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# taz.de -- Verwaltungsreform: Wieso nun auf den letzten Drücker?
> CDU, SPD, Grüne und Linkspartei sind schon auf der Zielgerade für die
> seit Jahrzehnten diskutierte Reform. Nun steht abrupt eine große Hürde im
> Weg.
Bild: Scheitert die Verwaltungsreform auf den letzten Metern, weil die Einigung…
Die taz hatte es in der vorigen Ausgabe genau ausgerechnet: Wäre die
Verwaltungsreform ein Marathonlauf, dann wäre sie nun, einen Monat vor der
wahrscheinlichen Abstimmung am 10. Juli, nach vielfachen Anläufen in den
vergangenen 25 Jahren, im Schlussspurt auf den letzten 140 Metern. Als am
Mittwoch der Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses in Saal 376
zusammensaß, waren es weiter gerechnet sogar wieder ein paar Meter weniger.
Und ausgerechnet in dieser Situation, näher am Ziel als beim
Berlin-Marathon ein Läufer beim Durchqueren des Brandenburger Tors, ist im
Ausschuss vom Senat sinngemäß zu hören: Ein zentraler Punkt, nämlich die
Einigungsstelle für Konflikte zwischen Landes- und Bezirksebene,
widerspricht der Berliner Verfassung. Dass nicht der Senat das letzte Wort
habe, [1][sei nicht mit dem dortigen Artikel 67 vereinbar].
Positiv gedacht: Gut, dass das überhaupt jemandem aufgefallen ist, wenn
auch so spät. Immer vorausgesetzt, dass nicht auch bei dieser Einschätzung
gilt: fünf Juristen, sechs Meinungen. Weniger wohlwollend betrachtet mutet
diese Aussage jedoch wie ein Desaster an: Wie kann es sein, dass die
schwarz-rote Koalition, aber auch Grüne und Linke sich im März auf einen
Reformentwurf einigen konnten, der offenbar von falschen
verfassungsrechtlichen Einschätzungen ausging?
Nun könnte man meinen: Komm, lass gut sein, ist nur eine Kleinigkeit, dann
muss dieses „Jahrhundertwerk“ – die CDU-Fraktion am Mittwoch über die
Verwaltungsreform – eben ohne Einigungsstelle funktionieren. Die aber ist
gerade für die Grünen besonders wichtig, weil sie ermöglichen sollte, dass
die Bezirke weiter mitreden können. „Eine Kompetenz der Einigungsstelle
läuft ins Leere, wenn am Ende doch der Senat entscheidet“, formulierte es
im Ausschuss die Grünen-Abgeordnete Petra Vandrey.
## Schwieriges Berliner Konstrukt
Sowohl ihre Fraktion als auch die der Linkspartei enthielt sich bei der
Abstimmung über das Reformgesetz – [2][offiziell „Gesetz zur Neuordnung der
Beziehungen zwischen Senat und Bezirken“] – der Stimme. In einer weiteren
Abstimmung über Verfassungsänderungen, bei denen die schwarz-rote Koalition
auf ihre Stimmen angewiesen ist, stimmten die Grünen dann zwar zu. Aber ob
sich das bei fortgesetzter Uneinigkeit über die Einigungsstelle auch im
Hauptausschuss und schließlich im Parlament wiederholt, wirkt nach diesem
Tag zumindest nicht sicher.
Weit, sehr weit waren die Verhandler von CDU, SPD, Grünen und Linkspartei
gekommen. Allen schien zumindest bewusst, wie unzureichend das Berliner
Konstrukt geregelt ist, in dem jeder der zwölf Bezirke zwar mehr Einwohner
hat als drei Viertel der deutschen Großstädte, aber rein rechtlich nicht
eigenständig ist.
Alle betonten, wie sehr es darum gehe, den Bürgern das Leben in der Stadt
zu erleichtern, schneller, effizienter, zugewandter zu werden. Das neue
Landesorganisationsgesetz, als [3][Entwurf vom Senat am 1. April
beschlossen], könnte viel dazu beitragen, genau das zu erreichen. Das darf
keine der vier beteiligten Fraktionen scheitern lassen, weil sich nicht all
ihre Wünsche mit der Verfassung decken. Falls das doch passiert, war der
Entwurfsbeschluss von vor zweieinhalb Monaten nur eins: ein Aprilscherz.
11 Jun 2025
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/verfassung/artikel.41514.php
[2] https://www.parlament-berlin.de/ados/19/Recht/vorgang/r19-0235-v.pdf
[3] /Verwaltungsreform-auf-der-Zielgerade/!6074838
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Reform
Berliner Bezirke
Abgeordnetenhaus
Reform
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Abgeordnetenhaus
Reform
Kai Wegner
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