# taz.de -- Klimafreundlicher Umbau der Industrie: Schweden will den grünen St… | |
> Während in Deutschland zwei Werke nicht klimafreundlich umgerüstet | |
> werden, geht das skandinavische Land einen eigenen Weg. | |
Bild: Hier soll der grüne Stahl herkommen: SSAB in Schweden | |
Härnösand taz | Schweden gilt als besonders ehrgeizig bei dem Versuch, die | |
Produktion von Stahl klimatisch unschädlich zu machen. Auch hier gibt es | |
Stimmen, die vor dem Versenken von Milliardensummen in unwirtschaftliche | |
Projekte warnen. Das bringt aber die beiden großen Player, den Stahlkonzern | |
SSAB und das Mega-Startup Stegra (vormals H2 Green Steel), nicht von ihrem | |
eingeschlagenen Weg ab. Anders als in Deutschland, wo sich der | |
[1][Stahlriese Arcelormittal gerade dagegen entschied, die Werke in Bremen | |
und Eisenhüttenstadt auf grünen Stahl umzurüsten] – und dabei [2][auf 1,3 | |
Milliarden Euro Fördergelder] verzichtete. | |
Das Vorhaben „Grüner Stahl“ sei nicht risikofrei, aber notwendig, sagte | |
dagegen SSAB-Vorstandschef Johnny Sjöström erst kürzlich. [3][SSAB hatte | |
2016 zusammen mit dem staatlichen Grubenkonzern LKAB und dem ebenfalls | |
staatlichen Energiekonzern Vattenfall das Projekt „Hybrit“ gestartet], um | |
klimaschädliche Kohle aus der Stahlproduktion zu vertreiben. | |
Der Schlüssel dafür soll aus Nordschweden kommen: billiger Strom aus | |
Wasser- und Windkraft. Stahlkonzern SSAB, an dem der schwedische Staat über | |
Anteilseigner LKAB mit gut 10 Prozent beteiligt ist, setzt nicht nur für | |
klimafreundliches Recycling von Stahlschrott auf Ökostrom, sondern auch für | |
die Herstellung von Wasserstoff. Mit dessen Hilfe wiederum machen sie aus | |
Eisenerz das Stahl-Vorprodukt Eisenschwamm. | |
Allerdings läuft es nicht ohne Hindernisse – der Produktionsstart wurde | |
gerade erst um ein Jahr auf Ende 2029 verschoben. Der Grund: Vattenfall | |
hatte Verzögerungen bei der nötigen Verstärkung des | |
Strom-Übertragungsnetzes gemeldet. | |
## 3.000 Menschen bauen an gigantischer Anlage | |
Der erste grüne SSAB-Stahl soll ab 2026 aus dem Werk in Oxelösund kommen. | |
Kokerei und Hochöfen werden dafür ersetzt mit Techniken für die | |
Stahlproduktion aus Stahlschrott und Eisenschwamm. Bis 2045 will der | |
Konzern ganz fossilfrei sein. | |
Green-Steel-Konkurrent Stegra hat keine alte Infrastruktur zum Umrüsten – | |
er baut in Boden, nicht weit von Luleå, eine gigantische Anlage aus dem | |
Nichts. Seit der Northvolt-Pleite steht Stegra allerdings unter | |
Beobachtung: Gründer, Investoren und Finanzierungsmodell sind teilweise | |
dieselben wie beim gescheiterten Batteriehersteller. Stegra-Chef Henrik | |
Henriksson setzt nun betont auf Vernunft statt Großspurigkeit: | |
Expansionspläne, unter anderem nach Portugal, Brasilien und Kanada, liegen | |
erstmal auf Eis. Der Fokus liege nun einzig auf Boden. | |
Dort arbeiten derzeit 3.000 Menschen rund um die Uhr, ab Herbst sollen es | |
5.000 sein. Stegra baut alles an einem Ort, neben dem Stahlwerk eine | |
riesige Elektrolyse-Anlage zur Herstellung von Wasserstoff. Im Herbst 2026 | |
soll hier die industrielle Produktion losgehen. Auch in Boden wurde der | |
Startzeitpunkt mehrfach verschoben. | |
75 Milliarden Kronen, rund 6,7 Milliarden Euro, hatte Stegra eingesammelt – | |
unter anderem mit dem Verkauf noch nicht existierender Ware, wie es auch | |
Northvolt getan hatte. Kunden sind unter anderem deutsche Autohersteller. | |
An öffentlicher Förderung gab es für Stegra bisher 360 Millionen Euro von | |
EU und Schweden. | |
In der ersten Phase will das Unternehmen 2,5 Tonnen Stahl pro Jahr | |
produzieren. Zum Vergleich: Arcelormittal, weltweit Nummer 2 der Branche, | |
produzierte im vergangenen Jahr 65 Millionen Tonnen Rohstahl. | |
## Grünen Stahl rechnet sich nicht? | |
Ob der Strom vor Ort in Schweden reicht, um die Produktion in einer | |
geplanten zweiten Phase zu verdoppeln, ist noch unklar. Selbst in Schwedens | |
Norden bleibt der enorme Strombedarf des grünen Stahls eine zentrale | |
Herausforderung. | |
Kritisch beäugt werden die Investitionen etwa vom wirtschaftsnahen | |
schwedischen Forschungsinstitut IFN. Dort kamen Ökonomen zu dem Ergebnis, | |
dass der in der Herstellung teurere grüne Stahl ökonomisch nicht tragfähig | |
sein werde. Dessen langfristige Wirtschaftlichkeit setze unter anderem | |
voraus, dass Strompreise niedrig bleiben und CO2-Preise hoch, was beides | |
nicht gesichert sei. | |
Außerdem müsse Stahlgiganten weltweit scheitern bei ihren Versuchen, | |
billigere Möglichkeiten zur Verminderung ihrer Emissionen zu entwickeln. | |
Die Ökonomen warnen vor gigantischer Versenkung von Geldern in eine Technik | |
ohne Zukunft. | |
Die schwedischen Pioniere winken ab. Man habe die Entwicklung der Technik | |
weltweit im Blick, hieß es unter anderem. Und für das schwedische Eisenerz | |
passe die Wasserstoff-Technik hervorragend. | |
29 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anne Diekhoff | |
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