# taz.de -- Schlafplätze für junge Obdachlose: Notschlafstellen schon überla… | |
> Nach jahrelangem Vorlauf hat Hamburg 20 Übernachtungsplätze für junge | |
> Erwachsene ohne Obdach eingerichtet. Die reichen nicht aus. | |
Hamburg taz | Sie sind zwar keine Kinder mehr, aber jung – und kommen in | |
den [1][Strukturen für Obdachlose] nicht unter. Doch nun hat Hamburg ein | |
eigenes Notangebot für junge Volljährige aufgebaut. In Altona, Nord, | |
Wandsbek und Eimsbüttel gibt es je eine Übernachtungsstelle mit je fünf | |
Plätzen, wo junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahren befristet wohnen | |
können. | |
Das Angebot wurde seit dem 1. Juni 2024 nach und nach von einem Verbund aus | |
den vier Jugendhilfeträgern Hude, Basis & Woge, Jugendberatung | |
Apostelkirche und Streetlife aufgebaut – weitgehend unbemerkt von der | |
Öffentlichkeit. „Die ersten Erfahrungen zeigen, dass die | |
Notübernachtungsstellen von jungen Menschen angenommen werden“, sagt | |
Kristina Krüger, zuständige Referentin beim Diakonischen Werk, die diesen | |
Verbund begleitet und koordiniert. | |
Den Trägern ist es wichtig, dass es sich um ein Angebot der Kinder- und | |
Jugendhilfe handelt. Das heißt, auch wenn die jungen Menschen aus den | |
Notübernachtungsstellen, die abgekürzt „Nüst“ heißen, ausziehen, bleiben | |
sie an die Jugend- und Straßensozialarbeit angebunden. Dies gelinge mit | |
einer altersgerechten Ansprache recht erfolgreich, sagt Krüger. | |
## Eine lange Vorgeschichte | |
Allerdings könne nicht allen jungen Menschen eine Notübernachtung | |
ermöglicht werden. „Denn die Anfragen übersteigen deutlich das Angebot. | |
Alle Plätze sind durchgängig belegt“, sagt Krüger. Dass die Fortsetzung und | |
der Ausbau der Nüst im neuen rot-grünen Koalitionsvertrag verankert sind, | |
stimme sie jedoch zuversichtlich. | |
Das Ganze hat eine lange Vorgeschichte. Sozialarbeiter forderten die | |
Notschlafstelle schon vor über zehn Jahren. Im Hamburg-Wahlkampf 2020 | |
setzten sich die Grünen dafür ein und erreichten, dass ein entsprechendes | |
Projekt im damaligen rot-grünen Koalitionsvertrag verankert wurde. Doch die | |
Ausschreibung der Sozialbehörde ließ über ein Jahr auf sich warten. Als sie | |
schließlich kam, bewarb sich kein Träger, weil die Bedingungen als zu | |
schwierig galten. | |
Anstelle einer großen Notübernachtungsstelle mit 20 Plätzen gibt es nun die | |
vier Nüsts in Altona, Eimsbüttel, Nord und Wandsbek.. „Wir achten auf | |
Geschlechtertrennung“, sagt Krüger. Es gebe Plätze für junge Männer und | |
junge Frauen, aber auch für diverse Menschen und für Menschen mit Hund. | |
## Ausweitung frühestens in zwei Jahren | |
Bleiben können die jungen Menschen nur eine begrenzte Zeit. „Die Frist für | |
die Notübernachtung läuft in der Regel acht bis zwölf Wochen“, erläutert | |
Krüger. Es sei „häufig, aber nicht immer“ gelungen, im Anschluss eine | |
weiterführende Wohnmöglichkeit zu finden. Manche fänden ein WG-Zimmer oder | |
ein Zimmer im Jungerwachsenenwohnprogramm (JEP) der Stadt, manche bekämen | |
auch eine Wohnung. Doch angesichts der Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt | |
brauche man dringend mehr Wohnraum für diese Zielgruppe, so Krüger. | |
In Hamburg ist seit Kurzem die Schulbehörde für die Jugendhilfe zuständig. | |
Diese dämpft die Erwartung, dass es schnell zu einem weiteren Ausbau dieser | |
Hilfe kommen könnte. Das Modellprojekt wird jährlich mit 800.000 Euro | |
finanziert und läuft bis Mitte 2027, diesen Sommer startet eine | |
wissenschaftliche Evaluation. Auf die Frage, ob angesichts der hohen | |
Auslastung eine Ausweitung der Notschlafstellen geplant sei, antwortet die | |
Behördensprecherin: „Eine Entscheidung darüber, ob und wenn ja in welchem | |
Umfang dieses geschehen soll, wird erst nach Ende des Modellprojekts und | |
Vorliegen der Evaluationsergebnisse getroffen werden können.“ Sprich: in | |
zwei Jahren. | |
„Auch wenn das Abwarten einer Modellphase formal richtig sein mag, halte | |
ich es für inakzeptabel, so lange zu warten. Dazu ist die Not zu groß“, | |
sagt Ronald Prieß. Er setzt sich seit 2015 als ehrenamtlicher „Botschafter | |
der Straßenkinder“ und im Rahmen des Sozial-Bündnisses „Tu was, Hamburg!�… | |
für wohnungslose junge Menschen ein. Notschlafstellen seien jedoch nur eine | |
vorübergehende Lösung, so Prieß. „Die Stadt muss mit der Wohnungswirtschaft | |
vereinbaren, dass es einen Pool von Wohnungen gibt, die nur für diese | |
jungen Menschen reserviert sind“. | |
20 Notschlafplätze seien ohnehin zu wenig, sagt die Sozialpolitikerin der | |
Linksfraktion, Olga Fritzsche. So wie schon [2][beim „Housing First“] für | |
Erwachsene plane die Stadt mit zu kleinen Zahlen. Funktioniere ein Angebot, | |
sei es falsch, mit der Ausweitung zu warten. „Mein Eindruck ist: Der Senat | |
will nicht mehr Geld in die Hand nehmen.“ | |
4 Jun 2025 | |
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[1] /Laerry-Be-ueber-ihr-Leben-auf-der-Strasse/!5869380 | |
[2] /Housing-First-in-Hamburg/!6046585 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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