# taz.de -- Israels Kriegsführung in Gaza: Echte Hungerhilfe geht anders | |
> Die Palästinenser sind zu hundert Prozent von akutem Hunger bedroht. | |
> Israel nutzt minimalistische Hilfe indes als Machtinstrument. | |
Bild: Die Hungersnot der Palästinenser ist allgegenwärtig | |
Hilfe für hungernde Zivilpersonen in einer Kampfzone ist enorm schwierig, | |
aber die weltweit entwickelten Grundsätze dafür sind keine Zauberei. | |
Hungerhilfe muss Bedürftige direkt erreichen, ihre Verteilung muss neutral | |
bleiben und darf keiner Willkür unterliegen, sie muss unabhängig von den | |
Kriegsparteien und ohne Militarisierung geleistet werden. | |
Was Israel im Gazastreifen veranstaltet, spricht all diesen Prinzipien | |
Hohn. Seit drei Monaten sind die Grenzen des Gebietes komplett geschlossen. | |
Es kommt für die rund noch 2,1 Millionen Bewohner – es waren einmal 2,3 | |
Millionen – [1][nichts mehr zu essen hinein]; was vorhanden war, wurde | |
immer rarer und diente Israel, Hamas und kriminellen Banden zunehmend als | |
Instrument der Begünstigung. | |
Mitte Mai erreichte der Anteil der Bevölkerung unter akutem Hunger nach | |
UN-Erhebungen 100 Prozent. Da hob Israel ein neues System aus dem Boden: | |
Eine private Stiftung sollte in den Worten von Israels Ministerpräsident | |
Netanyahu „minimale“ Hilfe leisten, also gerade mal so viel, dass die Leute | |
nicht alle verhungern. | |
Es funktioniert nicht, und wahrscheinlich soll es auch gar nicht | |
funktionieren. Die [2][Hilfe kommt nicht zu den Menschen], sondern Menschen | |
sollen zu Sammelstellen kommen. Wenn sie sich zu Tausenden drängeln, kommt | |
es unweigerlich zu Tumult, Israels Armee eröffnet das Feuer, inzwischen | |
werden regelrechte Massaker gemeldet. | |
Die Hilfspakete erhält sowieso nur, wer die israelische Sicherheitsschleuse | |
passiert, aber die meisten kommen gar nicht so weit. Israel macht | |
Hungerhilfe zum Gnadenakt für Auserwählte. | |
Die Rechtfertigung, man müsse Diebstahl durch die Hamas verhindern, ist | |
lächerlich, denn was mit diesen Hilfsgütern passiert, ist noch viel | |
unklarer als bei regulären UN-Hilfsaktionen – ebenso, ob irgendetwas bei | |
den Schwachen und Kranken ankommt. Zugleich gehen [3][Kämpfe und | |
Luftangriffe] weiter. | |
Direkt jenseits der Grenze, in Israel, gibt es Nahrung in Hülle und Fülle. | |
Direkt an der Grenze, unter israelischer Kontrolle, wartet eine komplette | |
UN-Infrastruktur mit fähigen Helfern. Sie wissen genau, wie man Bedarfe | |
ermittelt und wie man Bedürftige erreicht, ohne dass eine Kriegspartei | |
profitiert. | |
Dass sie das nicht dürfen, ist eine [4][politische Entscheidung], für die | |
es nur zwei denkbare Gründe gibt. Entweder Israel ist die unfähigste Nation | |
der Welt – dann sollte das dringend jemand anderes machen. Oder Israel | |
macht das bewusst – dann bleibt nur der Schluss, dass das Überleben der | |
palästinensischen Bevölkerung gar nicht gewollt ist. | |
Dummheit oder Völkermord? Man kann nur hoffen, dass es in Israel noch | |
Augenmaß für einen dritten, menschlichen Weg gibt. | |
1 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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