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# taz.de -- HSV-Fans im Aufstiegsrausch: Endlich wieder Rathausbalkon
> Die größte Beleidigung, die man dem HSV zurufen kann, ist „Provinzclub“.
> Dabei hat er in der Provinz seine stärksten Wurzeln.
Bild: Wird bald wieder wahr: die Fußballmänner des HSV auf dem Hamburger Rath…
Eine Viertelmillion Menschen, die eine Karte wollten, Bilder von Ekstase
und Massenhysterie, 20 Schwerverletzte nach einem Platzsturm – viele, bei
denen der Aufstieg des Hamburger Sportvereins in die Bundesliga nicht zum
emotionalen Ausnahmezustand geführt hat, fragen sich: Was ist mit den
Hamburgern los?
Und stellen damit die falsche Frage. Wirklich verstehen kann das, was vor,
während und nach dem [1][Spiel des HSV gegen den SSV Ulm am 10. Mai im
Hamburger Volkspark] passiert ist, nur, wer einmal mit einem Vorortzug aus
Itzehoe, Bad Oldesloe oder Buchholz in der Nordheide zu einem Spiel des HSV
gefahren ist. Der weiß: Nirgendwo wird die Stadionhymne „Mein Hamburg lieb
ich sehr“ mit mehr Inbrunst gesungen als in Schleswig-Holstein und
Niedersachsen.
## Sog der Hansestadt
Selbst wer noch zu Zeiten des Schwarz-weiß-Fernsehens als Junge kurz vor
der dänischen Grenze aufwuchs, spürte den Sog, den die Hansestadt auf die
Sehnsüchte der Heranwachsenden auslöste. Der Film „Erst die Arbeit und
dann?“ von Detlev Buck zeigte 1984 zwar, wie deplatziert sich die
Landjugend fühlt, wenn sie tatsächlich am Samstagabend in Hamburg einfährt.
Doch einen Ort gab es, an dem das anders war, an dem man sich zu Hause
fühlte: im Volkspark beim HSV. „Hier regiert der HSV“, das heißt vor alle…
Hier regieren die Dörfer, Kleinstädte, Vororte und Stadtränder.
Dieser Teil der HSV-Kohorte hat auch in den Jahren der zweiten Liga Tore
gegen Regensburg und Elversberg genauso frenetisch gefeiert wie einst die
gegen Juventus Turin. Das wäre womöglich noch lange so weiter gegangen,
wäre nicht der FC St. Pauli, der Club, der für das Hamburg der hippen
Großstadtjugend steht, vor einem Jahr [2][am HSV vorbei ins Oberhaus
eingezogen].
## Stigma der Zweitklassigkeit
Wer sich vorigen Samstag am Hauptbahnhof in die S5 Richtung Volkspark
quetschte, konnte in den Gesichtern der Fans die Entschlossenheit sehen,
jetzt, da die Chance so groß war wie nie, die Wucht des Volksparks zu
nutzen, um das Stigma der Zweitklassigkeit zu besiegen. Nach dem Platzsturm
war es das höchste der Gefühle, durch St. Pauli zu ziehen und lautstark die
Regentschaft des HSV zu verkünden.
HSV-Vorstand Stefan Kuntz hat die Gefühlsexplosion als eine
Champagnerflasche beschrieben, die einer sieben Jahre geschüttelt hat und
von der „heute einer den Korken aufgemacht“ hat. Das Bild ist schön, aber
nicht nur wegen der Getränkewahl schief. Die alteingesessenen
Hamburger:innen unter den HSV-Anhänger:innen fiebern schon seit 38
Jahren, seit dem letzten Gewinn des DFB-Pokals, auf den Tag hin, da sie
ihrer Mannschaft endlich wieder auf dem Rathausbalkon zujubeln können.
Vor sechs Jahren, nach dem ersten Jahr in der zweiten Liga, hatte ihnen
Bürgermeister Peter Tschentscher das schon versprochen, blöderweise wurde
es dann doch nichts mit dem Aufstieg. Am kommenden Montag kann sich
Tschentscher, der sich als einer der ersten in der Spielerkabine unter die
Sieger mischte, gleich inmitten zweier Teams auf dem Balkon zeigen, da auch
die HSV-Frauen in die Bundesliga aufgestiegen sind.
Und dann gibt es noch die, die tatsächlich Champagner trinken, sowieso im
Rathaus ein- und ausgehen und für die der HSV eigentlich noch ganz woanders
hingehört als in die Bundesliga, nämlich an Europas Spitze. Für die hat
[3][HSV-Investor und Multimilliardär Klaus-Michael Kühne] laut Bild zur
Feder gegriffen und seine Gefühle in schützenfest-taugliche Lyrik gegossen:
„Der Dino endlich ist zurück, welch Freude und welch großes Glück, / und
hoffentlich wird er bald wieder Sieger in unserer ersten Bundesliga“.
17 May 2025
## LINKS
[1] /HSV-wieder-in-der-Bundesliga/!6084358
[2] /St-Pauli-in-der-Ersten-Liga/!6008701
[3] /Der-HSV-und-sein-Investor/!5899302
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
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Schwerpunkt Stadtland
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Kolumne Die Wahrheit
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