# taz.de -- Waldbrände 2025: Brennpunkt Europa | |
> Vom Mittelmeer bis nach Brandenburg: Ein Sommer im Zeichen der Klimakrise | |
> – mit dem Epizentrum in Südeuropa. Auch Deutschland ist betroffen. | |
Bild: An der Grenze zwischen Bursa und Balikesir ist ein Waldbrand ausgebrochen… | |
Der Deutsche Wetterdienst hat vor zehn Jahren extra einen neuen Index | |
entwickelt, um vor dieser Gefahr zu warnen: den Waldbrandgefahrenindex | |
(WBI). Aktuell ist der nach dem vielen Regen nur ganz im Osten beige | |
eingefärbt – „geringe Gefahr“. Im Juni sah das ganz anders aus: Weite Te… | |
Deutschlands waren tiefrot, „sehr hohe Waldbrandgefahr“. | |
Tatsächlich haben auch in Deutschland Anzahl und Intensität der | |
[1][Waldbrände] zugenommen: Standen im Jahr 2014 noch 214 Hektar | |
hierzulande in Flammen, so waren es 2019 bereits 2.711 Hektar. Allein im | |
Landkreis Ludwigslust-Parchim verbrannten damals 944 Hektar. Der bislang | |
größte Waldbrand in Mecklenburg, mehr als 3.000 Feuerwehrleute waren im | |
Einsatz. | |
2020 wütete im deutsch-niederländischen Grenzgebiet nahe Viersen | |
(Nordrhein-Westfalen) ein Großbrand, 4.000 Einwohner wurden in Turnhallen | |
noteinquartiert. 2022 brannte die Sächsische Schweiz, in Südbrandenburg | |
gingen 1.000 Hektar im Feuer unter. In diesem Jahr verlor die Gohrischheide | |
(Sachsen) mindestens 600 Hektar Wald, bis Mitte Mai war die Feuerwehr im | |
Harz bereits 35-mal ausgerückt, „ein Ausnahmejahr“, sagte der Harzer | |
Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse dem MDR. | |
Den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Waldbränden untersucht | |
Christopher Reyer am Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Im | |
vergangenen Jahr erschien eine Studie, an der er mitgearbeitet hatte: „Wir | |
sehen einen klaren Einfluss des Klimawandels“, sagt Reyer der taz. Demnach | |
ist die verbrannte Fläche weltweit von 2003 bis 2019 um 15,8 Prozent | |
gestiegen. Vor allem in Australien, Südamerika, West-Nordamerika und | |
Sibirien hat die Feueraktivität zugenommen, was die Forscher mit | |
trockeneren und wärmeren Wetterbedingungen begründen. | |
Und das wird immer mehr zum Gesundheitsrisiko: „Die Auswirkungen des | |
Rauches von Feuern treffen nicht nur die Menschen unmittelbar dort, wo es | |
brennt“, erklärt Reyer, „auch die städtische Bevölkerung leidet erheblich | |
darunter.“ In einer zweiten Studie untersuchte er mit Kolleg:innen | |
nämlich, wie sich die Gesundheitsrisiken durch die Feuer in den letzten 60 | |
Jahren verändert haben. | |
Demnach hat sich die Zahl der Todesopfer durch die Luftverschmutzung seit | |
den 1960er Jahren auf knapp 100.000 verdoppelt. „Rauchbelastung kann | |
ernsthafte gesundheitliche Folgen haben“, sagt Reyer. Das ist kein Problem | |
weit weg von uns: Als es 2018 in Treuenbrietzen südlich von Potsdam | |
brannte, zog der Rauch bis in die Brandenburger Hauptstadt und weiter nach | |
Südberlin. | |
Zu allem Überfluss heizen die Waldbrände den Klimawandel weiter an, die | |
borealen Wälder im hohen Norden, etwa in der Taiga, gelten sogar als | |
Kippelement im globalen Klima. Noch speichern sie große Mengen | |
Treibhausgas, ab einer bestimmten Schwelle des Klimawandels werden sie aber | |
unwiederbringlich verloren gehen. „Brennende und absterbende Wälder setzen | |
