# taz.de -- Rüstungspolitik in Großbritannien: Keir Starmer rüstet auf gegen… | |
> Die Labour-Regierung will die globale Sicherheit durch massive | |
> Militärinvestitionen erhöhen. Zugleich sei es eine | |
> „Verteidigungsdividende“ für das eigene Land. | |
Bild: „Die Frontlinie ist hier“: Keir Starmer mit den Werftarbeitern von Go… | |
London/Berlin taz | Zwölf neue atomar betriebene Angriffs-U-Boote. 15 | |
Milliarden Pfund (18 Mrd. Euro) für das britische Atomwaffenarsenal. | |
Luftgestützte Atomraketen zum ersten Mal seit Ende des Kalten Krieges. Neue | |
Waffenmanufakturen, in denen 7000 Langstreckenraketen hergestellt werden | |
sollen. Munitionsproduktion für sechs Milliarden Pfund. Neue Drohnen. Ein | |
neues Cyber-Abwehrkommando. Bessere Unterkünfte für Soldaten und ihre | |
Familien. Die größten Solderhöhungen seit 20 Jahren. Über 30.000 neue Jobs | |
im Militärsektor. Das sind nur einige Punkte im neuen | |
Verteidigungsstrategiepapier „Strategic Defence Review“, das | |
Großbritanniens Regierung am Montag vorstellte. | |
Das Strategiepapier ist [1][Ergebnis einer Überprüfung], unter Leitung des | |
britischen ehemaligen Nato-Generalsekretärs Lord Robertson, die die | |
Labour-Regierung direkt nach ihrer Amtsübernahme am 5. Juli 2024 in Auftrag | |
gab. Auch Experten aus den USA, Frankreich und Deutschland wurden zeitweise | |
einbezogen. Die wichtigsten Ziele präsentierte zunächst Premierminister | |
Starmer bei einem öffentlichen Auftritt auf einer Werft im schottischen | |
Govan, wo aktuell zwei Fregatten im Bau sind, bevor am Nachmittag | |
Verteidigungsminister John Healey das Papier offiziell im Parlament | |
vorstellen sollte. | |
„Die Bedrohung ist ernster, unmittelbarer und unvorhersehbarer denn je seit | |
dem Kalten Krieg“, verkündete Starmer und zählte auf: Krieg in Europa, neue | |
nukleare Gefahren, tägliche Cyberangriffe, russische Aggression auf See und | |
in der Luft, Wirtschaftskrisen auf Kosten der „arbeitenden Menschen“. | |
Großbritannien, so Starmer, müsse angesichts dessen „führen“ und wieder | |
„kriegstüchtig“ werden. Die Streitkräfte müssten „integrierter und let… | |
denn je“ werden, die britische Nation müsse zusammenstehen. Das sei die | |
effektivste Abschreckung: Frieden durch Stärke liefern. | |
## Drei Prozent des BIP bis 2034 | |
Die Kosten, so der Premier, seien mit der geplanten Erhöhung des britischen | |
Verteidigungsetats auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr | |
2027 gedeckt – die Einhaltung dieser Marke gehörte ausdrücklich zu den | |
Arbeitsaufträgen bei der Erstellung des Strategiepapiers. Es sei die | |
Ambition seiner Regierung, dies bis 2034 auf drei Prozent zu erhöhen, | |
bekräftigte Starmer. | |
Das sorgt für Kritik. Denn während das 3-Prozent-Ziel erst für 2034 gilt, | |
und das nur unverbindlich, setzen manche europäische Länder bereits ein | |
3,5-Prozent-Ziel, wenn nicht 5 Prozent. Aktuell liegen die britischen | |
Verteidigungsausgaben bei 2,3 Prozent des BIP. Mit 0,2 Prozent mehr könne | |
man die Folgen von dreißig Jahren Unterfinanzierung nicht ausgleichen, | |
[2][schreibt der ehemalige Marinegeneral Tom Sharpe] im Daily Telegraph. | |
Das Strategiepapier offenbare „eine Kluft zwischen dem, was das | |
Verteidigungsministerium für nötig hält, und den 2,5 Prozent, die das | |
Finanzministerium für leistbar hält“. | |
Starmer betonte, die Planungen stellten den größten britischen Beitrag zur | |
Nato seit Gründung des Bündnisses dar. Die geplanten neuen U-Boote | |
entstehen außerdem als Erweiterung des Verteidigungspakts Aukus mit den USA | |
und Australien. Großbritannien wolle „der schnellste Innovator“ der Nato | |
werden und die Lehren aus dem Ukrainekrieg ziehen. | |
## Wink in Richtung Reform UK | |
Auf die Frage, ob Derartiges im Einklang mit sozialen Zielen steht, verwies | |
Starmer auf Vlement Attlee, der Labour-Nachkriegspremier 1945–51. Unter ihm | |
entstand sowohl die Nato als auch der britische Wohlfahrtsstaat. Atomwaffen | |
sicherten den Frieden, Aufrüstung diene auch dem Wirtschaftswachstum, so | |
Starmer. Das sei eine „Verteidigungsdividende“ für das britische Volk. | |
In einem BBC-Interview erweiterte Starmer seine Definition von Bedrohungen. | |
Zur Frage, was seine Regierung von einer Regierung des [3][Rechtspopulisten | |
Nigel Farage] unterscheide – Farages Partei Reform UK führt derzeit in den | |
Meinungsumfragen – sagte er: „Farage und seine Partei haben eine | |
prorussische Auslandspolitik. Es gibt keinen schärfen Unterschied zwischen | |
uns.“ | |
Beobachter halten auch Starmers Wahl einer schottischen Werft für seine | |
bisher wichtigste verteidigungspolitische Rede für bedeutsam. Am Donnerstag | |
findet eine Nachwahl zum schottischen Parlament statt, bei der Reform UK | |
seinen ersten schottischen Sitz erringen könnte. „Die Frontlinie ist hier“, | |
sagte Starmer über die Werft in Govan. Das galt nicht nur außenpolitisch. | |
2 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://commonslibrary.parliament.uk/research-briefings/cbp-10153/ | |
[2] https://www.telegraph.co.uk/news/2025/06/02/strategic-defence-review-royal-… | |
[3] /Teilwahlen-in-Grossbritannien/!6085529 | |
## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
Dominic Johnson | |
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