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# taz.de -- HSV wieder in der Bundesliga: Vom gefühlten zum echten Bundesligis…
> Nach sieben Jahren kehren die Fußballer des Hamburger SV in die
> Bundesliga zurück. Mit einem 6:1 schießen sie zugleich den SSV Ulm in die
> 3. Liga.
Bild: Tore binnen Minuten zerlegt: HSV-Fans stürmen den Platz im Volksparkstad…
Es war schon fast Mitternacht, als HSV-Trainer Merlin Polzin sagte: „Der
HSV steht jetzt wieder in der ersten Liga, aber der HSV war nie weg.“ Er
sagte es sogar zweimal, als wollte er etwas beschwören. [1][Da sprach ein
Fan], der mit dem HSV die vergangenen Jahre durchlitten hat und auch
genossen – weil er für seinen Klub arbeiten darf, seit einem halben Jahr
sogar in leitender Funktion. „Loïc und mir, wie soll's uns gehen?“, holte
er wie so oft [2][seinen Co-Trainer Loïc Favé mit ins Rampenlicht]. „Zwei
Hamburger Jungs, aus Eimsbüttel und Bramfeld, haben sich ihren Traum
erfüllt.“
Noch während des Spiels gegen den SSV Ulm war Polzin plötzlich
verschwunden. „Ich musste mal auf Toilette“, erklärte er. „Und der
Spielstand gab es her.“ Er war rechtzeitig zum überpünktlichen Abpfiff
wieder zurück. Da standen schon hunderte Fans an den Eckfahnen und von
hinten drängten immer mehr nach. Der Stadionsprecher hatte noch an sie
appelliert, auf den Tribünen zu bleiben, aber die Vergeblichkeit seines
Tuns erkannt: „Das ist kein Sicherheitshinweis, nur eine Bitte“, sagte er
kleinlaut. Binnen Sekunden war das Spielfeld voller in Blau gekleideter
Menschen, die den Aufstieg nach sieben Jahren in der zweiten Liga feierten.
Wo sich die Zäune zum Innenraum nicht öffnen ließen, kletterten sie drüber,
sprangen mehrere Meter in die Tiefe. 19 schwer Verletzte und einen Menschen
in Lebensgefahr, meldete die Feuerwehr in der Nacht.
Die Tore auf dem Platz waren in wenigen Minuten in handliche Stücke
zerlegt. Menschen liefen mit Grassoden in der Hand durcheinander. Auf dem
bedenklich durchhängenden Dach der HSV-Trainerbank tanzten Spieler mit
Fans. Stürmer Robert Glatzel grölte in ein Mikrofon: „Nie mehr zweite
Liga“.
## Anfängliche Angst
Mit 6:1 hatte der HSV gerade sich selbst und den SSV Ulm aus dieser Liga
geballert, in entgegengesetzte Richtungen. Der Ulmer Abstieg ist damit
ebenso entschieden wie der Aufstieg des HSV. Und streckenweise sah es
wirklich nach einem Zwei-Klassen-Unterschied aus.
Dabei hatte es so angefangen, wie man es in den vergangenen Wochen immer
wieder von den Hamburgern gesehen hatte – und in jedem der vergangenen
sieben Jahre, in denen sie den Aufstieg am Ende knapp verpasst hatten: Die
Angst schien ihnen in den Gliedern zu stecken. Den Rückstand nach sieben
Minuten glichen sie noch direkt wieder aus. Doch dann gab es Elfmeter für
Ulm. Erst nachdem HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes den abgewehrt hatte,
gewann sein Team allmählich die Kontrolle. Noch vor der Pause trafen die
HSV-Stürmer Ransfor-Yeboah Königsdörffer und Davie Selke. Mit 3:1 schien
das Spiel entschieden. Danach wich Tor für Tor die Anspannung auf den
Rängen allmählich der Euphorie.
Der Ulmer Trainer Robert Lechleiter sagte später, von der Stimmung im
Volksparkstadion sichtlich beeindruckt: „Der HSV spielt wieder dort, wo er
eigentlich hingehört, mit dem ganzen Drumherum.“ Und HSV-Stürmer Glatzel
brauchte fast dieselben Worte. Doch darin liegt für den Verein eine große
Gefahr: Es war genau dieses Gefühl, das den HSV über Jahre daran gehindert
hatte, die Realitäten in der zweiten Liga anzunehmen.
Die Größe der Stadt, das wirtschaftliche Potenzial, die Fans, die auch
gegen mäßig attraktive Zweitligisten die 57.000 Plätze im prächtigen
Stadion fast immer füllten und Stimmung machten wie in der Champions League
– all das trug dazu bei, dass der HSV gefühlt ewiger Erstligist blieb.
Lediglich die Stadionuhr, die die Bundesligazugehörigkeit anzeigte, wurde
nach dem Abstieg abmontiert. Der galt lange als Betriebsunfall, den die
Geschichte schon irgendwie korrigieren würde.
Sieben Trainer hat der HSV auf seinem Weg zurück nach oben verschlissen.
Über weite Strecken hat er dabei Hurra-Fußball gespielt, der optisch
attraktiv aussah, aber am Ende eben nicht erfolgreich war. Die
HSV-Offensive würde manchem Erstligisten gut stehen, aber bis heute ist es
nicht gelungen, eine Defensive aufzubieten, die konstant höheren
Zweitliga-Ansprüchen genügt. Sobald zwei Verteidiger ausfallen, kommen
Notlösungen zum Tragen, die sich schon in der zweiten Liga nicht selten
gerächt haben. In der ersten würde die HSV-Verteidigung kaum bestehen.
Viel wird nun davon abhängen, ob der HSV seine Rolle als Aufsteiger
annimmt. Oder ob er die Zugehörigkeit zum Fußball-Oberhaus wieder für
selbstverständlich nimmt.
11 May 2025
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## AUTOREN
Jan Kahlcke
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