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# taz.de -- Streit über AfD-Verbot: SPD-Innenminister zögern trotz Parteitags…
> Auf dem Parteitag hat sich die SPD dafür ausgesprochen, das AfD-Verbot zu
> prüfen. Viele SPD-Innenminister bleiben aber zögerlich, wie eine
> taz-Umfrage zeigt.
Bild: SPD-Parteitag und AfD-Verbotsverfahren: viel Beschluss, wenig Bewegung
Berlin taz | Auf ihrem Parteitag am Wochenende haben die Sozialdemokraten
einstimmig „sofortige, ernsthafte Vorbereitungen“ für ein AfD-Verbot
beschlossen. „Es ist unsere historische Aufgabe, die wieder aus den
Parlamenten herauszukriegen“, sagte Vize-Kanzler und SPD-Chef Lars
Klingbeil zum Beschluss zur extrem rechten Partei. Doch jetzt zeigt sich:
Die Landesinnenminister der SPD sind erstaunlich zögerlich, was die
Umsetzung angeht.
Im Beschluss des SPD-Parteitags heißt es: „Jetzt ist die Zeit, dass die
antragsberechtigten Verfassungsorgane die Voraussetzungen schaffen, um
unverzüglich einen Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der
AfD stellen zu können.“ Man wolle auf eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe
hinwirken, die mit der Sammlung von Materialien beginnt,
Gutachter*innen sollen das Material prüfen, ob es für ein Verbot
ausreicht. Wenn ja, dann soll der Verbotsantrag gestellt werden. Den könnte
neben Bundesregierung und Bundestag auch der Bundesrat stellen, wie es etwa
[1][beim zweiten NPD-Verbotsverfahren geschehen ist].
Man sollte meinen, das würde auch bedeuten, dass die SPD-geführten
Innenbehörden nun beginnen würden, Erkenntnisse und Belege für die
Verfassungswidrigkeit der AfD zusammenzutragen. Oder zumindest eine solche
Bund-Länder-Gruppe einzufordern. Davon ist in der SPD bislang allerdings
noch wenig zu sehen, wie eine Umfrage der taz in den acht Innenbehörden,
die von der SPD geleitet werden, ergab.
Aus dem Beschluss folgt erst mal: nicht viel. Die SPD-Innenminister und
ihre Behörden, die für Materialsammlung zuständig wären, zeigten sich in
der Gesamtschau eher zögerlich. Exemplarisch: Bremens Innensenator Ulrich
Mäurer (SPD) etwa will zum Beschluss des SPD-Parteitags nichts sagen. Ob
der konkrete Folgen für die Innenbehörde haben würde, wollte die taz
wissen. Sinngemäße Antwort: Nö. Oder genauer: „Die allgemeine Diskussion
über ein AfD-Verbot kommentiert der Bremer Innensenator derzeit nicht.“
## Keine „unmittelbaren Konsequenzen“
Stattdessen verweist Bremen aber auf den Beschluss der
Innenministerkonferenz, wo länger über das AfD-Verbot gesprochen wurde,
aber formal daraus nichts folgte. Dort wurde lediglich eine
[2][Arbeitsgruppe zum Umgang mit AfD-Beamt*innen und
Waffenbesitzer*innen] nach der Hochstufung als „gesichert
rechtsextrem“ beschlossen. „Die Prüfung eines Verbotsverfahrens ist nicht
Gegenstand der Arbeitsgruppe“, unterstreicht Bremer Behörde noch einmal.
Ähnlich äußerte sich Hamburg. Und auch aus Brandenburg heißt es:
„Unmittelbare Konsequenzen hat dieser Beschluss für das Innenministerium
des Landes Brandenburg nicht.“ Man solle sich doch an die politischen
Entscheidungsträger und damit zunächst die Bundes- und Landesregierung
wenden.
Auch Mecklenburg-Vorpommern plant keine konkreten, geschweige denn
„unverzügliche“ Schritte und will offenbar [3][noch die Gerichtsverfahren
zur Einstufung abwarten]: „Die gerichtliche Überprüfung der Einstufung als
gesichert extremistische Bestrebung kann Anhaltspunkte für die
Erfolgsaussichten eines etwaigen Parteiverbotsverfahrens liefern. Es ist
dabei zu berücksichtigen, dass ein solches Verfahren in der Regel mehrere
Jahre in Anspruch nimmt (vermutlich zwei bis drei Jahre).“ Allerdings
betonten Mecklenburg-Vorpommern und weitere Länder, dass vom
Verfassungsschutz natürlich fortlaufend Erkenntnisse gesammelt würden.
