| # taz.de -- KI in der Verwaltung: Ein Chatbot für den Notfall | |
| > In der Verwaltung hält Künstliche Intelligenz zunehmend Einzug. | |
| > Expert:innen fordern dabei mehr Transparenz – und verweisen auf ein | |
| > Vorbild. | |
| Bild: Lange Wartezeiten? Wäre doch schön, wenn KI auch da helfen könnte | |
| Berlin taz | Was passiert, wenn es in Deutschland oder in einer grenznahen | |
| Region in einem Nachbarland einen nuklearen Notfall gibt? Wer erklärt, | |
| welche Gebiete hierzulande betroffen sind, wie oft wo Radioaktivität | |
| gemessen wird, wie man sich am besten verhält, ob und wo es Jod-Tabletten | |
| gibt, sowie wann es nötig ist, welche zu nehmen? | |
| Wenn es nach den Planungen des Bundesamtes für Strahlenschutz geht, soll | |
| bei dieser Kommunikation ein Chatbot unterstützen. Auf Basis von | |
| künstlicher Intelligenz soll er Fragen aus der Bevölkerung zu „allgemeinen | |
| Handlungsanweisungen im radiologischen Notfall“ beantworten, so die | |
| Kurzbeschreibung des Projekts, das sich laut dem [1][KI-Transparenzregister | |
| des Bundes] derzeit in der Entwicklung befindet. | |
| Der Notfall-Chatbot ist eines von 186 KI-Systemen in der Bundesverwaltung, | |
| die das im Januar gestartete Transparenzregister derzeit auflistet. Manche | |
| sind bereits in Betrieb, andere noch in der Entwicklung, wieder andere | |
| existieren nur als Idee. Aber die Zahl steigt: Vor fünf Jahren umfasste das | |
| Register erst 18 KI-Projekte. Besonders viele, 64, kommen aktuell aus dem | |
| Bereich Energie und Umwelt. Hier geht es häufig darum, Umweltdaten besser | |
| auszuwerten – zum Beispiel zum Verhalten von Vögeln und Fledermäusen in der | |
| Nähe von Windkraftanlagen. | |
| Doch nicht alle KI-Projekte sind so unauffällig, was die Auswirkungen auf | |
| die Rechte von Bürger:innen angeht. Aus anderen Ländern sind schon Fälle | |
| bekannt, in denen Behörden Sozialdaten mittels KI verarbeitet haben – oder | |
| in denen die Technologie eine Rolle bei der Verurteilung von Angeklagten | |
| spielt. Zudem enthält das aktuelle Transparenzregister nur Projekte aus der | |
| Bundesverwaltung. Wer wissen will, wie es im eigenen Bundesland aussieht, | |
| muss selber recherchieren und stößt, je nach Bundesland, auf | |
| unterschiedlich viel Transparenz. | |
| ## Konzept für mehr Transparenz | |
| Die Bürgerrechtsorganisation Algorithmwatch hält das für unzureichend – und | |
| hat am Dienstag ein [2][Konzept vorgestellt], wie es besser ginge. Ihre | |
| Forderung: Das Register müsse alle KI-Systeme erfassen, die die öffentliche | |
| Verwaltung nutzt – sowohl von Bund als auch von Ländern. „Verständliche | |
| Informationen sollten das A und O so eines Registers sein“, sagt Alina | |
| Lorenz von der Universität Augsburg und Autorin des Konzepts. | |
| Die Daten müssten außerdem korrekt und aktuell sein. An beiden Punkten hat | |
| Lorenz aktuell Zweifel. Tatsächlich findet sich in der Datenbank manch ein | |
| Eintrag mit dem Status „in Entwicklung“, obwohl der Projektstart schon | |
| einige Jahre zurückliegt und die letzte Aktualisierung des Eintrags über | |
| ein halbes Jahr her ist. | |
| „Es ist wichtig, dass der Staat an Vertrauen gewinnt“, sagte Jonas Botta | |
| vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der | |
| Vorstellung des Konzepts. Dazu könne Transparenz bei KI-Anwendungen | |
| beitragen. Zwar müsse so ein Register auch Rücksicht auf | |
| Geschäftsinteressen Dritter nehmen, etwa von Unternehmen, die Software | |
| bereitstellen. Diese dürften aber nicht automatisch im Vordergrund stehen. | |
| Im besten Fall ergebe sich hieraus auch ein Anreiz für die Verwaltung, | |
| stärker auf Open-Source-Anwendungen zu setzen. „Das Licht der Transparenz | |
| muss auf so viele Systeme wie möglich fallen“, so Botta. Ein Gesetz müsse | |
| Ausnahmen, etwa wenn es um nationale Sicherheit geht, daher eng definieren. | |
| ## Vorbild Niederlande | |
| Als Positivbeispiel gelten die [3][Niederlande, wo es eine umfangreiche | |
| Transparenzdatenbank] gibt, die aktuell knapp 1.000 algorithmische Systeme | |
| verzeichnet. Dass das Nachbarland hier vorangeht, hat allerdings eine | |
| Vorgeschichte: In der sogenannten Kindergeldaffäre in den 2010er Jahren | |
| hatte die Steuerbehörde auf Basis eines diskriminierenden Algorithmus zu | |
| Unrecht von – je nach Quelle – 10.000 bis über 30.000 Familien | |
| Rückzahlungen gefordert. Bei zahlreichen von ihnen sorgten die | |
| ungerechtfertigten Forderungen für einen finanziellen Ruin. | |
| Das Transparenzregister soll dafür sorgen, dass etwas Ähnliches nicht mehr | |
| vorkommt – weil unter anderem erkennbar ist, welche Stelle wofür einen | |
| Algorithmus einsetzt, auf welcher rechtlichen Basis und inwiefern Menschen | |
| die Ergebnisse überprüfen. Auch wie der Algorithmus funktioniert und welche | |
| Daten in das Training eingeflossen sind, wird zumindest grob skizziert. | |
| Expertin Lorenz sieht das niederländische Modell durchaus als Vorbild – | |
| auch wenn an einigen Stellen Verbesserungen nötig seien, etwa bei der | |
| Qualitätssicherung. | |
| Dass bei dem bundesweiten KI-Transparenzregister in naher Zukunft | |
| nachgebessert wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Die neue schwarz-rote | |
| Koalition will zwar Verwaltungsabläufe digitalisieren – von mehr | |
| Transparenz dabei ist im [4][Koalitionsvertrag] aber keine Rede. Mehr | |
| Potenzial gibt es womöglich in den Bundesländern: Insbesondere die Grünen | |
| drängen hier auf KI-Regelungen. So haben sie jüngst in Hessen aus der | |
| Opposition heraus ein Gesetz vorgeschlagen, das auch ein | |
| Transparenzregister umfasst – verständliche Erläuterung der Algorithmen | |
| inklusive. | |
| 3 Jun 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://maki.beki.bund.de/a/bmi-makimo-app | |
| [2] https://algorithmwatch.org/de/ki-transparenzregister-dtl/ | |
| [3] https://algoritmes.overheid.nl/nl | |
| [4] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag2025_bf.pdf | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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