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# taz.de -- Gesellschaft in der Klimakrise: Nicht Hitze führt zu Klimabewussts…
> Hitze tötet. Aber die Grünen und Fridays For Future haben es nicht
> geschafft, das Thema in Aufmerksamkeit zu verwandeln.
Bild: Hitzerekord in Deutschland: Ein Bauarbeiter, der sich eigentlich in den S…
Hitze tötet meist leise und unbemerkt. Bauarbeiter*innen können
während der Mittagsstunden eine Pause machen, Mitarbeiter*innen in der
ambulante Pflege in ihren 45 Grad heißen Autos Arbeitszeiten verschieben.
Aber wer herz- oder lungenkrank ist, wird von Hitze am Tag und in der Nacht
immer weiter geschwächt. Der Körper kann sich kaum gleichzeitig gegen 35
Grad und eine Herzkrankheit wehren. Er gibt auf. In Deutschland sterben
mehr Menschen an Hitze als im Straßenverkehr, in Europa gab es 2022 doppelt
so viele Hitzetote, [1][als ohne Klimawandel zu erwarten gewesen wären].
Dazu kommt die Dürre, die zum Beispiel in Brandenburg so schlimm ist wie
nie seit Aufzeichnungsbeginn. Das schadet dem Boden, den Feldern, den
Wäldern. Am vergangenen Mittwoch brachen allein in Brandenburg zwölf
Waldbrände aus. Den [2][Brand in Gohrischheide] konnten sogar die 40
Kilometer entfernten Dresdner*innen riechen.
Das ist die Klimakrise. Sie sorgt für Extremtemperaturen, lässt Böden
ausdörren und immer mehr Wasser verdunsten. Wasser wird in Form von
Starkregen wieder auf den Boden gepresst und verursacht Überschwemmungen,
im schlimmsten Fall Sturzfluten wie 2021 im Ahrtal, wo 135 Menschen
starben.
Wetterextreme gab es schon, bevor wir anfingen, die Erde mit Kohle, Gas und
Öl zu einem Schnellkochtopf zu machen. Weder die Hitze der vergangenen
Woche noch jede Überschwemmung oder jeder Sturm sind ausschließlich auf den
Klimawandel zurückzuführen. Aber es gelten die zwei h: Die Erderhitzung
macht Wetterextreme häufiger und heftiger. Umso bemerkenswerter ist,
dass es die Grünen in dieser Katastrophenwoche nicht geschafft haben, in
jeder Hitzesondersendung Forderungen nach mehr Klimaschutz unterzubringen.
Auch die Klimaorganisation Fridays for Future, die 2018 und 2019 durch
Hitzesommer Hunderttausende auf die Straße brachte, scheitert daran, die
Temperaturen in Aufmerksamkeit zu verwandeln.
Angesichts der enormen Gefahr für Leben und Wohlstand müsste aber in erster
Linie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) durchs Land touren,
Pflegeeinrichtungen ohne Klimaanlage und Waldbrandgebiete besuchen,
Linderung versprechen. Aber die Regierung subventioniert lieber Gas aus dem
Klimafonds und treibt Gasbohrungen in der Nordsee voran.
Die beiden SPD-Männer, die das verhindern müssten – Finanzminister Lars
Klingbeil und Umwelt- und [3][Klimaminister Carsten Schneider] –, scheinen
im Fall Klingbeil unwillig und im Fall Schneider machtlos, der fossilen
CDU-Spitze etwas entgegenzusetzen. Schneider kann nur zusehen, wie zuerst
CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche und dann Merz die Erreichbarkeit
der Klimaneutralität 2045 infrage stellen, ein auf Druck des
Bundesverfassungsgerichts gesetzlich verankertes und – [4][von der
Industrie attestiert] – vollkommen machbares Ziel. Immerhin an einer Stelle
hat Schneider den Generalangriff der CDU-Spitze abgewehrt: bei den Geldern
für Klimaschutz durch Wälder und Moore.
## Nachbarn zum Trinken animieren
Eine Weile hofften Klimaschützer*innen, dass die Menschen Klimaschutz
fordern würden, wenn die Klimakrise nur offensichtlich genug würde. Sieben
Jahre nach den ersten Klimastreiks kann man sagen: So funktioniert es
nicht, im Gegenteil. Wo monströse Hurrikane in den USA ganze Dörfer
zerstörten, wählten sogar mehr Menschen den Klimaleugner Donald Trump. Nach
der Flutkatastrophe im spanischen Valencia mit über 200 Toten gewann die
rechtsextreme Partei Vox an Beliebtheit. Die Rechten mobilisieren und
helfen nach Katastrophen. In den von Hurrikanen zerstörten Gebieten in den
USA errichteten faschistische Milizen sogar Zonen, in die sie keine
staatlichen Katastrophenhelfer*innen ließen.
Bevor der Sozialstaat die Daseinsvorsorge übernahm, taten das häufig
Parteien und Gewerkschaften. Sie kümmerten sich um Witwen, halfen
Arbeitsunfähigen. In der Klimakrise müssen sie zusammen mit der
Klimabewegung diese Funktion wiederentdecken: Wer für mehr Klimaschutz
kämpft, klingelt regelmäßig bei älteren Nachbarn und ermuntert zum
Trinken, verliert nebenbei ein paar Worte über erneuerbare Energien und den
ÖPNV. Parteien können kühle Räume für Menschen zur Verfügung stellen, die
in Dachgeschosswohnungen leben, Gewerkschaften in Betrieben für
konsequenten Hitzeschutz kämpfen.
Dieser Sommer mit seinen verbrennenden Forsten, verdorrenden Feldern und
sterbenden Herzkranken wird uns mild vorkommen, wenn wir ihn mit den
Sommern vergleichen, die uns noch bevorstehen. All die damit einhergehenden
Katastrophen müssen tragischerweise zugleich Gelegenheiten sein,
Demokratie, Freiheit und Klimaschutz durch die Klimakrise zu retten.
5 Jul 2025
## LINKS
[1] https://www.nature.com/articles/s41612-024-00783-2
[2] https://www.tagesschau.de/inland/regional/brandenburg/rbb-waldbrand-in-gohr…
[3] /Umwelt--und-Klimapolitik/!6086377
[4] https://bdi.eu/artikel/news/klimapfade-2-0-ein-wirtschaftsprogramm-fuer-kli…
## AUTOREN
Jonas Waack
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