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# taz.de -- EU-Energieminister entscheiden am Montag: Grüne EU-Abgeordnete war…
> Sollte die EU die Methan-Verordnung ändern, droht die klimaschädliche
> Entschärfung. Diese Gefahr sieht die grüne Europa-Abgeordnete Jutta
> Paulus.
Bild: „Wir haben in Deutschland praktisch keine Öl- und Gasförderung und ke…
taz: Frau Paulus, am Montag werden die Energieminister der
EU-Mitgliedsländer die Europäische Kommission auffordern, Energiegesetze zu
vereinfachen. Dabei wird explizit die Methanverordnung erwähnt. Warum ist
das wichtig?
Jutta Paulus: Die Methanverordnung ist unser wichtigstes Instrument zur
[1][Eindämmung des zweitstärksten Klimagases]. Die Energieminister werden
der Kommission wahrscheinlich den Arbeitsauftrag geben, die Verordnung zu
ändern. Wenn so ein Verfahren begonnen hat, dann ist Tür und Tor geöffnet.
Wir haben eine rechtskonservative Mehrheit im EU-Parlament, die würde die
Methanverordnung am liebsten sofort abschaffen.
taz: Worum geht es in der Verordnung?
Paulus: Die Methanemissionen im Energiesektor der EU sollen bis 2030 um 80
Prozent im Vergleich zu 2020 sinken. Unternehmen müssen Methanemissionen
messen, darüber berichten und nachweisen, dass ihre gemeldeten Daten der
Realität entsprechen. Sie müssen regelmäßig untersuchen, [2][ob Methan
durch Lecks in Anlagen] oder Pipelines entweicht. Der Internationalen
Energieagentur zufolge können 50 Prozent der Emissionen im Öl- und
Gassektor ohne Mehrkosten vermieden werden, weil das entweichende Methan
aufgefangen und verkauft werden kann. Ganz wichtig: Es geht auch um
importiertes Öl und Gas; die Verantwortung tragen also nicht nur
europäische Unternehmen. Ab 2029 müssen Importeure den geltenden
europäischen Benchmark für Methanemissionen einhalten – sonst drohen
Strafen.
taz: Welche Länder in der Europäischen Union wollen die Methanverordnung
abschwächen?
Paulus: Das sind Länder, die entweder rechtsgerichtete Regierungen haben
oder einen mindestens halbstaatlichen Öl- und Gaskonzern wie Italien,
Polen, Rumänien oder Slowenien. Für Polen geht es primär um seine
Methanemissionen aus Kohlegruben. Polen hat zurzeit die
EU-Ratspräsidentschaft inne und den Textvorschlag für die
Energieministerkonferenz gemacht.
taz: Die meisten [3][Methanemissionen entstehen in der Landwirtschaft.]
Die Methanverordnung bezieht sich nur auf den Ausstoß, der aus der Nutzung
fossiler Energien stammt. Wäre es nicht sinnvoller, die Landwirtschaft in
den Blick zu nehmen?
Paulus: Ich wäre sofort dabei. Beispielsweise ist es durchaus möglich, die
Güllelagerung mit Katalysatoren und Abdeckungen auszustatten. Aber an die
Landwirtschaft traut sich niemand heran. Der Energiesektor ist der, der am
leichtesten angegangen werden kann. Wenn eine Kuh auf der Weide steht und
rülpst, ist es schwierig, dieses Methan aufzufangen. Im Energiesektor haben
wir Punktquellen, die technisch gut handhabbar sind.
taz: In Deutschland stammen laut Umweltbundesamt nur 5 Prozent der
Methanemissionen aus der Nutzung fossiler Energien.
Paulus: EU-weit sind es, je nach Zählung, 15 oder sogar 17 Prozent. Wir
haben in Deutschland praktisch keine Öl- und Gasförderung und keine aktiven
Kohleminen mehr. Wir liegen unter dem EU-Durchschnitt. Der große Hebel ist
tatsächlich die Ausdehnung der Vorgaben auf die Energieeinfuhren. Wir
importieren 90 Prozent der fossilen Brennstoffe, die wir in Europa
verbrauchen. Wenn sich alle Importeure an die Vorgaben halten müssen, ist
sehr viel mehr gewonnen.
taz: Was droht, wenn die EU-Kommission die Methanverordnung anpackt?
Paulus: Im Idealfall kämen nur Veränderungen im Detail, etwa eine
Verlängerung der Fristen zur Überwachung von Anlagen. Aber wir sehen, dass
die Öl- und Gaslobby voll auf Angriff fährt. Sie macht zum Beispiel den
Vorschlag, die Überwachung vor Ort sein zu lassen und stattdessen auf
Satelliten oder das sogenannte Remote Sensing zu setzen. Dabei prüfen
Sensoren an Türmen, ob irgendwo eine große Leckage ist. Das haben die
Anlagen aus Sicherheitsgründen ohnehin. So werden aber keine kleinen Lecks
entdeckt. Das soll unser sorgsam ausgearbeitetes Programm ersetzen, das
viele Expertinnen und Experten gemeinsam entwickelt haben.
taz: Gibt es auch Verteidiger der jetzigen Methanverordnung?
Paulus: Es gibt Fürsprecher wie die Internationale Energieagentur und die
Vereinten Nationen. Innerhalb der UN gibt es die Öl- und
Gas-Methan-Partnerschaft, an der das UN-Umweltprogramm, aber auch die
Industrie selbst beteiligt ist. Sie hat selbst Standards festgelegt, die
die EU-Methanverordnung im Prinzip kopiert hat. Engagieren sich die
Vereinten Nationen stärker und sagen: Die, die so laut schreien, haben alle
bei uns unterschrieben, dass sie das machen wollen – dann haben wir noch
eine Chance.
taz: Wie geht es weiter, wenn die Energieminister der Kommission den
Arbeitsauftrag erteilen?
Paulus: Dann muss sich die Generaldirektion Energie der Sache annehmen.
Normalerweise erfolgen eine Öffentlichkeitsbeteiligung und eine
Folgenabschätzung. Aber bei den Vereinfachungsgesetzen, die wir in der
letzten Zeit gesehen haben, wird das einfach übersprungen. Da sitzen
Verhandler zusammen, die keine Experten sind, und sagen: Streicht das und
das. Die Experten dürfen nicht einmal etwas dazu sagen. Die sitzen in der
zweiten Reihe und raufen sich die Haare. Wenn es so läuft, dann haben wir
schlechte Karten.
16 Jun 2025
## LINKS
[1] /Forderung-der-Energieagentur-IEA/!5998206
[2] /Lecks-in-der-Gas-Infrastruktur/!6039023
[3] /Europaeische-Umweltagentur-warnt/!6073567
## AUTOREN
Anja Krüger
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