# taz.de -- Friedensgutachten 2025: Keine gemeinsame Wertebasis mit Trump | |
> In ihrem diesjährigen Gutachten raten die führenden deutschen | |
> Friedensinstitute Europa zu mehr sicherheitspolitischer Unabhängigkeit | |
> von den USA. | |
Bild: Nato Übung in Litauen | |
Berlin taz | Deutschlands führende Friedensinstitute glauben nicht an eine | |
Zukunft der Nato. Angesichts der politischen Entwicklung in den USA in | |
Richtung Autokratie sei die transatlantische Partnerschaft „am Ende“, sagte | |
der Politologe Christopher Daase vom Leibniz-Institut für Friedens- und | |
Konfliktforschung (PRIF) am Montag in Berlin. Europa müsse „ohne die USA | |
oder gegen sie verteidigungsfähig werden“, forderte er bei der Vorstellung | |
des „Friedensgutachtens 2025“. | |
„Um den Frieden ist es gegenwärtig schlecht bestellt“, lautet der erste | |
Satz des Gutachtens. Als politisches Konzept scheine er sich mit dem | |
russischen Angriffskrieg in der Ukraine erschöpft zu haben. Das Vertrauen | |
in die grundlegenden Sicherheitsinstitutionen, die die europäische | |
Friedensordnung aufrechterhalten, sei zutiefst erschüttert. | |
Nun seien auch noch die USA als globaler Stabilitätsanker weggefallen und | |
zu einem „Unsicherheitsfaktor“ geworden. In seiner zweiten Amtszeit sei es | |
Donald Trump gelungen, „in kürzester Zeit und ohne viel Widerstand [1][die | |
älteste Demokratie der Welt in ein autoritäres Regime] zu verwandeln“, | |
sagte Daase. Mit der Trump-Administration gebe es keine „gemeinsame | |
Wertebasis“ mehr.. Der US-Präsident verfolge eine aggressive Außenpolitik, | |
die auf Egoismus und kurzfristige Vorteile setze. | |
Angesichts der russischen Bedrohung würde es zwar derzeit noch ohne die | |
Nato nicht gehen, sind die Wissenschaftler:innen überzeugt. Europa | |
müsse aber künftig stärker selbst für seine Sicherheit sorgen. Daher sei es | |
auch „prinzipiell richtig“, dass der alte Bundestag entschieden habe, | |
„Schulden in historischer Höhe zu ermöglichen, um in Verteidigung und | |
Infrastruktur investieren zu können“. | |
## Düstere Aussichten | |
Wobei allerdings die Idee zu kurz greife, Sicherheit sei alleine durch | |
militärische Abschreckung zu erreichen, warnen die Wissenschaftler:innen. | |
Denn das führe „in eine beklemmende Welt wechselseitiger Aufrüstung, in der | |
schon ein kleiner Fehler in den Untergang führen könnte“. Daher müsse die | |
Perspektive auf eine kooperative europäische Friedensordnung und den Erhalt | |
der regelbasierten internationalen Ordnung im Auge behalten werden. Das | |
möge zwar gegenwärtig utopisch klingen – aber das Ende des Kalten Krieges | |
zeige, „dass so eine Entwicklung nicht unmöglich ist“, sagte Daase. | |
Das Friedensgutachten erscheint jährlich seit 1987. Darin analysieren das | |
PRIF sowie das Bonn International Center for Conversion (BICC), das | |
Institut für Entwicklung und Frieden (Inef) der Universität Duisburg-Essen | |
und das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) an der | |
Universität Hamburg [2][aktuelle internationale Konflikte] und zeigen | |
Trends der internationalen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik | |
auf. | |
Ihr diesjähriges 156-seitiges Gutachten fällt düster aus, geradezu | |
flehentlich haben sie es unter die Überschrift „Frieden retten!“ gestellt. | |
So bilanzieren die Wissenschaftler:innen, dass sich das weltweite | |
Konfliktgeschehen weiter verschärft habe. Allein im vergangenen Jahr seien | |
mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt | |
gewesen. Insbesondere die Kriege in der Ukraine und in Gaza hätten in | |
drastischer Weise die „Dehumanisierung der Kriegsführung“ in der Gegenwart | |
vor Augen geführt, unter der vor allem die Zivilbevölkerung leide. | |
Kernnormen des Völkerrechts und Menschenrechte würden massiv verletzt. | |
Mit Blick [3][auf den Gaza-Krieg] konstatierten die Friedensforscher:innen, | |
nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 habe sich die damalige | |
Bundesregierung zu Recht an die Seite Israels gestellt. Aber im Verlauf des | |
Krieges habe die israelische Regierung habe die Grenzen der „legitimen | |
Selbstverteidigung überschritten“ und würde „immer wieder in eklatanter | |
Weise“ das humanitäre Völkerrecht verletzen. Daher sei es „dringlicher de… | |
je“, [4][alle Lieferungen von Waffen], die im Gazastreifen und im | |
Westjordanland eingesetzt werden könnten, zu stoppen. | |
Außerdem befürworten die Friedensforscher:innen eine Zusammenarbeit | |
mit Staaten wie Frankreich, Großbritannien und Kanada, um eine Umsiedlung | |
der palästistischen Bevölkerung aus Gaza und den besetzten Gebieten zu | |
verhindern. Mittelfristig sollte sich die Bundesregierung zur Anerkennung | |
eines Staates Palästina bekennen. Eine „dauerhafte Lösung des | |
Palästinakonflikts“ schränke „in keiner Weise das Recht Israels auf einen | |
jüdischen Staat in sicheren Grenzen ein“, betonte Daase. | |
2 Jun 2025 | |
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[1] /Trumps-Kampf-gegen-die-Justiz/!6089013 | |
[2] /Deutsche-Friedensforschung-zu-Ukraine/!5937482 | |
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[4] /Macht-sich-Deutschland-in-Gaza-mitschuldig/!6090861 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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