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# taz.de -- Brandenburger Landespolitik: In aller Munde, aber nicht im Saal
> In Potsdam debattiert der Landtag ohne Exinnenministerin Katrin Lange
> (SPD), die weiter Abgeordnete ist, über die Befugnisse des
> Verfassungsschutzes.
Potsdam taz | Es ist viel von ihr die Rede, an diesem Mittwochmorgen im
Potsdamer Parlament, sehr viel sogar. Dabei ist Katrin Lange (SPD) gar
nicht im Plenarsaal, gleich doppelt nicht: weder auf ihrem früheren Platz
als Innenministerin auf der Regierungsbank noch als Abgeordnete in der
vierten und hintersten Reihe der SPD-Fraktion.
Es ist die erste Landtagssitzung nach ihrem Rücktritt am Freitag und eine
Art Interregnum. Auf ihrem vormaligen Platz zwischen dem Finanz- und dem
Wirtschaftsminister sitzt vertretungsweise der Innenstaatssekretär. [1][Ihr
designierter parteiloser Nachfolger René Wilke] soll erst in der Sitzung am
Donnerstag vereidigt werden. Er brauche noch ein bisschen Vorbereitung,
heißt es.
[2][Langes Rücktrit]t vorausgegangen war der Rauswurf des
Verfassungsschutzchefs Jörg Müller, von dem sie sich zu spät über die
Hochstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ informiert fühlte. Der
Vorgang löste viel Kritik in der SPD aus, die Brandenburger Jusos forderten
ihre Parteifreundin offen zum Rücktritt auf.
„Gestolpert ist die Innenministerin über ihre Haltung zum Umgang der AfD“,
ist am Mittwoch im Plenarsaal vom CDU-Mann Rainer Genilke zu hören. Der saß
vor einem halben Jahr noch als Verkehrsminister gemeinsam mit Lange, damals
noch für Finanzen zuständig, am Kabinettstisch der inzwischen abgelösten
Kenia-Koalition.
## CDU-Fraktion will Verfassungsschutz stärken
Dass Lange dafür warb, die AfD politisch zu stellen, statt sie zu
verbieten, ist für Genilke ein legitimer Gedanke. Der Irrtum der
SPD-Ministerin habe darin gelegen, ihre Aufgabe dabei zu sehen, den
Verfassungsschutz – „das Frühwarnsystem der Demokratie“ – zu beeinflus…
Das aber gefährde „den Schutz der gesamten politischen Architektur“.
Anliegen von Genilkes CDU-Fraktion ist es darum an diesem Morgen, eine
Stärkung des Verfassungsschutzes zu fordern.
Einen Antrag hat die Fraktion dazu vorgelegt, doch dem mag [3][die
Koalition aus SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)] nicht folgen.
SPD-Fraktionschef Björn Lüttmannn ist sich mit der CDU zwar einig, was die
Bedeutung des Verfassungsschutzes angeht und stimmt Genilke bei dem Begriff
„Frühwarnsystem der Demokratie“ zu.
Lüttmann glaubt aber nicht, dass der Rauswurf des Verfassungsschutzchefs
der Institution einen schweren Schaden zugefügt habe. „Und ich sehe es auch
nicht als erwiesen an, dass hier ein ‚fatales Signal‘ gesetzt worden wäre
oder der ‚Eindruck parteipolitischer Einflussnahme‘ entstanden ist“, sagt
Lüttmann
Da passe sich die CDU der Wortwahl derjenigen an, „die wir gemeinsam
bekämpfen sollten“. Später wird sich Lüttmann klar dafür aussprechen, ein
Verbotsverfahren gegen die AfD zu prüfen – „es wäre fahrlässig, das nicht
zu tun“. Was nicht heiße, die Partei nicht auch inhaltlich stellen zu
wollen. Lauten Applaus gibt es von SPD wie BSW, als sich Lüttmannn bei der
weiter nicht anwesenden Lange „mit großem Respekt“ für ihre Arbeit als
Ministerin und in vorigen Ämtern bedankt.
## SPD-Fraktionschef erinnert an NSU-Untersuchungsausschuss
Wie aber will die SPD nun umgehen mit dem Verfassungsschutz, wenn man
sowohl größtmögliche Unabhängigkeit wolle, gleichzeitig aber laut Gesetz
das Ministerium vorgesetzte Behörde ist? „Das war und ist immer das
Dilemma, und das lösen wir hier im Landtag auch nicht auf.“
Maßstab ist für Lüttmann, der schon im NSU-Untersuchungsausschuss saß und
an Zeiten erinnert, in denen dem Verfassungsschutz vorgeworfen wurde, auf
dem rechten Auge blind zu sein: „Ja zur Unabhängigkeit – nein zur
Eigenmächtigkeit.“
Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtags, die die
Landesregierung in Sachen Verfassungsschutz zu kontrollieren hat, hatte
sich in einer Mitteilung vor Sitzungsbeginn dafür ausgesprochen, die
Befugnis zur Einstufung von extremistischen Bestrebungen im Gesetz zu
regeln.
Die PKK selbst steht am Donnerstag im Fokus und könnte für Verstimmung in
der SPD-BSW-Koalition sorgen: Dann sind neue Mitglieder zu wählen. Das BSW
hat am Dienstag nicht ausgeschlossen, einen AfDler dafür zuzulassen.
## Wann ist die Opposition „angemessen vertreten“?
Das mache man nicht von der Parteizugehörigkeit, sondern vom Kandidaten
selbst abhängig, hieß es dabei sinngemäß von BSW-Fraktionschef Niels-Olaf
Lüders. Im Gesetz heißt es, die Opposition müsse „angemessen vertreten
sein“. Doch was das konkret heißt, ist seit Langem umstritten.
Auf der Regierungsbank wird zum Zeitpunkt der Entscheidung das Interregnum
vorbei sein – René Wilke soll zum Sitzungsbeginn vereidigt werden.
21 May 2025
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## AUTOREN
Stefan Alberti
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Brandenburg
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Dietmar Woidke
Schwerpunkt AfD
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