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# taz.de -- Popstar-Poster in Mädchen-Zimmer: Die Rache des Vaters
> 1993 übermalte der Grafiker Horst Janssen ein Plakat des Popstars Prince,
> den die Tochter anhimmelte. Es war ein Spiel auch mit der Eifersucht.
Bild: Papa pinselt zurück: Prince-Plakat von 1990 (l.) und die Janssens'sche �…
Bei den einen war’s Roy Black, bei anderen Mick Jagger, und bei noch mal
anderen blickten, später, [1][die norwegischen Traumjungens von a-ha] aufs
Bett herab: Zumal an den Zimmerwänden junger Frauen kam einiges zusammen im
Popstar-Poster. Den britischen Soziologinnen Angela McRobbie und Jenny
Garber zufolge, die [2][eine regelrechte „Bedroom Culture“-Theorie]
formuliert haben, ist es vom reproduzierten Künstler-Konterfei, häufig ja
auch -Körper, ein kurzer Weg zum heranreifenden Begehren der jugendlichen
Betrachterinnen.
Was deutschsprachigen Teenagern allwöchentlich die Bravo brachte, [3][zum
Herausnehmen und Aufhängen], ist demnach für viele Mädchen eine von nur
wenigen Gelegenheiten, Männer anzusehen – während Jungs problemlos etwa
auch draußen auf der Straße Mädchen betrachten könnten. Eine Umkehr des
männlichen Blicks, wenigstens im Privaten.
[4][Die Intimsphäre heranwachsender Mädchen], die meist jungen, normschönen
Standards entsprechenden, diese auch mal erweiternden Männer an der Wand:
Von einer psychoanalytischen Warte aus droht hier das Regiment des Vaters
Risse zu bekommen, wird seine Stellung infrage gestellt, reift Konkurrenz
heran. Ziemlich genau so ordnete dieser Tage die Hamburger Galerie mit
Verlag St. Gertude („Spezialisten für Horst Janssen seit 1984“) ihr
regelmäßiges „Bild des Monats“ ein: „Ein bisschen Spiel, ein bisschen
Eifersucht, ein bisschen Spiel mit der Eifersucht.“
## Die Tochter als Objekt der Bewunderung
Gemeint ist die des Hamburger beziehungsweise Wandsbeker, [5][aber doch vor
allem Oldenburger] Grafikers Horst Janssen (1929–1995): Seine Arbeit
„Prince auf Lamme-Tour 1993“ basiert auf einem Tourplakat des [6][Sängers,
Musikers, Komponisten und Produzenten Prince] – dessen Fan war nämlich
Janssens Tochter Lamme, eigentlich Katrin, geboren 1956. Der Grafiker
lernte sie erst spät kennen: als junge Frau, die, in Kanada aufgewachsen,
nicht mal seine Sprache sprach. Und doch wäre er „am liebsten ihr Idol
gewesen“, lesen wir jetzt, „so wie sie seine Muse ward in jenen Jahren“.
Was genau das heißt? Was davon zu halten sein mag, wenn die Rede ist von
Janssens [7][„Irritation über die nicht zu bändigende Weiblichkeit, von der
sich noch jede Vätergeneration lustvoll hat besiegen lassen“]? Dieser Vater
jedenfalls schlägt zurück: Er stürzt den ahnungslosen Nebenbuhler und –
übermalt ihn. Aus Prince’ Tournee wird eine, die dieser Lamme zuliebe
absolviere, das ist eine mögliche Lesart; zum Objekt der – eigenen –
Bewunderung also macht Janssen seine Tochter. Oder ist doch auch er selbst
nun im Bild versteckt, ein Selbstporträt, hindurchscheinend der eigentliche
Star?
Von einem „unheimlichen Kräftemessen im Hause Janssen“ lesen wir noch. Und
ja: Die Beschwörung von etwas vielleicht schon wieder Vergangenem, der
verlustig gegangenen Lebendigkeit – des Popstars wie auch der
Zimmerbewohnerinnen –, davon künden sie doch immer auch bereits, diese
insofern unheimlichen bunten Bilder.
30 Jul 2025
## LINKS
[1] /A-ha-Musiker-ueber-Klimaschutz/!5854025
[2] https://thesociologyguy.com/wp-content/uploads/2024/12/Add-a-little-bit-of-…
[3] /Ausstellung-zu-Bravo-Starschnitten/!5941598
[4] /A-ha-auf-Tour-in-Deutschland/!5639804
[5] /Der-gute-Horst/!1202553/
[6] /Prince/!t5298136
[7] https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Horst-Janssen+Lamme/id/A02AmsvT01ZZd
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Prince
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