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# taz.de -- Rücktritt nach nur fünf Monaten: Schwedische Parteichefin gibt na…
> Die Vorsitzende der schwedischen Zentrumspartei, Anna-Karin Hatt,
> erklärte am Mittwoch ihren Rücktritt. Grund dafür seien Hass und
> Gewaltdrohungen.
Bild: Gibt ihren Rücktritt bekannt: die Vorsitzende der Zentrumspartei Anna-Ka…
Berlin taz | Die Nachricht geht als Schockwelle durch das politische
Schweden: Nach nicht mal einem halben Jahr als Vorsitzende der
Zentrumspartei gibt Anna-Karin Hatt auf. Sie, die ihre Partei nach dem
glücklosen Vorgänger Muharrem Demirok neu profilieren und wieder nach vorne
bringen sollte, hat genug von Hass, Hetze und Bedrohungen. Diese Begründung
für ihren Rückzug beschäftigt das Land seit Mittwoch schwer.
„Wenn man sich in seinem eigenen Zuhause nicht mehr sicher fühlen kann,
dann ist es zu nahe gekommen“, hatte die 52-jährige Hatt ihren Rücktritt
begründet. Das gesellschaftliche Klima sei roher geworden. Es sei
beängstigend, welcher Hass und welche Bedrohungen sich gegen Politiker
richten.
## Ein nicht zu tolerierendes Klima
„Ein dunkler Tag für Schweden. Für die schwedische Politik und unsere
offene Gesellschaft“, kommentierte die Vorsitzende der schwedischen
Christdemokraten, Ebba Busch, auf X. Die sozialdemokratische Parteichefin
Magdalena Andersson sprach von einem „Versagen unserer Gesellschaft“.
Niemand solle in Schweden wegen Hass und Bedrohungen sein Amt aufgeben
müssen. Ministerpräsident Ulf Kristersson (Moderate) meinte, das
„unversöhnliche, gespaltene Klima“ dürfe niemals toleriert werden. Was er
dagegen tun will, ist nicht bekannt.
Vor Amtsantritt sei ihr nicht bewusst gewesen, „wie es sich tatsächlich
anfühlt, als Mensch damit zu leben“, erklärte Hatt der Zeitung Svenska
Dagbladet (SvD). Sie wollte kein einzelnes Ereignis hervorheben, es sei
eine Gesamtbeurteilung der Situation. Hatt war schon einmal
Spitzenpolitikerin gewesen – als Ministerin der Regierung von Fredrik
Reinfeldt, von 2010 bis 2014. Nach Posten in Verbänden und der
Privatwirtschaft kehrte sie dieses Jahr in die Politik zurück. Und wie sehr
sich die Gesellschaft in diesen zehn Jahren verändert habe, das wird nun
von vielen Seiten festgestellt, beklagt und verurteilt.
Im Zentrum steht die Diagnose der Verrohung vor allem durch Social Media.
Es gebe inzwischen keine Grenzen mehr für das Sagbare, sagte etwa [1][die
frühere Vorsitzende der Zentrumspartei, Maud Olofsson], dem Schwedischen
Rundfunk. Dass Frauen in herausragenden politischen Rollen mehr von Hass
und Bedrohungen betroffen sind als Männer, hebt eine Forscherin der
Universität Uppsala hervor. „Sie sind auch öfter angedrohter sexualisierter
Gewalt und sexualisierten abwertenden Kommentaren ausgesetzt“, sagte Sandra
Håkansson laut SvD.
## Parteispitze erst kurz vor Bekanntgabe informiert
Bislang sei es ungewöhnlich, dass eine Politikerin deshalb ihr Amt aufgebe.
Aber dass jemand so zum Schweigen gebracht werde, gewisse Themen nicht mehr
anspreche oder bewusst weniger an der öffentlichen Debatte teilnehme, sei
üblich, so die Forscherin. Die Parteispitze wurde offenbar erst kurz vor
der Bekanntgabe von Hatt informiert, mehrere prominente Mitglieder der
Zentrumspartei äußerten sich schockiert.
Laut der Zeitung Dagens Nyheter wird hinter den Kulissen auch Kritik geübt:
Hatt schiene nicht verstanden zu haben, wie es heute aussehe in der
Politik. Als Beispiel wurde ihre Haltung genannt, dass ihre Mitarbeiter
nicht am Wochenende arbeiten sollten.
Eine andere frühere Vorsitzende der Partei nahm Hatt am Donnerstag in
Schutz: [2][Annie Lööf, die 2023 unter anderem aus diesen Gründen
zurückgetreten war.] „Ich weiß, wie sich das anfühlt“, schrieb sie auf
Facebook und zählte kurz eigene Erfahrungen auf: „Todesdrohungen,
Munitionshülsen im Briefkasten, Nazis vor meinem Haus, Hasskampagnen in
Sozialen Medien, Drohungen gegen meine Familie.“
Vielleicht macht Anna-Karina Hatt mit ihrem Rückzug genau das, wovon
Ministerpräsident Kristersson sprach: Sie toleriert nicht, dass das normal
sein soll. Dass der Ministerpräsident es so nicht gemeint haben dürfte,
steht auf einem anderen Blatt.
16 Oct 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Anne Diekhoff
## TAGS
Schweden
Parteien
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