| # taz.de -- Kriege in der Ukraine und Iran: Westliche Solidarität in der Sackg… | |
| > Der Iran und die Ukraine sind grundverschieden, aber Putins und | |
| > Netanjahus Kriege gleichen sich. Das macht es für den Westen schwer. | |
| Bild: Brüder im Geiste: der russische Präsident Putin (l) und der israelische… | |
| Massenflucht in Autokolonnen, [1][aus Teheran heute] wie 2022 aus Kyjiw. | |
| Die Bilder gleichen sich. Wieder richtet ein Krieg immenses Leid an und | |
| sortiert die Welt neu. | |
| Donald Trump und Wladimir Putin ziehen an einem Strang, und das hat System. | |
| Trump hat die Ukraine aufgegeben, Putin lässt Iran fallen. Sollte Irans | |
| Regime untergehen, wird Russland stillhalten, so wie Trump für die Ukraine | |
| keinen Finger rührt. Das ist der Deal. In der Ukraine hat Putin freie Hand. | |
| Irans Schicksal liegt in Trumps Händen. Er muss sich nur noch überlegen, | |
| ob, wann und wie die USA an der Seite Israels in den Krieg einsteigen. | |
| An sich sind Iran und die Ukraine grundverschieden. Iran hat ein nach | |
| innen und außen aggressives, autoritäres Regime, predigt die Vernichtung | |
| Israels und unterhält einen Ring terroristischer Verbündeter. Die Ukraine | |
| ist eine freie Gesellschaft, die mühsam ihre Selbstständigkeit und | |
| Identität zurückholt. Sie wehrt sich seit über zehn Jahren gegen russische | |
| Aggression, während sich in Iran das Volk ebenso mutig gegen das eigene | |
| Regime wehren muss. | |
| Das ukrainische Selbstverständnis ist dem historisch gewachsenen | |
| Selbstverständnis Israels nahe. Die Solidarität des Westens gilt | |
| selbstverständlich diesen beiden Ländern, jede Unterstützung des iranischen | |
| Regimes verbietet sich, obwohl Iran der Angegriffene ist – wobei sich die | |
| Frage einer Unterstützung der iranischen Bevölkerung spätestens dann | |
| stellen wird, wenn massive Flüchtlingsströme die Türkei erreichen. | |
| ## Mit Trump ist die Dynamik beider Konflikte verknüpft | |
| Aber all das hilft nicht, um die Trump-Putin-Welt zu verstehen. Die Kriege | |
| gegen Iran und die Ukraine sind sich strukturell ähnlich. Putin und | |
| Netanjahu agieren wie Brüder im Geiste. Sie bezeichnen ihre Gegner beide | |
| als Nazis und fordern beide deren Entmilitarisierung und Unterwerfung. Sie | |
| rechtfertigen ihre Aggression beide als notwendige Abwehr einer | |
| unmittelbaren existenziellen Bedrohung. Was für Putin die | |
| Nato-Osterweiterung ist, ist für Netanjahu das iranische Atomprogramm: ein | |
| Teufel an der Wand seit 30 Jahren, dessen Zerstörung ihr Lebenswerk sein | |
| soll. | |
| Seit Trumps Amtsantritt ist die Dynamik beider Konflikte verknüpft. Sein | |
| [2][Sonderbeauftragter Steve Witkoff] ist für beides zuständig. Am 12. | |
| April setzte Trump Iran [3][eine Frist von 60 Tagen für einen Atomdeal] – | |
| da befand sich Witkoff gerade in Moskau, und nach seiner Rückkehr fertigte | |
| Trump seinen absurden „Friedensplan“ für die Ukraine, mit Erfüllung der | |
| russischen Kernforderungen als Vorleistung. | |
| Es folgten im Mai parallele Verhandlungen zwischen den USA und Iran und | |
| zwischen Russland und der Ukraine. Auf das Scheitern der Ukraine-Gespräche | |
| in Istanbul folgten die massivsten russischen Luftangriffe seit | |
| Kriegsbeginn. Auf den Ablauf der 60-Tage-Frist der USA an Iran folgte am | |
| frühen Morgen des 13. Juni der israelische Großangriff, mit Wissen der USA. | |
| Würde von Irans Atomprogramm wirklich eine unmittelbare Gefahr ausgehen, | |
| könnte Israel keine Militärschläge wagen, weil dann Iran sofort viel | |
| massiver zurückschlagen könnte. Wäre die Ukraine wirklich das Sprungbrett | |
| einer aggressiven Nato, hätte Russland 2022 keinen Überfall wagen können, | |