## Auf Dobrindt-Linie
Damit sind diese SPD-Behörden in dieser Frage im Grunde auf Linie mit dem
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), der sich vom Antrag des
Koalitionspartners gänzlich unbeeindruckt zeigte: „Entscheidungen des
Parteitags der SPD sind für den Innenminister noch kein Auftrag“, sagte
dieser zu Wochenbeginn im Podcast des Newsletter-Dienstes Table Media.
Anders als ihre Genoss*innen sieht das die SPD-Bundestagsabgeordnete
Carmen Wegge, die auch in der letzten Legislatur bereits eine
[4][Bundestagsinitiative zum Verbot] startete. Sie sagte der taz: „Der
SPD-Parteitagsbeschluss beinhaltet den klaren Auftrag an alle
SPD-Mitglieder, die Teil der antragsberechtigten Gremien sind, sich für den
nächsten Schritt auf dem Weg hin zu einer Überprüfung der AfD vor dem
Bundesverfassungsgericht einzusetzen. Dazu gehören auch die
SPD-Innenminister*innen.“
Wegge selbst werde nun auch im Bundestag offiziell die Gespräche mit dem
Koalitionspartner wieder aufnehmen, sagte sie: „Es ist unsere demokratische
Pflicht, die uns zur Verfügung stehenden Mittel unserer Mütter und Väter
des Grundgesetzes zu nutzen, sollte unsere Demokratie in Gefahr sein.“
Etwas tatkräftiger äußerten sich immerhin die Innenministerien in
Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. So forderte Daniela Behrens
(Niedersachsen) angesichts der Hetze der AfD gegen Geflüchtete und
Migrant*innen: „Ich erwarte vom Bundesinnenminister, dass er das
Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz ergebnisoffen analysiert
und intensiv prüft, ob und inwieweit sich daraus die juristischen
Grundlagen für ein mögliches Verbotsverfahren ableiten lassen.“
Und aus dem Ministerium von Michael Ebling in Rheinland-Pfalz ist sogar zu
hören, dass man dort bereits daran arbeite, „belastbare Erkenntnisse über
verfassungsfeindliche Bestrebungen und rechtsextreme Netzwerke
zusammenzutragen“. Ein Verbotsantrag aber dürfe nicht scheitern, dafür
brauche es eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit auf Bundes- und
Länderebene. „Vor diesem Hintergrund befürworten wir ausdrücklich die
Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die Informationen und
Erkenntnisse strukturiert zusammenführt und prüft, ob die Voraussetzungen
für einen Antrag zur Einleitung eines Parteiverbots gegeben sind.“
Bereits länger fordert das bereits Thüringens Innenminister Georg Maier, in
dessen Bundesland der AfD-Landesverband mit Björn Höcke besonders radikal
aufgestellt ist. Er forderte auf taz-Anfrage erneut eine schnelle
Einrichtung einer Bund-Länder-Gruppe zum Thema und die möglichst rasche
Einleitung eines Verbotsverfahrens: „Die Radikalität der Partei ist offen
zu sehen, man sollte sich in dieser Frage nicht nur auf den
Verfassungsschutz fokussieren“.
Allerdings könne Maier verstehen, wenn die SPD-Innenminister es in Ländern
mit weniger radikalen Landesverbänden anders sähen. Er sehe nach den
Diskussionen auf der Innenministerkonferenz aber durchaus Bewegung in SPD
und sogar der Union, aus der sich zuletzt etwa der Ministerpräsident
Schleswig-Holsteins Daniel Günther für einen Verbotsantrag ausgesprochen
habe: „Der Beschluss wird von der Union aufmerksam wahrgenommen, auch dort
gebe es mehr Diskussionen zum Umgang mit der AfD.“
Die üblichen Ausflüchte von Innenminister Dobrindt, die AfD wegregieren zu
wollen, ließ er nicht gelten: „Die Gegner des Verbots wollen nicht
wahrhaben, dass die AfD nicht auf unserem Feld spielt, sie lügt und will
die Demokratie von innen aushöhlen – politisch bekommt man das nicht klein,
wie man in den USA beobachten kann.“
2 Jul 2025
## LINKS
[1] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/downloads/DE/themen/20140124-npd-antrag…
[2] /Umgang-mit-der-AfD-/!6091596
[3] /Klage-der-AfD/!6086816
[4] /Vorstoss-im-Bundestag/!6043436
## AUTOREN
Gareth Joswig
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