gespeicherten Kohlenstoff frei“, sagt PIK-Experte Reyer. Im Sommer 2020 | |
brannten wochenlang in Nordsibirien riesige Waldflächen. Laut Copernicus | |
stießen die Taigabrände 244 Millionen Tonnen CO2 aus – mehr als ganz | |
Spanien in einem Jahr. | |
Auch der Amazonas stellt so einen Kipppunkt dar: Wegen der starken | |
Sonnenintensität am Äquator und der Feuchtigkeit des Waldes verdunstet dort | |
sehr viel Wasser, es bilden sich Wolken. „Diese regnen dann im Flachland | |
und an den Hängen der Anden wieder ab und versorgen den Regenwald so mit | |
neuem Wasser“, sagt Reyer. Eigentlich ein sich selbst erhaltendes System, | |
das bei Hitzestress ins Stocken gerät: 2024 brannte allein in Brasilien | |
eine Fläche so groß wie Italien. | |
„In Deutschland gehören Feuer, was die betroffenen Fläche angeht, zu den | |
weniger relevanten Waldstörungen“, sagt Reyer vom Potsdam-Institut. 2024 | |
beispielsweise war ein sehr nasses Jahr, Brandanzahl als auch die | |
verbrannte Fläche lagen deutlich unter dem langjährigen Mittel in der | |
Statistik. Allerdings hilft uns der Wald in Deutschland nicht mehr beim | |
Klimaschutz, er gibt mehr Kohlendioxid ab, als er speichert. Genau das | |
zeigt die Vierte Bundeswaldinventur. | |
In Deutschland stehen mehr als 100 Milliarden Bäume (Größe über 20 | |
Zentimeter), seit 2017 ermittelt das Thünen-Institut eine | |
„Kohlenstoffinventur“ – beantwortet zum Beispiel die Frage, wie viel | |
Kohlenstoff in den hiesigen Bäumen gebunden wird. Das Ergebnis aus dem | |
letzten Jahr: Der Kohlenstoffvorrat ist um 41,5 Millionen Tonnen | |
zurückgegangen. Das bedeutet: So viel Treibhausgas hat der Wald wieder | |
abgegeben, entsprechend stark ist die deutsche Klimaschuld angestiegen – um | |
mehr als 6 Prozent. Grund sind die Hitzesommer 2018, 2019, 2021, die dem | |
Wald zugesetzt haben, die Bäume sind kaum gewachsen. Der aktuelle | |
Waldzustandsbericht ergab: Nur noch 18 Prozent der Buchen sind gesund, bei | |
den Eichen sind es sogar nur noch 16 Prozent. | |
## Spanien: Die Ära der 6. Generation | |
Spanien lebt in ständiger Furcht vor einem erneuten Waldbrand der 6. | |
Generation. Das sind Brände, die so viel Energie und Hitze freisetzen, dass | |
sie ein Eigenleben führen. Sie sind in der Lage, die Wetterbedingungen in | |
ihrer Umgebung zu verändern. Es entstehen Wolken, Stürme und sogar Blitze. | |
Solche Waldbrände breiten sich explosionsartig aus – sogar gegen den Wind – | |
und geraten dann völlig außer Kontrolle. | |
Wie das aussieht, zeigte sich Anfang Juli in der katalanischen Provinz | |
Lleida im Nordosten der Iberischen Halbinsel. Ein riesiges Gebiet lag unter | |
einer 14 Kilometer hohen Rauch- und Aschewolke. Die Feuerfront rückte mit | |
einer Geschwindigkeit von über 28 Kilometer pro Stunde vor. An | |
Löscharbeiten war nicht mehr zu denken. Erst nach starken Niederschläge | |
konnte der Brand unter Kontrolle gebracht werden. Zu beklagen waren am Ende | |
zwei Tote und 5.500 Hektar verbranntes Land – eine Fläche halb so groß wie | |
die Stadt Barcelona. | |
„Der Begriff ‚Feuer der sechsten Generation‘ bezieht sich auf Brände von | |
solcher Intensität, dass sie die Dynamik der oberen Atmosphärenschichten | |
verändern und Winde erzeugen, die sich nur schwer berechnen lassen, was | |
eine Vorhersage des Brandverhaltens unmöglich macht“, erklärte Inazio | |
