# taz.de -- Afrikanischer Kontinent: Im Schatten der globalen Rechten | |
> Die Entwicklungen in Afrika und die Politik der extremen Rechten scheinen | |
> wenig miteinander zu tun zu haben. Und doch sind sie tief verflochten. | |
Bild: Ein genauerer Blick auf die Verflechtungen zwischen der Politik der extre… | |
US-Präsident Donald Trump machte Schlagzeilen, als er die südafrikanische | |
Regierung auf Truth Social beschuldigte, „Land zu konfiszieren und | |
bestimmte Bevölkerungsgruppen sehr schlecht zu behandeln“. Hintergrund ist | |
ein Anfang 2024 verabschiedetes neues Landenteignungsgesetz, das Trump als | |
Vorlage diente, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Es ist nicht das | |
erste Mal, dass Trump ein Auge auf Südafrika wirft. | |
Bereits 2018 twitterte er, er habe „Außenminister @SecPompeo gebeten, die | |
Land- und Farmbeschlagnahmungen und Enteignungen in Südafrika sowie die | |
massenhafte Tötung von Farmern genau zu untersuchen“. Elon Musk bediente | |
auf X das gleiche Framing, indem er das rechtsextreme Narrativ eines | |
angeblichen „weißen Völkermords“ mobilisierte. Dessen vermeintliche | |
[1][Hauptopfer? Afrikaners – burische Farmer]. | |
Natürlich ging es Trump in beiden Fällen nicht wirklich um die Afrikaners. | |
Vielmehr bewies er Geschick für das Aufspüren von Ängsten und nutzte sie | |
für seine eigenen Zwecke. Die Strategie: Der Gedanke an Verlust von | |
Privilegien und Eigentum, der durch eine Schwarze Mehrheitsherrschaft | |
herbeigeführt würde, könnte einen Nerv bei seiner Basis weltweit treffen. | |
Für die [2][südafrikanische Organisation AfriForum], Sprachrohr für die | |
Idee der „weißen Vorherrschaft“, dürfte damit ein Plan aufgegangen sein. | |
Trumps Anerkennung ihrer Notlage ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit, die | |
die Afrikaners in Post-Apartheid-Südafrika als Opfer von anti-weißem | |
Rassismus, Landenteignung und genozidaler Gewalt inszeniert hat. Doch diese | |
rechtsextreme Ideologie betrifft längst nicht nur Südafrika und die USA. | |
Rechtsextreme Gruppen auf der ganzen Welt, darunter auch die AfD, haben | |
begonnen, sich dieses Framing zu eigen zu machen. | |
## Ideologische Verstrickungen | |
Es lohnt sich ein genauerer Blick auf die Verflechtungen zwischen der | |
Politik der extremen Rechten und den Geschehnissen in Afrika, auch wenn die | |
beiden Phänomene politisch und geografisch wenig gemein zu haben scheinen. | |
Afrika und Elemente des rechtsextremen Denkens schließen sich keinesfalls | |
gegenseitig aus. Sowohl als politischer Raum als auch als Kategorie ist der | |
Kontinent für die globale extreme Rechte alles andere als irrelevant. | |
Die Verstrickung zwischen Afrika und der extremen Rechten ist ideologischer | |
Natur. Natürlich gilt zu beachten, dass das globale rechtsextreme Milieu | |
kein homogener Block ist. Dennoch haben bestimmte Bestandteile des | |
rechtsextremen Ideologieapparats eine transversale Kraft entwickelt. | |
Beispiele gibt es viele: das Misstrauen der Rechtsextremen gegenüber der | |
Globalisierung und dem liberalen Universalismus, ihre offen | |
patriarchalisch-autoritäre Ausrichtung und ihre Unterstützung für andere | |
Arten starrer sozialer Hierarchien/Ungleichheiten, ihre reaktionäre Haltung | |
zu sexuellen Rechten und LGBTQ-Themen, ihre Ablehnung demokratischer | |
Institutionen und unabhängiger Bürokratien sowie das ideologische Streben | |
bestimmter rechtsextremer Gruppen nach einer Welt relativ homogener | |
Nationalstaaten, die um eine dominante Kultur herum organisiert sind. | |
Bemerkenswerterweise finden diese Ideen nun selbst bei solchen | |
gesellschaftlichen Gruppen Unterstützung, die historisch gesehen oft Opfer | |
von weißer Vorherrschaft waren, so auch bei politischen Akteur*innen und | |
