# taz.de -- Uneinigkeit zwischen Union und SPD: Tschüs, Mindeststeuer! | |
> Die USA verabschieden sich auf Raten aus dem internationalen Abkommen zur | |
> Besteuerung großer Konzerne. Union und SPD sind uneins, wie es | |
> weitergeht. | |
Bild: Uneins über globale Mindeststeuer: Kanzler und Finanzminister | |
Berlin taz | Es war eine verheißungsvolle Idee, um die Globalisierung | |
gerechter zu machen: die internationale [1][Mindeststeuer] für Unternehmen. | |
In möglichst vielen Ländern sollten große Konzerne wenigstens 15 Prozent | |
Steuern auf ihre Gewinne zahlen. Wegen der egoistischen Wirtschaftspolitik | |
der US-Regierung ist dieses Vorhaben nun jedoch in schwerem Fahrwasser – | |
und die Bundesregierung ringt um eine gemeinsame Haltung. | |
„Das Konzept ist im Kern richtig“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) | |
Ende der Woche in Berlin. „Es setzt allerdings voraus, dass sich die großen | |
Industrienationen der Welt daran beteiligen“, fügte er mit dem Blick auf | |
die USA hinzu. Ansonsten werde es schwierig, die Mindeststeuer umzusetzen. | |
Entschlossener äußerte sich SPD-Finanzminister und Vizekanzler Lars | |
Klingbeil: „Der Bundeskanzler und ich, wir sind uns einig, dass wir an der | |
globalen Mindestbesteuerung festhalten.“ Die Regierung werde „alles dafür | |
tun, dass dieses Vorhaben weiterverfolgt wird“. | |
Zwischen beiden Positionen tut sich ein Widerspruch auf, der bereits im | |
Koalitionsvertrag von Union und SPD angelegt ist. „An der Mindeststeuer für | |
große Konzerne halten wir fest“, heißt es dort. Zusatz: Die Regierung wolle | |
die Regeln aber „vereinfachen“ und dafür sorgen, dass „daraus keine | |
Benachteiligung unserer Unternehmen im internationalen Wettbewerb | |
resultiert“. | |
Die Mindeststeuer beschäftigt die deutsche Politik seit Langem. Der frühere | |
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) trieb das Vorhaben voran. Schließlich | |
brachte die Industrieländer-Organisation OECD ein [2][Rahmen-Abkommen] mit | |
140 Staaten zustande. Aber nur einige Länder setzen es bisher teilweise um. | |
Die Verhandlungen über die Anwendung der sogenannten Säule 1 des Abkommens | |
laufen noch immer. Es geht darum, das Recht, Steuern zu erheben, zwischen | |
den Staaten neu zu verteilen. Konzerne wie Google könnten dann in Europa | |
mehr Abgaben auf ihre hier erzielten Umsätze entrichten müssen. Die | |
US-Regierung will das vermeiden. | |
## Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro | |
Bei der Säule 2 sieht es besser aus. Zahlreiche wohlhabende Staaten wenden | |
diese Regelung bereits an. Dazu gehören die EU, Japan und Australien. Wenn | |
zum Beispiel eine deutsche Firma auf ihre Gewinne im Ausland dort weniger | |
als 15 Prozent Steuer entrichtet, kann das deutsche Finanzamt bis zu dieser | |
Höhe nachversteuern. Im Jahr 2026 würden daraus erstmals Einnahmen in Höhe | |
von einer Milliarde Euro erwartet, sagte eine Sprecherin des | |
Bundesfinanzministeriums. | |
Unklar erscheint aber, ob die Vereinigten Staaten das für ihre Unternehmen | |
genauso handhaben. Dort existiert eine nationale Mindeststeuer mit gewissen | |
Ausnahmen. Die [3][Staatengruppe der sieben großen westlichen | |
Wirtschaftsnationen (G7) hat der US-Regierung kürzlich zugestanden], dass | |
sie ihre Regeln weiter anwenden kann. Das Zugeständnis der G7 gilt auch für | |
einen weiteren Fall. Eigentlich könnten EU-Staaten unter bestimmten | |
Umständen Gewinne von US-Firmen, die diese in Europa erzielen, mit 15 | |
Prozent besteuern. Das aber will die US-Regierung auf keinen Fall | |
akzeptieren. Die G7 haben klein beigegeben. Im Gegenzug will US-Präsident | |
Donald Trump auf Rache-Steuern gegen EU-Unternehmen in den USA verzichten. | |
„Bei Säule 2 haben die G7 der US-Regierung einen Freibrief für deren | |
nationalen Regeln gegeben, die nicht mit dem internationalen Steuerabkommen | |
harmonieren müssen“, erklärt Martin Beznoska vom Institut der Deutschen | |
Wirtschaft in Köln. „Im Gegenzug blockieren die USA dieses nicht länger.“ | |
Nun herrschen unterschiedliche Interpretationen, welche Rückschlüsse aus | |
dieser Lage zu ziehen seien. SPD-Finanzminister Klingbeil will die | |
G7-Einigung als Ausgangspunkt nehmen, um die Mindeststeuer weiter | |
voranzutreiben. Dagegen sieht Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) | |
aktuell keine Chance mehr für das Vorhaben. Ein Argument: Hiesige | |
Unternehmen würden benachteiligt, wenn sie die Mindeststeuer entrichteten, | |
ihre US-Wettbewerber eventuell aber nicht. Eine abschließende Antwort gebe | |
es nicht, sagte Kanzler Merz während seiner Sommer-Pressekonferenz. | |
20 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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