Martínez de Arano, Direktor des Mittelmeer-Regionalbüros des Europäischen | |
Forstinstituts. Trockenheit und die infolge des Klimawandels viel zu hohen | |
Temperaturen lassen das Waldbrandrisiko ständig steigen. | |
Der Juni dieses Jahres war der heißeste Juni, der in Spanien bisher | |
registriert wurde. Er lag 2,81 Grad über dem Durchschnitt im Zeitraum von | |
1991 bis 2020. Hinzu kommt die Vernachlässigung von Wäldern und die Aufgabe | |
landwirtschaftlicher Nutzflächen. | |
So sammelt sich immer mehr brennbare Biomasse an. Ein explosives Gemisch. | |
In Lleida war es – so die Ermittlungen – ein Funke, verursacht durch eine | |
landwirtschaftliche Maschine, der den Brand auslöste. | |
95 Prozent der Brände sind menschengemacht. Meist nicht beabsichtigt, | |
entstehen sie etwa durch Verbrennen von Reisig, bei anderen | |
landwirtschaftlichen Arbeiten, Verkehrsunfällen und leider auch durch | |
Funkenflug beim eigentlich im Sommer verbotenen Grillen. In jenen | |
ländlichen Gegenden, wo während des Baubooms besonders viele Häuser | |
entstanden, kommt es häufiger zu Bränden – meist ausgelöst durch | |
Blitzeinschläge. | |
Brände der 6. Generation sind nach wie vor die Ausnahme, ihre Häufigkeit | |
nimmt allerdings zu. Die Einstufung eines Brandes in 1., 2. oder 3. | |
Generation hängt von der Windstärke sowie der Größe des Brandherds ab. | |
Die 4. Generation sind Großbrände in Gebieten, wo Land und Wohngegend sich | |
abwechseln. Von der 5. Generation wird gesprochen, wenn ein Großbrand von | |
mehreren Brandherden auf einmal ausgeht und die Bevölkerung gefährdet, was | |
die Gefahren bei der Brandbekämpfung erhöht. | |
Vom 1. Januar bis zum 29. Juli 2025 haben die Brände in Spanien insgesamt | |
35.923 Hektar zerstört. Dies entspricht 12,2 Prozent der 292.855 Hektar, | |
die bisher in diesem Jahr in der Europäischen Union (EU) verbrannt sind, so | |
die Daten des Waldbrandinformationssystems (Effis) der EU-Kommission. 2024 | |
brannten insgesamt 47.711 Hektar – etwas mehr als die halbe Fläche von | |
Berlin. Spanien und das Nachbarland Portugal sind die Länder der EU, in | |
denen es am häufigste brennt. | |
## Griechenland: Nur Asche und Staub | |
Eine der [2][größten Feuertragödien in Griechenland] nimmt am Mittag des | |
heißen 23. Juli 2018 ihren Anfang, als ein 65-jähriger Bewohner die irre | |
Idee hat, Gras und trockene Äste auf seinem Feld auf dem attischen | |
Penteliberg zu verbrennen. Total fatal. | |
Das Feuer bricht aus – und gerät binnen kürzester Zeit völlig außer | |
Kontrolle. Kein Wunder: Zu diesem Zeitpunkt fegen Sturmböen mit bis zu acht | |
Beaufort durch die Region, und der Boden ist nach monatelanger Dürre | |
ausgetrocknet. Die Feuerwalze breitet sich rasend schnell in die Hänge des | |
Penteligebirges hinunter aus, hinterlässt eine Schneise der Verwüstung und | |
erreicht schließlich den ostattischen Küstenort Mati. Einwohner wie | |
Urlauber können nicht rechtzeitig fliehen. Sie werden in ihren Häusern | |
eingeschlossen, verbrennen oder kommen ums Leben, als sie versuchen, zu Fuß | |
oder mit ihren Autos der Feuersbrunst zu entkommen. Die verheerende Bilanz | |
der Mati-Tragödie: 104 Todesopfer, enorme Sachschäden. Eine biblische | |
Katastrophe. | |
Den Anfang der diesjährigen Waldbrandsaison in Hellas machte die östliche | |