| weil das einen vielfach größeren Nato-Gegenschlag provoziert hätte. Putin | |
| und Netanjahu können unbekümmert angreifen, weil sie beide wissen, dass sie | |
| lügen. Ihre Propaganda ist Projektionsfläche für ihr eigenes Ego. | |
| Putin und Netanjahu sind selbstverliebt und skrupellos, Regeln zählen für | |
| sie im Krieg nicht. Sie behalten sich beide das Recht vor, feindliche | |
| Bevölkerungen zu vernichten, fremde Gebiete zu besetzen und Instabilität zu | |
| schüren. Sie beide erkennen nicht einmal feste Grenzen ihrer Staaten an. | |
| Die westliche Solidarität mit der Ukraine und Israel steckt nun in einer | |
| Sackgasse. Putins Krieg zu kritisieren, aber zu Netanjahus Krieg zu | |
| schweigen, ist verlogen – und umgekehrt. Wenn Israel tatsächlich „für uns | |
| alle“ die „Drecksarbeit“ macht, wie es Friedrich Merz in unnachahmlicher | |
| Klarheit ausdrückt, kann man sich jedes Gerede über Völkerrecht und eine | |
| regelbasierte Weltordnung sparen. | |
| Foren des „Westens“ wie G7 und Nato sind da zum Leerlauf verurteilt. Beim | |
| G7-Gipfel trat Trump als Fürsprecher Putins auf. Dass Trump in der Nato | |
| kommende Woche die Europäer zum 5-Prozent-Ziel für ihre | |
| Verteidigungsausgaben auffordern wird, ist kein Signal gegen Putin – | |
| vielmehr kann er dann in Zukunft nicht nur die Ukraine fallen lassen, | |
| sondern ganz Europa. | |
| Russlands Großangriff auf die Ukraine war für den „Globalen Westen“ im | |
| Rückblick bloß eine Belastungsprobe. Israels Großangriff auf Iran geht an | |
| die Substanz. Das ist die neue Welt seit dem 13. Juni 2025, eine globale | |
| Zeitenwende wie der 24. Februar 2022. | |
| 20 Jun 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Krieg-im-Iran/!6091524 | |
| [2] /Krieg-in-der-Ukraine/!6077751 | |
| [3] https://www.reuters.com/world/middle-east/trump-tells-reuters-its-unclear-i… | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
| ## TAGS | |
| Iran-Israel-Krieg | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Benjamin Netanjahu | |
| Wladimir Putin | |
| Donald Trump | |
| G7-Gipfel | |
| Nato | |
| Social-Auswahl | |
| Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran | |
| Kanzler Merz | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt USA unter Trump | |
| Atomabkommen mit Iran | |
| Kolumne Starke Gefühle | |
| Wehrpflicht | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Regierungserklärung vor Nato-Gipfel: Merz wagt ein bisschen Kritik an Israel | |
| Der Kanzler stellt sich im Iran-Israel-Konflikt klar an die Seite Israels, | |
| ermahnt Netanjahus Regierung aber auch zur Waffenruhe in Gaza – mehr nicht. | |
| +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Drei Tote bei russischem Drohnenangriff i… | |
| Großbritannien und Kyjiw wollen militärisch noch enger zusammenarbeiten. | |
| Moskau will den Ukrainisch-Unterricht in den besetzten Gebieten abschaffen. | |
| Deutsch-amerikanische Freundschaft: Bridge over Troubled Water | |
| Vor dem Nato-Gipfel ist die Beziehung zwischen Deutschland und den USA | |
| unter Druck. Kanzler Merz setzt auf Gespräche. Was aber, wenn keiner mehr | |
| zuhört? | |
| US-Luftangriff auf Irans Atomanlagen: Trump droht mit „Frieden oder Unheil“ | |
| US-amerikanische Streitkräfte haben drei atomare Ziele im Iran angegriffen. | |
| Die internationalen Reaktionen sind gemischt. | |
| Irrsinn des Alltags: Wie viel Krieg ertragen wir? | |
| Inmitten der Nachrichten über Krieg und Zerstörung lautet das Dilemma: Wer | |
| zu lange hinsieht, wird stumpf. Wer zu lange wegsieht, wird kalt. | |
| Wiedereinführung der Wehrpflicht: Klingbeil gegen und für die Wehrpflicht | |
| Der SPD-Chef spricht sich vehement gegen eine Wehrpflicht aus. Er will aber | |
| alle Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie doch kommen kann. |