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# taz.de -- Doppelmoral in Schweden: Der Migrationsminister und sein rechtsextr…
> Der 16-Jährige sei nur vorübergehend in falsche Kreise geraten, sagt der
> Minister, der sonst gern von Elternverantwortung und Wertevermittlung
> spricht.
Bild: Sein minderjähriger Sohn hatte Kontakt zur rechten Szene: der schwedisch…
Härnösand taz | Geht es um Jugendliche auf Abwegen, kennt Johan Forssell
kein Pardon – wie die ganze konservativ-rechte schwedische Regierung, der
er als Migrationsminister der Moderaten angehört. Das Alter für
Strafmündigkeit senken, höhere Gefängnisstrafen, „mangelhafter
Lebenswandel“ als Ausweisungsgrund: Im Kampf gegen Jugendkriminalität
greift man zu immer härteren Maßnahmen, entsprechender Tonfall inklusive.
Dass der Minister auch ganz anderes klingen kann, merkt Schweden jetzt. Die
Zeitung Expo deckte Anfang Juli auf, dass ein „junger, naher Verwandter
eines Ministers“ in rechtsextremen Kreisen aktiv sei. Letzte Woche wurde
auch offiziell klar, dass es um Forssells Sohn geht.
Ausgerechnet. Denn Forssell fordert immer wieder, Eltern müssten ihren
Kindern „gesunde Werte“ vermitteln. Es ist sein Thema – Elternverantwortu…
und „gesunde Werte“. Welche Werte der Minister zu Hause wohl vermittelt
habe, höhnen nun jene, die ihm schon länger rassistische Politik vorwerfen.
Wie Expo herausfand, war Forssells Sohn seit letztem August mit mehreren
Social-Media-Konten rechtsextrem engagiert. Er habe versucht, andere
Jugendliche für die Szene zu rekrutieren. So habe er mit einem wegen
Gewalttaten angeklagten Aktivisten der antisemitischen „Nordischen
Widerstandsbewegung“ zusammengearbeitet.
## Aktiv in gewaltbereitem Netzwerk, wo Nahkampf trainiert wird
Der Minister-Sohn sei auch in einem gewaltbereiten Netzwerk aktiv gewesen,
dem „Aktivklubb Sverige“, in dem Nahkampf trainiert und rechtsextreme
Propaganda verbreitet wird. Erst im Juni hatte die Sicherheitspolizei Säpo
vor der Ausbreitung dieser Gruppen nach US-Vorbild in Schweden gewarnt.
Bis Forssell sich zu all dem äußerte, verging über eine Woche. Im
Frühstücksfernsehen des Senders TV4 trat er schließlich in einer neuen
Rolle auf: als besorgter Vater.
Er sprach von seinem „zutiefst reumütigen 15-Jährigen, der gerade 16
geworden ist“. Er selbst habe von all dem nichts gewusst. „Wir haben viel
Zeit investiert in lange, ja, schwierige Gespräche.“ Und: Diese Aktivitäten
seien beendet.
Ein vorübergehender Umgang mit den ganz falschen Kreisen, so stellte er es
dar. Dass das Problem so schnell gelöst sei, können sich nicht alle
vorstellen.
## Plötzlich will der Minister einen Minderjährigen schützen
Sein bis dahin langes Schweigen begründete der Minister damit, dass es um
den Schutz eines Minderjährigen gehe. Heuchelei und Doppelmoral: Das wird
ihm seither in Schweden vorgeworfen.
Seine Härte, wie die der ganzen von den rechten [1][Schwedendemokraten]
gestützten Regierung, gelte offenbar nur für migrantische, im Grunde
explizit muslimische Jugendliche. Die würden unter Generalverdacht
gestellt, jederzeit kriminell werden zu können. Kein Zeichen von
Verständnis für jugendliche Irrwege, nirgends.
Aus der Regierung gab es jedenfalls Verständnis für Forsells Situation.
Justizminister Gunnar Strömmer äußerte Sorge um den jungen Menschen, der
benutzt werde, um seinem Minister-Vater politisch zu schaden.
Ministerpräsident Ulf Kristersson sprach dem Migrationsminister sein
Vertrauen aus, er habe sich wie ein verantwortlicher Vater verhalten.
Forssell selbst bedankte sich bei Expo für die Recherche. Sie sei nicht nur
für ihn persönlich wichtig, sondern zeige auch ein größeres
gesellschaftliches Problem auf: „Wie viel wissen wir eigentlich darüber,
was unsere Kinder auf Social Media tun?“, schrieb er auf Facebook.
## Was wusste eigentlich die Sicherheitspolizei?
Beobachter bewerteten das als politisch klug. Mit einem schockierten Vater,
dessen Sohn sich online unbemerkt radikalisiert, könnten sich viele
identifizieren.
Es wird aber nicht nur seine Rolle diskutiert, sondern auch, was die
Sicherheitspolizei eigentlich wusste. Welche Risiken folgen aus der engen
Verbindung gewaltbereiter Rechtsextremer zur Familie eines
Regierungsmitglieds? Die Linkspartei will den Minister zur Klärung auch
solcher Fragen vor den für seinen Bereich zuständigen Ausschuss bestellen.
Dass bei der Verteidigung des irrenden Sohnes nicht zuletzt das Problem des
Rechtsextremismus in Schweden unterzugehen droht, darauf weist unter
anderem das Schwedische Antisemitismus Komitee (SCAA) hin. Die Organisation
kritisierte die von Kristersson genutzte Formulierung „schlechte
Gesellschaft“, in die der Junge geraten sei. Das verharmlose die reale
Bedrohung durch gewaltbereite Neonazi-Gruppen.
15 Jul 2025
## LINKS
[1] /Rechte-Partei-in-Schweden-/!6096916
## AUTOREN
Anne Diekhoff
## TAGS
Schweden
Schwedendemokraten
Social Media
Ulf Kristersson
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Schweden
Schwerpunkt Klimawandel
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