# taz.de -- Eurovision Song Contest: Wie immer geht es nicht ohne das Politische | |
> Morddrohungen in der Schweiz? Auch das ist Teil des Eurovision Song | |
> Contests. Wenige Tage vor dem Finale geht es sowohl um Musik als auch um | |
> Politik. | |
Bild: Yuval Raphael, Israels ESC-Teilnehmerin und Überlebende des Massakers am… | |
Grüezi mitenand! Der Eurovision Song Contest ist zurück, im Geburtsland des | |
ESCs. Zum dritten Mal lädt die Schweiz ein – das Land, das global mit | |
Neutralität assoziiert wird. Die Welt kommt diesmal nach [1][Basel – einer | |
Bilderbuchstadt], die sich selbst als „Stadt der Museen“ bezeichnet. Hier | |
gibt es viele Fahrräder, enge Straßen, umgeben von Grün wird Basel | |
durchzogen vom Rhein. Die Stadt liegt im Dreiländereck, wenige Kilometer | |
entfernt von Deutschland und Frankreich. | |
„United by music“ ist das diesjährige Motto – zum dritten Mal in Folge. | |
Doch so sehr der ESC unpolitisch sein möchte, so unmöglich scheint dies – | |
wie eigentlich immer – auch in diesem Jahr. Für Israel tritt Yuval Raphael | |
mit „New Day Will Rise“ an. Die 24-Jährige besuchte das Nova-Musikfestival | |
2023 und überlebte das [2][Massaker vom 7. Oktober]. | |
Der Tag an dem rund 1.200 Menschen von der Hamas getötet wurden sowie die | |
Entführung von Dutzenden Geiseln in den Gazastreifen führte zum Krieg in | |
Israel und Gaza. Zunehmend kam dabei auch die israelische Regierung in die | |
Kritik, weil sie die desaströse humanitäre Lage im Gazastreifen, unter | |
anderem mit Blockaden von Hilfslieferungen, weiter zuspitzte. | |
## Nemo fordert Ausschluss Israels | |
Palästinensische Gruppen fordern deshalb den Ausschluss Israels vom ESC. | |
Teil der Begründung ist, dass Russland nach der Invasion auf die Ukraine | |
auch nicht mehr singen darf. Auch Verantwortliche, Musiker und ESC-Fans aus | |
anderen Ländern pochen auf den Ausschluss. In einem offenen Brief fordern | |
mehrere ehemalige ESC-Acts den Ausschluss Israels, so auch Nemo, letztes | |
Jahr auf Platz eins. | |
Die European Broadcasting Union erklärte, dass Israel am Wettbewerb | |
teilnehmen darf, weil das Land durch die öffentlich-rechtliche | |
Rundfunkanstalt KAN und nicht durch seine Regierung vertreten wird. | |
Auf die Frage, ob Israel teilnehmen sollte oder nicht, gibt es keine | |
eindeutige Antwort, die alle zufriedenstellen würde. Am Ende ist der ESC | |
ein Musikwettbewerb, bei dem Länder antreten und ja, Länder haben | |
politische Interessen und Ausrichtungen, Menschen ihre politischen | |
Einstellungen und Erfahrungen. Das Dilemma endet in Debatten darüber, was | |
Kunst darf, wo Kunst darf, wie Kunst darf. Ob es von der Nationalität | |
abhängt, ob Kunst darf. Wo Unterhaltung aufhört, wo Positionierung beginnt. | |
[3][Was nicht geht, ist einer ESC-Teilnehmerin eine Mordgeste | |
entgegenzuwerfen.] Genau das passierte bei der Eröffnungsfeier am Sonntag | |
in Basel, als ein pro-palästinensischer Zuschauer seine Hand an seinem Hals | |
legte und damit dann auf die andere Seite seines Halses fuhr. Auch heute | |
sieht man neben den Flaggen der teilnehmenden Länder in der Schweizer | |
Bilderbuchstadt Palästina-Flaggen. Es war nicht geplant, dass dieser Text | |
Politik aufgreift, doch wie der ESC selbst kommt auch die Berichterstattung | |
da jedes Jahr nicht drumherum. | |
## Ein Hauch von Bodenständigkeit | |
So verzwickt die Lage auch ist, geht es bei dem Wettbewerb um Unterhaltung | |
und – laut den Veranstaltern – um Einheit durch Musik. Gestern nannte ein | |
Restaurantmitarbeiter den Dienstag und Mittwoch die „Ruhe vor dem Sturm“, | |
ab Donnerstag werden 500.000 Besucher erwartet. Vor der Baseler St. | |
Jakobshalle campieren einige Fans schon, am Nachmittag interviewt eine | |
Reporterin zwei Schweden im Bademantel, die angereist sind, um KAJ mit | |
ihrem Sauna-Song „Bara Bada Bastu“ zu unterstützen. | |
Beim österreichisch-deutschen Botschaftsempfang wird Einigkeit versprüht – | |
die Moderatorin witzelt auf der Bühne über die Freund-Feindschaft der | |
deutschsprachigen Nachbarländer, die sich in der Regel wenig Punkte | |
schenken. Dieses Jahr könnte das anders sein, denn der deutsche Act, das | |
Geschwisterpaar Abor & Tynna, kommt aus Österreich. Beim | |
Botschaftsempfangskonzert singt Tünde Bornemisza (Tynna) mit rauchiger | |
Stimme ihren Song „Baller“ in einer Akustikversion, begleitet von ihrem | |
Bruder auf einem weißleuchtendem E-Cello. | |
Als die Moderatorin Attila Bornemisza (Abor) nach der Performance fragt ihm | |
bisher vor Ort am besten gefallen hat, lobt er – statt sich selbst zu | |
beweihräuchern – die Organisation des Riesenevents ESC. Bodenständig sind | |
sie, die Österreicher, die Deutschland vertreten. Talentiert auch. Und | |
unaufgeregt. Und bei all dem, was rund um den Wettbewerb bis zum Finale am | |
Samstag noch alles abgehen wird, scheint ein unaufgeregter, bodenständiger | |
Fokus auf Talent und Unterhaltung ein guter Weg. | |
13 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Reisen-in-die-Schweiz/!5454993 | |
[2] /Ein-Jahr-nach-dem-7-Oktober/!6038224 | |
[3] https://www.watson.ch/schweiz/international/347231841-todesdrohung-gegen-is… | |
## AUTOREN | |
Klaudia Lagozinski | |
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