Bevölkerungen in Afrika und an anderen Orten im Globalen Süden. Ähnlich | |
verhält es sich mit militanten und revanchistischen Anti-LGBTQ-Haltungen, | |
die Politiker*innen und [3][Aktivist*innen in Brasilien], Uganda, Kenia | |
und Ghana mit der rechtsextremen Politik in den USA verbinden. | |
## Evangelikale sind mitverantwortlich | |
Die missionarischen Aktivitäten evangelikaler Kirchen sind zweifellos das | |
Bindeglied zwischen diesen weit entfernten Regionen. Darüber hinaus könnte | |
die libertäre Strömung, die die rechtsextreme Politik in den USA und | |
anderswo mit überformte, auch unter Jugendlichen und Unternehmer*innen | |
des Kontinents Anklang finden. Schließlich wurden sie in einer Welt | |
sozialisiert, die „afrikanischen Kapitalismus“, Start-ups und Unternehmer | |
als Schöpfer von Wohlstand normalisierte. | |
Der zweite Aspekt der Verstrickung zwischen Afrika und der extremen Rechten | |
sind nostalgisch-utopische Wünsche. Bereits während Trumps erster Amtszeit | |
wurde „Rhodesien“ zum neuen Walhalla einiger weißer Rassisten, für die die | |
Kämpfe im MAGA-Amerika und im heutigen Simbabwe miteinander verbunden sind | |
(„[4][Make Zimbabwe Rhodesia Again]“). Als Vorstellung eines | |
Apartheidstaats, der auf der Herrschaft „vernünftiger“, heterosexueller, | |
weißer Männer beruht, scheint „Rhodesien“ die Fantasie Rechtsextremer als | |
eine anzustrebende Utopie der Vergangenheit beflügelt zu haben. | |
Man kann nur spekulieren, warum das Apartheid-Rhodesien das | |
Apartheid-Südafrika in der nostalgischen utopischen Vorstellung bestimmter | |
rechtsextremer Gruppen übertrumpft. Ein Grund könnte sein, dass sich | |
Rhodesien aufgrund seiner 1965 durch Ian Smith verkündeten Abspaltung vom | |
britischen Empire und seines „Buschkrieges“ mit feindlich gesinnten | |
Nachbarstaaten und Gruppierungen in ein „Last Man Standing“-Narrativ | |
einfügt. | |
Gerade in rechtsextremen Kreisen mit Prepper-Ausrichtung findet dies | |
Anklang: ein kleiner, autarker Staat, der für seine (rassistischen) | |
Prinzipien heroisch bis zum bitteren Ende kämpft und sich dabei sogar gegen | |
das „woke“ gewordene Mutterland wendet. (Großbritannien entließ in den | |
1960er Jahren viele Kolonien in die Unabhängigkeit – ein Akt, den Rechte | |
aus heutiger Sicht als „weiße Schwäche“ deuten). | |
## Syndrom der falschen Freunde | |
Ein weiterer Aspekt der Verstrickung zwischen Afrika und der extremen | |
Rechten kann als Syndrom der falschen Freunde bezeichnet werden – eine | |
Variante des Sprichworts: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Hier | |
spielt Russland eine zentrale Rolle. Als es in den Sahel-Staaten [5][Mali] | |
und [6][Burkina Faso zu Militärputschen] kam, die in der Bevölkerung von | |
einer starken Stimmung gegen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich | |
getragen wurden, füllte Russland die Lücke als vermeintlich freundlicher | |
und antikolonialer geopolitischer Akteur. | |
Russland gilt auch als zentrale Kraft in den Brics-Staaten, die eine | |
alternative Weltordnung anstreben, solidarisch mit den afrikanischen | |
Forderungen nach Vollendung des Entkolonialisierungsprozesses. Manche mögen | |
diese Allianzen voreilig als Abkehr von der euro-atlantischen Kolonialität | |
feiern. Das ist ein ernst zu nehmender Wunsch, der jedoch schnell in eine | |
neue Sackgasse führen könnte. | |
Schließlich hat Russland in den vergangenen Jahren maßgeblich zur | |
Destabilisierung politischer Systeme in westlichen Länder durch die | |
Cyber-Kriegsführung von Fake News verbreitenden Trollarmeen beigetragen. | |
Das hat den Aufstieg und die Konsolidierung der extremen Rechten in vielen | |
Bereichen maßgeblich gefördert, insbesondere in den USA. Präsident Wladimir | |
Putins Politik des starken Mannes gilt vielen Rechten dabei als Vorbild. | |
