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# taz.de -- Sparprogramme in Ghana: Schuldendienste statt Entwicklung
> Korruption, teure Kredite, internationale Krisen – Gelder für Entwicklung
> wären laut Experten besser bei Start-ups aufgehoben.
Bild: Die Inflation belastet die Bevölkerung: Markt in Accra, Ghana:
Dakar taz | Einst als Erfolgsmodell gehandelt, hat Ghana in den vergangenen
Jahren eine steile wirtschaftliche Talfahrt hingelegt. Ausgelöst worden war
Ghanas schwerste wirtschaftliche Krise seit mehr als 30 Jahren durch eine
Reihe von Faktoren, darunter Inflation, die Covid-19-Pandemie und der
russische Angriffskrieg auf die Ukraine, gepaart mit hoher
Staatsverschuldung.
Jahrelang hatte das Land internationale Kredite aufgenommen, um
Wahlversprechen einzulösen und Infrastruktur-, Gesundheits- und
Bildungsprojekte zu finanzieren – ohne allerdings entsprechende Einnahmen
zu generieren. In der Folge sackte die Landeswährung ab, die Schuldenquote
kletterte Ende 2022 auf fast 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und
Ghana musste seine Zahlungsunfähigkeit verkünden.
Notgedrungen einigte sich die Regierung Anfang 2023 mit dem Internationalen
Währungsfonds auf ein Rettungspaket in Höhe von 3 Milliarden US-Dollar. Im
Gegenzug verpflichtete sich Ghana zu umfassenden Reformen: eine
Umstrukturierung der Auslandsschulden, eine Neuausrichtung der
Steuerpolitik, Verbesserungen im öffentlichen Finanzmanagement und
Maßnahmen zur Förderung privater Investitionen.
Seither arbeitet sich Ghana langsam, aber beständig, unter harten
Sparauflagen des IWF, aus der Krise. Ein beträchtlicher Teil des
Staatshaushalts wird jedoch weiterhin für den Schuldendienst aufgewendet,
während die Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten die
Bevölkerung belasten.
„Ghanas Krise zeigt, wie wenig das internationale Finanzsystem auf die
Bedürfnisse des Globalen Südens zugeschnitten ist“, sagt der ghanaische
Entwicklungsökonom Frank Bannor, Dozent am Ghana Institute of Management
and Public Administration (Gimpa). Tatsächlich steht das Land beispielhaft
für eine globale Schieflage.
Laut der Weltbank [1][stieg die Auslandsschuld aller Länder mit niedrigem
und mittlerem Einkommen] bis Ende 2023 auf die Rekordsumme von 8,8
Billionen US-Dollar – ein Plus von 8 Prozent seit 2020. Schätzungsweise 60
Prozent der einkommensschwachen Länder befinden sich zudem in oder kurz vor
einer Krise, in der sie ihren Rückzahlungsverpflichtungen nicht nachkommen
können.
Damit bleibt vielerorts kaum Geld für Bildung, Gesundheit, Infrastruktur
oder Klimaschutz. Eben jene Projekte, für die auch Ghana ursprünglich mal
Gelder geliehen hatte. „Noch dazu sind afrikanische Länder mit Kreditzinsen
konfrontiert, die bis zu zwölf Mal so hoch sind wie die der reichen
Länder“, sagt Bannor.
Ungerechte Kosten, die dazu führten, dass afrikanische Länder in einem
Schuldenkreislauf gefangen blieben. Dass diese Länder nun [2][ebenfalls
durch die Kürzungen der Entwicklungshilfebudgets vieler reicher Länder]
betroffen sind, macht die Herausforderungen nicht einfacher.
Wenn vom 30. Juni bis 3. Juli Delegierte aus aller Welt bei der vierten
UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) im spanischen Sevilla
zusammenfinden, soll es darum gehen, genau diese [3][globale
Finanzarchitektur fairer zu gestalten]. „Sehr ambitioniert“, kommentiert
Frank Bannor die Pläne, das globale Geflecht zu entwirren, aber
nichtsdestotrotz dringend notwendig: „Afrika ist an einem Scheideweg
angelangt, an dem es Partnerschaften braucht – und nicht nur
Entwicklungshilfe, bei der ein paar Krümel an die Leute verteilt werden.“
Doch dafür brauche es einen anderen Ansatz. „Wir haben im Laufe der Jahre
gesehen, dass es nicht funktioniert, wenn man der Regierung Geld gibt.“
Damit bringt der Ökonom ein weit verbreitetes Misstrauen der Bevölkerung in
die staatlichen Institutionen zum Ausdruck, das nach diversen
Korruptionsskandalen der Regierung besteht.
Die Lösung sieht Bannor deshalb in der stärkeren Einbindung des privaten
Sektors und der Menschen. „Auch, damit Regierungen zur Ordnung gerufen
werden können, wenn sie nicht das Richtige tun. Meine Botschaft ist also
ganz einfach: Afrika braucht Partnerschaften, die sich auf Start-ups
ausrichten und vor allem auch Frauen unterstützen. Nur dann können wir
Armut mildern“.
24 Jun 2025
## LINKS
[1] /Internationaler-Schuldenbericht/!6050085
[2] /Entwicklungsgelder-der-G7/!6093621
[3] /UN-Konferenz-zu-Entwicklungsfinanzierung/!6095120
## AUTOREN
Helena Kreiensiek
## TAGS
Ghana
Geld für Entwicklung
Schuldenkrise
Entwicklungspolitik
Investitionen
Schwerpunkt Klimawandel
Geld für Entwicklung
Entwicklungspolitik
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