- Urteil gegen RBB-Intendantin: Intendantin haftet für ihre Millione…
> Das Urteil im Streit mit der ehemaligen RBB-Intendantin Patricia
> Schlesinger ist ein überfälliger Schritt. Ab sofort gilt das
> Haftungsprinzip.
Bild: Berlin, 15. Januar 2025: die ehemalige Intendantin des RBB im Landgericht
Das [1][Urteil des Berliner Landgerichts] im Streit der ehemaligen
RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und ihres früheren Senders wirkt auf
den ersten Blick wenig spektakulär.
Schlesinger hat Anspruch auf Zahlung des vertraglich mit ihr vereinbarten
Ruhegeldes nach ihrem Rausschmiss als Intendantin. Der RBB kann dafür
Schadensersatz geltend machen, unter anderem wegen falsch abgerechneter
Reisekosten und Dienstwagennutzung. Da Schlesinger erst mal als Testballon
nur auf die Nachzahlung eines Monats geklagt hatte, geht es auf beiden
Seiten um nicht besonders hohe fünfstellige Beträge. So what?
Jede Menge. Denn das Urteil eröffnet dem RBB den Weg, noch ganz andere
Summen von seiner ehemaligen obersten Chefin zu verlangen. Indirekt
bestätigt der Richterspruch – dessen genaue Begründung allerdings noch
nicht öffentlich vorliegt – ein bislang im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
noch nie gesehenes Haftungsprinzip. Ein*e Intendant*in ist die oberste
Herrscher*in ihres Senders. Auf die so ehrgeizige wie macht- und
durchsetzungsbewusste Patricia Schlesinger traf diese Bezeichnung noch in
besonderem Maße zu. Doch dass eine Herrscher*in auch wirklich haftet, ist
neu.
Das unter Schlesinger zwar nicht eingeführte, aber weiter ausgebaute System
von Bonuszahlungen an die RBB-Geschäftsleitung und eine freihändig von ihr
eingeführte ARD-Zulage sieht das Gericht als unzulässig an. Der Spaß hat
den RBB nach eigenen Angaben zusammen rund 1,8 Millionen Euro gekostet –
und nach dem am Mittwoch ergangenen sogenannten Grundurteil hat der Sender
hier Anspruch auf Schadensersatz. Die genaue Höhe steht noch nicht fest,
doch eigentlich ist sie wurscht. Denn das Entscheidende ist, dass das
Gericht klar feststellt, dass Schlesinger haftet – und zwar für den
gesamten Schaden.
## Spielregeln gelten für alle
Diese Feststellung dürfte noch immens wichtig werden, weil das dickste
Brett beim Kampf ums große Geld beim RBB noch aussteht. Hier geht es darum,
wer für die Millionen Euro beim Desaster um das einst so stolz geplante
digitale Medienhaus geradestehen muss. Allein die Planungsphase, aus der
das Projekt nie herauskam, schlug mit 18 Millionen Euro zu Buche, die
abgeschrieben werden mussten. Auf mindestens 13,6 Millionen Euro beziffert
der RBB die konkrete Schadenssumme für sich als Sender. Und die hätte er
nun gern von Schlesinger wieder.
Weil dieser Aspekt jetzt vom laufenden Verfahren abgetrennt wurde, muss ein
neues her. Doch auch in diesem wird der Spruch des Landgerichts eine
entscheidende Rolle spielen. Denn er fängt eine im öffentlich-rechtlichen
System bisher bestehende Lücke ein, die nach dem RBB-Skandal bereits die
Berliner wie die Brandenburger Landespolitik zu Recht massiv kritisiert
hatte. Weil Schlesinger als oberste Instanz des RBB zwar Spielregeln für
andere erlassen konnte, für sie als Intendantin aber offiziell keine
konkreten Compliance-Regeln galten, schien sie trotz erwiesener
Verantwortlichkeit davonzukommen.
Egal [2][wie die weiteren Verfahren beim RBB jetzt weitergehen], ist das
ein Gewinn. Und dann sind da ja noch die Ermittlungen der
Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Sie ermittelt weiterhin gegen
Schlesinger, ihren Ehemann und den ehemaligen
RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf, der Verdacht lautet auf
Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme. Sollten sie auch strafrechtlich
belangt werden, wird es vermutlich richtig teuer.
Denn dann haftet auch nicht mehr die Directors and Officers Liability
Insurance, mit der beim RBB – wie bei vielen anderen Unternehmen – die
oberste Geschäftsführungsebene gegen Managementfehler abgesichert ist.
Das Urteil wird Auswirkungen für den gesamten öffentlich-rechtlichen
Rundfunk haben. Künftig wird gehaftet. Und das macht nicht nur Sinn,
sondern ist überfällig. Schließlich geht es um das Geld der
Beitragszahler*innen, die sich – übrigens ebenfalls zu Recht – nicht
aussuchen können, ob sie für die solidarisch finanzierten
öffentlich-rechtlichen Medien bezahlen wollen oder nicht.
Damit schafft das Urteil vom Mittwoch in einem übergeordneten Sinne
schlicht Beitragsgerechtigkeit.
20 Aug 2025
## LINKS
[1] /Der-RBB-muss-Schlesinger-ein-Ruhegeld-auszahlen---warum-das-kein-Sieg-fuer…
[2] /!6106901/
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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