Ägäisinsel Chios. Genau 4.091 Hektar Fläche brannten vom 22. Juni bis 24. | |
Juni im Herzen des Eilands nieder. Bäume, Sträucher, Weideflächen, | |
Agrarflächen sowie Naturschutzgebiete fielen dem Großfeuer zum Opfer. Auch | |
12.000 der einzigartigen Mastixbäume, aus denen das kostbare Harz gewonnen | |
wird, sind laut empörten Produzenten vollständig zerstört. | |
Das hierzulande jüngste Großfeuer fängt am 25. Juli auf der Insel Kythira, | |
südlich der Halbinsel Peloponnes gelegen, an und verwüstet hernach große | |
Landstriche. Kythira, bislang vom Massentourismus verschont, droht laut | |
Experten zur Wüste zu werden. | |
Professor Efthymios Lekkas, Experte für Naturkatastrophenmanagement und | |
Leiter der griechischen Organisation für Erdbebenplanung und -schutz, sieht | |
im Brand auf Kythira einen „schweren Schlag“ für das empfindliche Ökosyst… | |
der Insel. „Der Waldbrand hat ein Gebiet zerstört, das sich gerade erst von | |
dem verheerenden Feuer von 2018 erholt hatte. Das Gebiet wird jetzt (nach | |
dem neuerlichen Brand) kaum zu retten sein“, sagte er. Lekkas’ Befund: „D… | |
ist ein kritischer ökologischer Wendepunkt.“ | |
Das Großfeuer auf Kythira brach auf dem Höhepunkt einer 13-tägigen | |
Hitzewelle aus – einer der längsten, die je in Griechenland gemessen | |
wurden. Der 25. Juli war der heißeste Tag: An 362 Messstationen wurden über | |
37 Grad, an 167 sogar über 40 Grad gemessen. Anwohner und Touristen | |
schwitzten um die Wette. | |
Am heißesten war es im Ort Skala im Südpeloponnes, nicht weit von Kythira | |
entfernt: 45,8 Grad. Trotz EU-finanzierter AntiNero-Programme greifen die | |
Präventivmaßnahmen kaum: Bis zum 31. Juli 2025 haben 27 Großbrände in | |
Griechenland bereits 19.464 Hektar Land zerstört. | |
Das hat das Europäische Informationssystem für Waldbrände (EFFIS) erfasst. | |
Unterm Strich belief sich die von 2021 bis 2024 verbrannte Fläche in | |
Griechenland auf enorme 369.945 Hektar. Dies entspricht 3.699 | |
Quadratkilometern oder der Fläche von gleich drei Bundesländern zusammen: | |
Saarland, Hamburg und Bremen. | |
Auch das Nachbarland Zypern leidet. Das Feuer bei Limassol, das am 23. Juli | |
ausbrach, hinterließ laut Satellitendaten vom 24. Juli rund 125 | |
Quadratkilometer verbrannte Erde. 50 Prozent der verbrannten Fläche seien | |
Weideland, 31 Prozent Hartlaubvegetation, 16 Prozent Baumvegetation und 1,3 | |
Prozent Siedlungsgebiete. Die grüne Lunge von Limassol ist nur noch Asche | |
und Staub. | |
## Türkei: Kein Klima-Bewusstsein | |
Es war apokalyptisch. Eine Woche lang raste ein Feuersturm durch die | |
Türkei, wie es ihn in dem Land noch nie gegeben hatte. Angefangen von | |
Antakya im Südosten über Teile der Mittelmeerküste bei Antalya, rauf in den | |
Norden in die Mittelgebirge, die die Schwarzmeerküste vom anatolischen | |
Hochland trennen, und weiter in den Nordwesten bis an die ägäische Küste. | |
[3][Zeitweise brannte es in 85 Wäldern gleichzeitig]. Etliche Dörfer | |
mussten evakuiert werden. Die Feuerwehren waren überfordert – es mangelte | |
überall an Löschflugzeugen und Hubschraubern. Die Flammen zerstörten nicht | |
nur riesige Waldgebiete, sondern forderten auch 14 Menschenleben – | |
Feuerwehrleute und Waldarbeiter, die eingeschlossen waren oder im | |
unwegsamen Gelände verunglückten. | |