Sofern Putins Ideologie dem ethno-nationalistischen Denken des Politikers | |
und Philosophen [7][Aleksandr Dugin] folgt, ist Russlands Einmarsch in die | |
Ukraine als Umsetzung von Dugins Ideen zu verstehen. Dugin plädiert seit | |
vielen Jahren dafür, die Kräfte des Westens zurückzudrängen und eine für | |
den Globalismus der NATO und den westlichen Liberalismus undurchdringliche | |
größere eurasische Zivilisation aufzubauen. | |
## Russlands langer Arm | |
Wie bereits angedeutet, erstreckt sich dieses Ziel nun auch auf den | |
afrikanischen Kontinent, wo die frankophilen Regime in Westafrika durch von | |
Russland unterstützte Militärputsche gestürzt wurden, und die | |
[8][Söldnergruppe Wagner] auf dem gesamten Kontinent Kriege für eine Reihe | |
afrikanischer Regime führt. Doch wie viel „Freund“ steckt in Russland? | |
Erstens legt seine Unterstützung für offen rassistische und | |
weiß-vorherrschende Kräfte in Europa und Nordamerika nahe, dass Afrika ihm | |
nicht allzu sehr vertrauen sollte. | |
Zweitens lassen Russlands imperiale Ambitionen weitere Zweifel an der | |
Wohltätigkeit von Putins Handeln aufkommen. Und tatsächlich haben dessen | |
Auswirkungen den Afrikaner*innen bereits großen Schaden zugefügt – sei | |
es als Opfer einer [9][durch den Ukrainekrieg verursachten | |
Lebensmittelpreiskrise] oder als Opfer der Gräueltaten der Wagner-Gruppe, | |
die Kriege in so unterschiedlichen Ländern wie Mali, Sudan, der | |
Zentralafrikanischen Republik und Mosambik geführt hat. | |
Die Gruppe ist dafür bekannt, dass sie rechtsextreme Verbindungen hat. Ihre | |
Gräueltaten haben also unmittelbare Verbindungen zu den zutiefst | |
rassistisch geprägten Formen von extremer Gewalt, die Afrikaner*innen | |
angetan wurde und wird. Der letzte Aspekt der Verflechtung zwischen Afrika | |
und der extremen Rechten ist der Wunsch nach Ressourcen. Zwar verfolgt auch | |
Russland über die Wagner-Gruppe diese Begehrlichkeiten, doch verdient das | |
Gerangel um seltene Erden als Teil des geopolitischen KI-Wettlaufs zwischen | |
den USA und China besondere Aufmerksamkeit. | |
Um sich den Zugang zu Infrastrukturen und seltenen Ressourcen zu sichern, | |
die für den wirtschaftlichen und geopolitischen Wettlauf mit China von | |
entscheidender Bedeutung sind, ist Trump vermutlich bereit, den | |
territorialen Einflussbereich der USA auch mit Gewalt zu vergrößern. Afrika | |
verfügt über 30 Prozent der Mineralien, die für die künftige Elektronik- | |
und KI-Entwicklung von entscheidender Bedeutung sind, und die Unternehmen | |
des Silicon Valley haben sich auf direktere Weise in den Wettlauf | |
eingeschaltet. | |
Sicherlich ist die globale extreme Rechte kein homogener Block, aber man | |
muss sehen, dass Anti-Schwarzsein und zutiefst patriarchalische Ansichten | |
über Macht, Geschlecht und Politik ihre unterschiedlichen Sphären wie ein | |
Bindegewebe umspannen. In einer Zeit, in der die globale extreme Rechte | |
übermäßig erfolgreich darin zu sein scheint, Welten zu zerstören und ihre | |
eigenen Welten aufzubauen, müssen progressive Kräfte auf dem Kontinent eine | |
politische Praxis und Visionen entwickeln, die dem Projekt der globalen | |
extremen Rechten diametral entgegenstehen. | |
22 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /USA-nimmt-weisse-Suedafrikaner-auf/!6087907 | |
[2] https://afriforum.co.za/en/ | |
[3] /Transfeindlichkeit-in-Brasilien/!5940251 | |
[4] https://www.revoltnoir.com/product/make-zimbabwe-rhodesia-again-t-shirt/ | |
[5] /Staatsstreich-in-Mali/!5702846 | |
[6] /Putsch-in-Burkina-Faso/!5885073 | |
[7] /Der-russische-Faschist-Alexander-Dugin/!5836919 | |
[8] /Wagner-Nachfolger-in-Afrika/!5998414 | |
[9] /Ukraine-Krieg-gefaehrdet-Versorgung/!5835511 | |
## AUTOREN | |
Stefan Ouma | |
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