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# taz.de -- Die Nonnen und der Papst: Was sie von Leo XIV. erwarten
> Anti-Trump? Die Welt hofft auf ihn. Der neue Pontifex dürfe aber nicht
> die Frauen und die Prävention gegen sexualisierte Gewalt vergessen,
> fordern Ordensleute.
Bild: Nonnen beim Gottesdienst, der am 10. Mai in der peruanischen Stadt Chicla…
Erst mal sei da einfach nur Freude gewesen. Die Nonne und
Theologieprofessorin Martha Zechmeister saß am 8. Mai gemeinsam mit ihren
Studenten, alles junge Ordensmänner, in San Salvador gebannt vor dem
Laptop. „Wir haben uns mitreißen lassen von der Stimmung der jubelnden
Menge auf dem Petersplatz“, schreibt Zechmeister in einem Brief an den
neuen Papst. „Wir haben Dein erstes 'der Friede sei mit euch’ gehört – u…
wir waren glücklich über dieses kraftvolle Wort.“
Zechmeister, gebürtige Österreicherin, ist Ordensschwester und Vertreterin
der „linken“ Befreiungstheologie, sie lebt und lehrt seit 16 Jahren im
zentralamerikanischen El Salvador. Frieden ist dort nicht
selbstverständlich, die freie Predigt auch nicht. 1980 wurde der
salvadorianische Befreiungstheologe und Erzbischof Óscar Romero wegen
seines Einsatzes für die Armen von einer rechten Miliz erschossen. Sein Tod
markierte den Beginn eines zehn Jahre dauernden Bürgerkriegs.
[1][In ihrem offenen Brief an den „lieben Bruder Papst Leo“] bestärkt
Schwester Martha jetzt den früheren Armenbischof Robert Prevost darin, als
Papst an der Seite der Entrechteten zu bleiben: „Sprich mit Mut und
Autorität gegen die autoritären Machos dieser Welt und ihre tödlichen
Strategien. Steh auf gegen die Abschottungspolitik des Nordens gegen die
Migrantinnen und Migranten.“
Doch, schreibt Zechmeister, und es ist ihr eigentlicher Punkt: Leo muss
auch an die katholischen Frauen denken. Der Pontifex soll „den Mut haben,
die Mauern zu durchbrechen, die Deine Schwestern im Glauben, die, die diese
Kirche weithin tragen, immer wieder ausschließen und vor den Kopf stoßen“.
## Trump, Meloni und Thurn und Taxis
Nicht nur dieser Brief zeigt, wie groß die Erwartungen an den
peruanisch-US-amerikanischen Papst sind. [2][Er soll zwischen der Ukraine
und Russland vermitteln], sagt Italiens Premierministerin Giorgia Meloni.
Er soll als Anti-Trump der autoritären US-Regierung ins Gewissen reden,
sagen viele, die Papst Franziskus verehrten. Gloria von Thurn und Taxis
hingegen will, dass der neue Papst und Trump „gemeinsam den Kommunismus
besiegen“.
Von der innerkirchlichen Gleichberechtigung von Frauen hält die
rechtskatholische Fürstin gar nichts. Doch auch unter den linken
Befreiungstheologen gilt manchen die Frauenfrage höchstens als
Nebenwiderspruch. Was also ist in dieser Hinsicht zu erwarten von Leo XIV.?
Wie ging er als Bischof mit Frauen um? Und wie mit sexualisierter Gewalt?
Schließlich gibt es Vertuschungsvorwürfe gegen ihn – in den USA und in
Peru, wo Prevost von 2015 bis 2023 Bischof war.
Birgit Weiler lebt seit 30 Jahren in Peru. Die Ordensschwester lehrt
Theologie an einer Universität in Lima und arbeitet mit indigenen
Gemeinschaften im peruanischen Amazonasgebiet. Illegaler Goldabbau
verschmutzt dort das Wasser der Flüsse mit Blei und Quecksilber, doch die
Interessen der Indigenen würden vom Nationalstaat oft ignoriert, sagt
Weiler der taz.
„Die Kirche muss hier als Bündnispartner den Indigenen beistehen“, fordert
sie. Unter anderem gehe es darum, Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, die
mit dem Ökosystem verträglich sind – dabei spielten Frauen eine zentrale
Rolle. „Frauen sind vielfach diejenigen, die die Gemeinschaften in den
entlegenen Gebieten begleiten“, sagt Weiler. „Da gibt es keine Priester.