Ausgerechnet rund um die Millionenmetropole Bursa im Nordwesten der Türkei | |
wüteten die schlimmsten Brände. Die viertgrößte Stadt des Landes trägt den | |
Beinamen „Yeşil Bursa“ – das grüne Bursa –, da sie am Fuße des 2.500… | |
hohen Uludağ von uralten Wäldern umgeben ist. Diese fast urwaldartigen, | |
natürlich gewachsenen Wälder konnten bislang genug Wasser speichern und | |
galten als wenig brandanfällig. Anders als die im Sommer ausgedörrten | |
Kiefernwälder an der Mittelmeerküste ist der Baumbestand rund um Bursa, im | |
ganzen Nordwesten des Landes und entlang der fast immer regenfeuchten | |
Schwarzmeerküste normalerweise vor Waldbränden sicher. Doch in diesem Jahr | |
ist alles anders. Seit zehn Tagen liegt über der Türkei eine in dieser | |
Dimension noch nie erlebte Hitzewelle. Rund 80 Prozent des Landes litten | |
unter Temperaturen bis zu 40 Grad, ganz im Südosten, um die kurdische | |
Metropole Diyarbakır, erreichten die Temperaturen auch 50 Grad. | |
„Bei diesen Temperaturen reicht der geringste Funke, um einen Großbrand | |
auszulösen“, sagte der Landwirtschafts- und Forstminister İbrahim Yumaklı | |
zu den Vorwürfen, die Türkei sei auf die Feuer schlecht vorbereitet | |
gewesen. „Natürlich können wir bei so vielen Bränden nicht überall sein.�… | |
Tatsächlich wurden in etlichen Gegenden Stromleitungen abgeschaltet, weil | |
man fürchtete, dass Funken aus den überlasteten Leitungen weitere Brände | |
auslösen könnten. | |
Mittlerweile sind die meisten Großbrände wieder unter Kontrolle, auch rund | |
um Bursa konnte das Schlimmste verhindert werden. Doch die Gefahr weiterer | |
Großbrände bleibt bestehen. Die Temperaturen sind stellenweise gesunken, | |
bleiben aber insgesamt zu hoch. Jede Unachtsamkeit kann einen neuen Brand | |
auslösen. Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärte am Mittwochabend, rund 90 | |
Prozent der Brände seien auf menschliches Versagen oder Brandstiftung | |
zurückzuführen. | |
Auch in Bursa wurde nun ein Mann verhaftet, der angeblich aktiv Brände | |
gelegt haben soll. Über 30 Personen wurden festgenommen – sie stehen im | |
Verdacht, Brände verursacht zu haben. Die Regierung will nun die Strafen | |
für Brandstiftung erhöhen. Forstexperten fordern ein besseres | |
Waldmanagement zur Prävention von Bränden. Dorfgemeinschaften haben damit | |
begonnen, in den Wäldern in ihrer Umgebung Glasflaschen aufzusammeln, die | |
in der Sonne Brände auslösen könnten, und den Waldboden von Unterholz zu | |
räumen. Auch sollen die Wälder in den Sommermonaten nicht mehr betreten | |
werden. „Was fehlt“, sagt der Forstwissenschaftler Osman Elvan der Zeitung | |
Hürriyet, ist ein Bewusstsein dafür, dass angesichts der neuen | |
Klimasituation ein völlig anderes Verhalten zum Schutz der Wälder notwendig | |
ist“. | |
## Balkan: Als der Regen kam | |
Viele kennen den Song von 1959 wohl nicht mehr, oder doch? Wer den | |
bisherigen Sommer am Mittelmeer durchgestanden hat, dem ging nach dem Regen | |
am Dienstag in Kroatien, Bosnien und Nordserbien das Lied der Französin | |
Dalida, „Am Tag, als der Regen kam, heiß ersehnt, heiß erfleht …“, nicht | |
mehr aus dem Kopf. „Auf die glühenden Felder, auf die durstigen Wälder“ | |
fiel er endlich, der Regen. | |
Vorbei die Wochen unter der glühenden Hitze an der Adriaküste von 35 bis 38 | |