Und diese Frauen wünschen sich, dass das, was sie tun, nicht abhängig ist
von dem Priester, der ab und an mal vorbeikommt zu einer Eucharistiefeier.“
## Die Rolle von Frauen in der katholischen Kirche
Schon seit Längerem berät Birgit Weiler Celam, den lateinamerikanischen
Bischofsrat. 2024 ernannte Papst Franziskus die Professorin zudem zur
Beraterin der Weltbischofsynode. Ihr Ziel in diesem Job: die „toxische
Männlichkeit“ in der Kirche zu überwinden.
Birgit Weiler hat Bischof Robert Prevost mehrfach getroffen, in Peru und in
Rom. „Er ist ein Mann, der Argumenten gegenüber offen ist“, sagt die
Ordensfrau, „und er ist ein Mann, der auch die stärkere Rolle von Frauen in
der katholischen Kirche wünscht.“
In Südamerika sei das logische Folge aus der Praxis. Prevost habe das als
Bischof der peruanischen Diözese Chiclayo schnell erkannt. „Er hat sehr
darauf gedrängt, Frauen viel stärker mit einzubinden in Prozesse des
Beratens und des Entscheidens in unserer Kirche.“ Frauen, die in
kirchlichen Kommissionen Verantwortung übernommen hätten, etwa für
Geflüchtete aus Venezuela, habe Prevost den Rücken gestärkt, „wenn es
gegenüber Priestern nicht einfach war, die immer noch meinen, dass Frauen
eigentlich in der zweiten oder dritten Reihe zu stehen hätten“.
Im Vatikanstaat hatte Papst Franziskus 2024 eine Regierungschefin ernannt
und drei Frauen in das Gremium geholt, das über Bischofsernennungen
entscheidet. Weiler sagt, Kardinal Prevost habe ihr gegenüber betont, wie
bereichernd er diese Schritte wahrgenommen habe. „Und es ist klar, dass er
das auch für andere Bereiche wünscht.“ Doch Verwaltungsämter sind das eine,
Weiheämter etwas anderes. 2023 hatte Kardinal Prevost gesagt: „Die
Klerikalisierung von Frauen wird die bestehenden Probleme der Kirche nicht
lösen.“
## Vorwürfe gegen Leo
Zu diesen Problemen gehört sexualisierte Gewalt. Und da gibt es
Vertuschungsvorwürfe gegen Prevost selbst. Ein Fall betrifft Prevosts
Arbeit als Leiter des Augustinerordens in Chicago, drei Fälle seiner Zeit
als Bischof im Norden Perus.
Birgit Weiler hält letztere Vorwürfe für eine Diffamierungskampagne der
rechtskatholischen Splittergruppe Sodalicio. [3][Renommierte
Journalist:innen in Peru sehen das ähnlich]. „Er hat als Bischof die
notwendigen Dokumente nach Rom geschickt, er respektiert Prozesse“, sagt
Weiler. Außerdem habe sich Prevost in der peruanischen Bischofskonferenz
dafür eingesetzt, dass eine Meldestelle für Betroffene sexualisierter
Gewalt eingerichtet wird.
2020 lud Bischof Prevost Hans Zollner nach Peru ein, um die Bischöfe in der
Prävention gegen sexualisierte Gewalt zu schulen. Der Psychologe und Jesuit
leitet in Rom das Safeguarding-Institut IADC und gilt als Kapazität auf dem
Gebiet. Auch Zollner vermutet Sodalicio hinter den Vorwürfen. Prevost habe
im Vatikan dazu beigetragen, dass die Gruppe, in der es viele Fälle
sexualisierter Gewalt gab, 2024 aufgelöst wurde.
Hans Zollner erwartet vom neuen Papst jetzt die weltweite Durchsetzung der
Präventions-standards, die 2019 für die katholische Kirche festgeschrieben
wurden. Eine erste Entscheidung betreffe die Päpstliche Kommission für den
Schutz von Minderjährigen, [4][an der Zollner Intransparenz kritisiert].
„Da ist zu erwarten, dass sich da jetzt strukturell und inhaltlich etwas
tut und klärt. Auch personell.“ Soll heißen: Der umstrittene
Kommissionspräsident Kardinal Seán Patrick O’Malley, Ex-Erzbischof von
Boston, soll gehen. Vielleicht folgt ihm ja tatsächlich eine Frau auf dem
Posten.
24 May 2025
## LINKS
[1] https://www.feinschwarz.net/lieber-bruder-papst-leo/
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/papst-leo-vermittler-ukraine-100.h…
[3] https://cnnespanol.cnn.com/2025/05/18/latinoamerica/papa-leon-xiv-denuncias…
[4] /Psychologe-ueber-Missbrauch-in-der-Kirche/!5934472
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
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