Grad, sogar schon im Juni. Das Wasser der Adria, inzwischen auf 27 oder 28 | |
Grad erhitzt, brachte nur wenig Erfrischung. Lediglich die neu angekommenen | |
Touristen aus dem kalten Norden freuten sich über die Wärme und das Meer. | |
Am Strand gab es viel entblößte weiße Haut. Sie brachten sogar ihre | |
Kleinkinder an den glühenden Kieselstrand, manche achteten mehr auf ihre | |
Handies als auf ihren Nachwuchs, der bald anfing zu kreischen. Vor allem | |
die Babys schienen zu leiden. „Welche Unverantwortlichkeit“, bedeutete eine | |
Touristin und zeigte auf die Eltern. | |
Im Inland stiegen die Temperaturen sogar auf weit über 40 Grad, wie in der | |
von Touristen überlaufenen Stadt Mostar, die nur durch den kühlen Fluss | |
Neretva dort zu ertragen ist. Vor allem in der Herzegowina bedeutete das | |
Waldbrandgefahr, in der Tat fingen große Wald- und Macchiaflächen Feuer, in | |
dem herzegowinischen Städtchen Prozor fingen schon die Häuser am Stadtrand | |
an zu brennen. | |
Aber auch ohne die Brände macht die Hitze nicht nur nordische Menschen | |
benommen, das Hirn erscheint selbst den Einheimischen plötzlich entleert, | |
ausgebrannt, klare Gedanken verschwimmen, steigern sich bei einigen zu | |
Angst- und anderen Fantasien. | |
Aber wer sich an die Regeln hält und die Siesta respektiert, nur während | |
der Morgenfrische in den Feldern und Gärten arbeitet, entgeht diesem | |
Schicksal. Das meint jedenfalls der Dalmatiner, der Endsechziger Toni, der | |
nach wie vor auf der Insel Ciovo seinen Olivenhain betreut. Und sich jetzt | |
über den Regen freut. | |
In Dalmatien, in der Herzegowina und in Bosnien kam dieser als ein | |
Fadenregen an, der langsam in den Boden einsickerte, ein Regen, der dazu | |
einlud, ihn auf der nackten Haut zu spüren, der die Hitze beendete, ein | |
Lebenselixier. Als er sich während der Nacht verdichtete, auf die Dächer | |
trommelte, kleine Bäche in den Hängen der Olivenhaine bildete und die | |
Lufttemperatur auf 22 Grad stürzte, war es vorbei mit der Hitze. Und den | |
Waldbränden in der Herzegowina. | |
Der Dienstag war also der Tag, als der Regen kam. Für die Leute in Istrien, | |
den nördlicher liegenden Gebieten in Kroatien und Slowenien war das | |
Geschehen weniger romantisch. Dafür aber ein radikalerer Wettersturz. Im | |
Norden Kroatiens fielen aus dem heißen Nichts unter Donnerbegleitung | |
Hagelkörner groß wie Tennisbälle, Stürme ließen Boote kentern, sogar in | |
Split verkeilte sich eine Fähre mit einem Passagierschiff, die | |
Schiffsverbindungen zu den zahllosen kroatischen Inseln mussten zumindest | |
kurzzeitig unterbrochen werden. | |
Das Wetter ist noch unberechenbarer geworden, heißt es in den lokalen | |
Medien. Dass die Erderwärmung voranschreitet, ist allgemeiner Tenor. „Ihr | |
in Deutschland solltet bald aufpassen, denn schon jetzt verdunstet | |
unglaublich viel Wasser in der Atmosphäre“, sagt Pero, der frühere Fischer. | |
Seit die Bestände in der Bucht von Trogir-Split dramatisch gesunken sind, | |
läuft er nur noch selten aus, kennt aber das Wetter gut. „Die Wolken von | |
uns, von der Adria, werden bald nach Norden, zu euch hin wandern.“ Und sich | |
dort abregnen. Wahrscheinlich keineswegs heiß ersehnt. | |
1 Aug 2025 | |
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